Rn. 13

Stand: EL 171 – ET: 02/2024

Der gemeinsame Begriff der Entschädigung erfordert für alle Fallgruppen des § 24 Nr 1 EStG, dass der StPfl einen materiellen Schaden in Form einer finanziellen Einbuße erlitten hat. Der Schaden muss im Wegfall von stpfl Einnahmen bestehen, mit denen der StPfl rechnen konnte oder deren Bezug zumindest wahrscheinlich war (BFH vom 24.10.2007, XI R 33/06, BFH/NV 2008, 361; BFH vom. 18.10.2011, IX R 58/10, BStBl II 2012, 286; BFH vom 27.10.2015, X R 12/13, BFH/NV 2016, 898; Füssenich in K/S/M, § 24 EStG Rz B 3 (März 2022)). Die Entschädigungszahlung muss unmittelbar dazu bestimmt sein, den eingetretenen oder zu erwartenden Schaden auszugleichen (BFH vom 08.08.1986, VI R 28/84, BStBl II 1987, 106; BFH vom 26.05.2020, IX R 15/19, BStBl II 2021, 901; Mellinghoff in Kirchhof/Seer, § 24 EStG Rz 3 (22. Aufl)). Der Einnahmeverlust muss somit für die Entschädigung kausal gewesen sein. Dies ist dann der Fall, wenn sie unmittelbar durch den Verlust stpfl Einnahmen bedingt ist und nicht auf anderen Umständen beruht (BFH vom 11.12.1953, IV 260/52 U, BStBl III 1953, 57; BFH vom 26.05.2020, IX R 15/19, BStBl II 2021, 901).

Auch Folgeschäden können mit umfasst sein, etwa ein Einnahmeausfall, den ein StPfl dadurch erleidet, dass sein Ruf beeinträchtigt wird und er deshalb weniger Aufträge erhält (BFH vom 27.07.1978, IV R 149/77, BStBl II 1979, 66). Bei Entschädigungen durch Dritte, etwa einer Versicherung, ist erforderlich, dass der Dritte gegenüber dem Schädiger verpflichtet ist, den Schaden des StPfl zu ersetzen (BFH vom 12.07.2016, IX R 33/15, BStBl II 2017, 158; BFH vom 26.05.2020, IX R 15/19, BStBl II 2021, 901).

Die Kausalität des Einnahmeverlustes für die Entschädigungszahlung ist durch Würdigung sämtlicher Umstände, die für die Entschädigungsleistung relevant waren, insbesondere einer Entschädigungsvereinbarung, zu ermitteln. Auf dieser Grundlage ist zu bestimmen, ob und inwieweit die Zahlung als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen oder zum Ausgleich anderer Nachteile geleistet wird, die nur durch das auslösende Ereignis (mit-)verursacht worden sind (etwa immaterielle Schäden wie Schmerzensgeld bei Körperverletzungen, Umzugskosten, Ausgleich für das Zurücklassen einer Büroeinrichtung oder zu erwartende Ausgaben). So handelt es sich zB bei einer Abgeltungszahlung, die das Risiko einer teilweisen Rückzahlung von Vorsteuererstattungen nach Beendigung eines Mietverhältnisses abdecken soll, die einem StPfl als Einnahmen zugeflossen sind, um einen nicht von § 24 Nr 1 Buchst a EStG erfassten Ausgabenausgleich (BFH vom 18.10.2011, IX R 58/10, BStBl II 2012, 286).

Ein Nachteilsausgleich, den ein ArbN neben einer Abfindung für den Verlust des Arbeitsplatzes erhält, kann als Gegenleistung für ein Schweigen einzuordnen sein und deshalb unter § 22 Nr 3 EStG fallen (s BFH vom 11.07.2017, IX R 28/16, BStBl II 2018, 86).

Bei einer als "Verdienstausfall" bezeichneten Versicherungsleistung für ein 12-jähriges Verkehrsunfallopfer fehlt es hingegen an einem Ersatz für steuerbare Einnahmen aus einer hinreichend bestimmbaren Einkunftsquelle (BFH vom 26.05.2020, IX R 15/19, BStBl II 2021, 901).

Bei der Vereinbarung von einheitlichen Zahlungen, die neben dem Wegfall von stpfl Einnahmen auch andere Nachteile ausgleichen sollen, ist der Gesamtbetrag – ggf durch Schätzung – aufzuteilen (BFH vom 12.01.2000, XI B 99/98, BFH/NV 2000, 713; FG Nds vom 14.03.2012, 4 K 79/10, EFG 2012, 1666).

 

Rn. 14

Stand: EL 171 – ET: 02/2024

Ein Vorteilsausgleich findet iRd § 24 Nr 1 EStG nicht statt. Deshalb kann eine Entschädigung iSd Norm auch dann vorliegen, wenn das schädigende Ereignis für den StPfl neben dem Schaden auch Vorteile bewirkt oder für ihn in einer Gesamtbetrachtung sogar finanziell günstiger ist. So kann etwa eine für die vorzeitige Aufhebung eines Mietvertrags gezahlte Abfindung auch dann eine Entschädigung iSv § 24 Nr 1 EStG sein, wenn der Vermieter die vermieteten Räume anschließend gegen eine höhere Miete als zuvor an einen neuen Mieter weiter vermietet (BFH vom 11.01.2005, IX R 67/02, BFH/NV 2005, 1044).

 

Rn. 15

Stand: EL 171 – ET: 02/2024

§ 24 EStG schafft keine eigene Einkunftsart (s Rn 1). Deshalb ist es erforderlich, dass sich die Entschädigung einer Einkunftsart iSv § 2 Abs 1 S 1 Nr 1–7 EStG zuordnen lässt. Die Zuordnung zu einer Einkunftsart ist aufgrund einer wertenden Gesamtschau der relevanten Umstände vorzunehmen. Bei Entschädigungen iSd § 24 Nr 1 Buchst b EStG ist sie nicht zwingend danach auszurichten, woher die ursprünglich erzielten Einnahmen stammen. Entscheidend ist vielmehr grds, zu welchen Einkünften die Tätigkeit geführt hätte, auf deren Ausübung der StPfl verzichtet hat. Ist insoweit eine eindeutige Zuordnung nicht möglich, weil die Entschädigung für die Nichtausübung mehrerer unterschiedlich einzuordnender Tätigkeiten gezahlt wird, ist die Entschädigung den sonstigen Einkünften iSv § 22 Nr 3 EStG zuzurechnen (BFH vom 12.06.1996, XI R 43/94, BStBl II 1996, 516).

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