Rn. 1

Stand: EL 146 – ET: 10/2020

Die Vorschrift ist das Kernstück der sog "Abgeltungsteuer" (AbgSt). Die AbgSt stellt eine spezielle Tarifvorschrift für die Einkünfte aus KapVerm (§ 2 Abs 1 Nr 5 EStG, § 20 EStG) dar, weswegen die Vorschrift im IV. Teil des EStG ("Tarif") platziert ist. Durch ihren nicht progressiven Steuersatz von 25 % (§ 32d Abs 1 S 1 EStG) wird der Grundsatz einer synthetischen ESt durchbrochen, indem Einkünfte einer einzelnen Einkunftsart einem besonderen Steuersatz unterworfen werden (Jachmann-Michel, BB 2020, 727). § 32d EStG enthält allerdings auch Regelungen zur Ermittlung der Einkünfte, wie § 32d Abs 2 Nr 1 S 2 EStG, der § 20 Abs 6 9 EStG außer Kraft setzt (Weiss, Ertrag-StB 2020, 64, 66).

 

Rn. 2

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Der lineare Steuersatz wird, soweit möglich, durch Abzug der KapSt erhoben, die Abgeltungswirkung nach § 43 Abs 5 S 1 EStG entfaltet. § 43 Abs 5 EStG enthält im 1. Hs seines Satzes 1 die entscheidende, für die AbgSt namensgebende Grundaussage, dass der Einbehalt der KapSt auf KapErtr iSd § 20 EStG abgeltend wirkt. Insoweit unterbleibt eine Veranlagung iSd § 25 Abs 1 EStG (" ... soweit nicht nach § 43 Absatz 5 und § 46 eine Veranlagung unterbleibt"; s § 25 Rn 5 (Schneider)).

 

Rn. 3

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Entsprechend stimmen die Steuersätze des § 32d Abs 1 S 1 EStG und des § 43a Abs 1 S 1 Nr 1 EStG überein (zur Funktion der KapSt bei der AbgSt Weber-Grellet, DStR 2013, 1357 u 1412). Bei zu geringem Einbehalt von KapSt sieht § 32d Abs 3 EStG eine verpflichtende Veranlagung zum AbgSt-Satz vor (dazu unten s Rn 380).

 

Rn. 4

Stand: EL 146 – ET: 10/2020

Als weitere wichtige Bestandteile des Konzepts der AbgSt sind zu nennen:

 

Rn. 5

Stand: EL 146 – ET: 10/2020

Durch § 2 Abs 2 S 2 EStG (iVm § 20 Abs 9 EStG) wird ein Abzugsverbot für WK aufgestellt, da nach diesen Vorschriften nur der Sparer-Pauschbetrag von 801 EUR bzw 1 602 EUR im Falle der Zusammenveranlagung statt tatsächlich angefallener WK abziehbar ist. § 2 Abs 5b EStG nimmt die KapErtr nach § 32d Abs 1 EStG und § 43 Abs 5 EStG von den Begriffen des § 2 EStG "Einkünfte", "Summe der Einkünfte", "Gesamtbetrag der Einkünfte", "Einkommen" und "zvE" aus.

Damit wird die Schedulisierung der Einkünfte aus KapVerm nicht nur bzgl des Steuersatzes, sondern auch bzgl der Systematik des § 2 EStG vollständig umgesetzt (s dazu auch FG Nbg v 08.02.2017, 5 K 1331/16, rkr).

 

Rn. 6

Stand: EL 146 – ET: 10/2020

Daneben sind Veränderungen im § 20 EStG zu nennen, die im weiteren Sinne auch Teil der Einführung der AbgSt waren (s auch Jachmann-Michel in Drüen/Hey/Mellinghoff, FS 100 Jahre BFH, OVS 2018, 1279, 1285). Insb wurde in § 20 Abs 2 EStG eine umfassende Erfassung von Veräußerungsgewinnen bei den Einkünften aus KapVerm angeordnet (Überblick bei Anemüller/Lohkamp, ErbStB 2016, 121). § 20 Abs 6 EStG vollzieht die Schedulisierung der Einkünfte aus KapVerm auch bzgl der Verlustverrechnung (s Weiss, Ertrag-StB 2020, 64, 66; umfassend zur Veränderung Weber-Grellet, DStR 2013, 1357, 1358; s auch die Beschreibung des Systemwechsels bei BFH v 03.11.2015, VIII R 37/13, BStBl II 2016, 273 Rz 25ff).

 

Rn. 7

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§ 32d Abs 2 EStG enthält allerdings Rückausnahmen, die insoweit die synthetische Einkommensbesteuerung in den Fällen, in denen der Gesetzgeber dies systematisch für geboten hält, wieder herstellen (s Rn 150). Daneben erlaubt § 32d Abs 6 EStG ("Günstigerprüfung") eine Einbeziehung der Einkünfte in die synthetische Einkommensbesteuerung, wenn dies zu einer niedrigeren ESt einschließlich Zuschlagsteuern führt (s Rn 490).

 

Rn. 8

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Durch die Vorschrift sollte der "Kapitalflucht" aus Deutschland Einhalt geboten werden. Allerdings ist die Vorschrift in letzter Zeit in die politische Diskussion geraten (s zur Kritik im Jahr 2010 bereits Haarman in Kessler/Förster/Watrin, FS Herzig, C.H. Beck 2010, 423, 437). Der erweiterte Informationsaustausch bzgl der Kapitaleinkünfte hat dazu geführt, dass die AbgSt nicht mehr als notwendig betrachtet wird (Hörhammer, NWB 2015, 741). Teilweise wird eine Erhöhung des AbgSt-Satzes oder gar die Abschaffung des gesamten Systems der AbgSt gefordert (Ronig, NWB-EV 2015, 411, 413).

Das ursprüngliche Ziel der AbgSt (s zB BFH v 29.04.2014, VIII R 23/13, BStBl II 2014, 884 Rz 15),

Zitat

"die Standortattraktivität der Bundesrepublik Deutschland im internationalen Wettbewerb für private Anleger, die ihr Kapital ohne größere Schwierigkeiten auch im Ausland anlegen könnten, durch eine leicht erkennbare Belastungsminderung zu erhöhen (BT-Drucks 16/4841, 1)",

spielt in dieser Diskussion eine geringere Rolle (zu den möglichen Auswirkungen einer Abschaffung s Scheffler/Christ, Ubg 2016, 157; Wollny, DStR 2016, 2721; Dürr, BB 2017, 854).

 

Rn. 9

Stand: EL 146 – ET: 10/2020

Inzwischen ist die Diskussion um die Abschaffung der AbgSt deutlich abgeflaut (Anzinger, GmbHR 2018, 445; Schenk, GmbHR 2018, 456; Wei...

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