Rn. 127a

Stand: EL 171 – ET: 02/2024

Bei den nachfolgend alphabetisch geordneten Einzelfällen aus der Rspr geht es bei der Prüfung der Frage, ob ein Gewerbebetrieb mit GewStPfl (bei Gewerbeertrag über EUR 24 500) und Kammerzugehörigkeit in einer IHK vorliegt, insbesondere um die Abgrenzung gegenüber

(1) der unselbstständigen Arbeit iSd § 19 EStG (ein Gewerbebetrieb erfordert Selbstständigkeit, die nur dann vorliegt, wenn die Tätigkeit auf eigene Rechnung und Gefahr ausgeübt wird): s Rn 118;
(2) der freiberuflichen Arbeit iSd § 18 EStG, dh der tatsächlichen Ausübung eines Katalogberufs oder ähnlichen Berufs bzw einer sonstigen selbstständigen Arbeit (Vermögensverwaltung; nicht ausreichend v Berufsbild abgedeckte Treuhandtätigkeit, s "Treuhänder von Bauherrenmodellen/Immobilienfonds").

Wegen grundsätzlicher Kriterien für das Vorliegen von §-18-Einkünften s Rn 128a, 128b, 128d.

Wegen der Aufhebung der "Vervielfältigungstheorie" auch bei der sonstigen selbstständigen Arbeit, soweit der StPfl selbst leitend und eigenverantwortlich tätig ist, durch BFH v 15.12.2010, BStBl II 2011, 506 zu der Tätigkeit eines RA, StB oder WP als Insolvenzverwalter s Rn 128e.

Wegen der Sonderproblematik des gewerblichen "Autodidakten" s Rn 128c.

Die Rspr hat sich mit den Abgrenzungsfragen vielfältig kasuistisch beschäftigt und Entscheidungen für bestimmte Berufe getroffen, die über den Einzelfall hinaus allgemeinen Bedeutung haben; dabei wir die Abgrenzung offensichtlich tendenziell schwieriger.

Allein die formale Qualifikation reicht nicht aus, sondern die tatsächlich ausgeübte Tätigkeit muss in der Breite den typischen Aufgaben mindestens eines Hauptbereichs eines Katalogberufs entsprechen: s gleichlautende BFH v 07.05.2019 (BFH BStBl II 2019, 528; 2019, 532) zum Rentenberater; BFH v 22.09.2009, BStBl II 2010, 467; BFH v 09.09.1999, BFH/NV 2000, 188;.

Die Grenze zum Gewerbe wird aber überschritten bei fehlender eigenverantwortlicher Tätigkeit: S BFH v 14.05.2019, BStBl II 2019, 580 zu einer Prüfingenieurin, die den überwiegenden Teil der Hauptuntersuchungen und sonstigen Prüftätigkeiten durch nur stichprobenartig überprüfte angestellte Prüfingenieure hat durchführen lassen.

§ 15 EStG und § 18 EStG schließen sich gegenseitig aus (BFH BStBl II 1971, 771). Die Feststellungslast für die Zuordnung zu den freiberuflichen Einkünften trägt der StPfl: BFH v 30.03.1994, BStBl II 1994, 864 (Leitsatz 3).

Die Abgrenzung kann im Einzelfall schwierig sein, wie das nachfolgende ABC zeigt, wobei der BFH tendenziell § 18 EStG weiter auslegt als bisher (s ABC zu IT-Berufen und s "Heileurythmist" und s "Insolvenzverwalter").

Dem HGB liegt ein gegenüber dem EStG weiterer Gewerbebegriff zugrunde; s auch § 6 GewO: Gewerbe dann, wenn keine Aufsicht durch eigene Berufskammer.

Mit der GewStPfl ist wegen der Anrechnung der GewSt auf die ESt nach § 35 EStG und die damit verbundene niedrigere Bemessungsgrundlage für den SolZ nicht zwangsläufig immer eine Mehrbelastung, sondern in Abhängigkeit von der Höhe des GewSt-Hebesatzes auch möglicherweise eine Entlastung verbunden: s Rn 128.

Im Einzelnen werden in Abgrenzung zu § 18 EStG folgende Tätigkeiten als gewerblich eingestuft (aufgeführt werden auch solche, deren Einordnung als Gewerbe sich später ganz oder teilweise (nachfolgend s "Heileurythmist") zugunsten § 18 EStG – grundsätzlich zum Freiberuf und selbstständigen Beruf vgl ABC zu § 18 EStG (s § 18 Rn 236 (Güro ff)) – geändert hat):

Abfallwirtschaftsberater

Ingenieurähnliche Tätigkeit, wenn der Abfallwirtschaftsberater eine Ausbildung genossen hat, die der in den IngenieurG der Länder vorgeschriebenen vergleichbar ist. Ein konstruierendes Element ist zur Bejahung einer ingenieurähnlichen Tätigkeit nicht erforderlich: BFH v 25.10.2007, BFH/NV 2008, 214; BFH v 09.02.2006, BFH/NV 2006, 1270. Der BFH gab die Sache als nicht entscheidungsreif zurück an das FG, weil dieses keine Feststellung dazu getroffen hat, ob der Diplomstudiengang der Geologie-Paläontologie einem ingenieurähnlichen in Tiefe und Breite vergleichbar war, noch dazu, ob der Kläger die notwendigen Kenntnisse durch die Fortbildung zum Abfallwirtschaftsberater erlangt hat.

Mit Urteil BFH v 31.08.2005, BFH/NV 2006, 505 hatte der BFH zu einem Berater in abfallwirtschaftlichen Fragen mit Kenntnissen in Entsorgungs-Umwelttechnik festgestellt, dass ein solcher, wenn er nicht über einen Abschluss als Absolvent einer Hochschule, Fachhochschule oder Fachschule verfügt, eine vergleichbare Tiefe und Breite seiner Vorbildung nachweisen müsse, ggf durch Sachverständigengutachten; weiterhin sei festzustellen, ob der StPfl eine vergleichbare Tätigkeit tatsächlich ausgeübt hat.

Adressenschreiber

Bei Beschriftung von Briefumschlägen in Heimarbeit liegt gewerbliche Tätigkeit vor (FG Kassel EFG 1957, 248).

Agent

Ein Künstleragent, dem ein Auftrag zu auf Gewinn gerichteter Arbeitsvermittlung erteilt ist, übt keinen freien Beruf, sondern ein Gewerbe aus: BFH IV, BFH/NV 1992, 372; BFH BStBl II 1972, 624; BStBl III 1966, 36.

Altenheim, pr...

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