Rz. 58

[Autor/Stand] In zeitlicher Hinsicht gilt die Neufassung des § 371 AO durch das Gesetz zur Änderung der Abgabenordnung und des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung[2] vom 22.12.2014 für alle Selbstanzeigen, die ab dem 1.1.2015 bei der Finanzverwaltung eingehen[3]. Eine Ausnahme gilt für den Sperrgrund § 371 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 i.V.m. § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 6 AO (Nutzung einer beherrschten Drittstaatsgesellschaft zur Verschleierung steuererheblicher Tatsachen), da der besonders schwere Fall der Steuerhinterziehung nach Nr. 6 erst mit Wirkung vom 25.6.2017 eingeführt wurde und dementsprechend auch erst auf Selbstanzeigen Anwendung findet, die nach dem 25.6.2017 eingereicht worden sind (Art. 97 § 1 Abs. 12 Satz 1 EGAO). Selbstanzeigen, die vor dem 1.1.2015 abgegeben worden sind, sind grundsätzlich nach altem Recht zu behandeln. Soweit die neue Gesetzeslage jedoch milder ist, ist gem. § 2 Abs. 3 StGB auch insoweit neues Recht anzuwenden (z.B. bei Teilselbstanzeigen bei Umsatzsteuervoranmeldungen nach § 371 Abs. 2a AO oder der eingeschränkten Sperrwirkung nach § 371 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a AO).

 

Rz. 59

[Autor/Stand] In sachlicher Hinsicht hat der Gesetzgeber durch die Neufassung des § 371 Abs. 1 AO im Rahmen des Schwarzgeldbekämpfungsgesetzes durch die Formulierung, "wird wegen dieser Steuerstraftaten nicht nach § 370 bestraft", gesondert hervorgehoben, dass der Anwendungsbereich der Selbstanzeige auf die Steuerhinterziehung beschränkt ist. Nicht erfasst sind somit bspw. der Bannbruch (§ 372 AO), der Schmuggel (§ 373 AO) und die Steuerhehlerei (§ 374 AO).[5] Dieser beschränkte Anwendungsbereich war bereits zuvor unbestritten. Sowohl aus der Überschrift "Selbstanzeige bei Steuerhinterziehung"als auch aus dem früheren Wortlaut der Norm ("in den Fällen des § 370") wurde jene Beschränkung abgeleitet. Diese Deutung ist nach dem neuen Gesetzeswortlaut unzweifelhaft und entspricht den Vorstellungen des Gesetzgebers[6] sowie der Entstehungsgeschichte des § 371 AO, dessen Vorläufer – wie z.B. § 410 RAO 1939 – noch weitere Vergehen ausdrücklich als Anwendungsfälle der Selbstanzeige anführten (s. Rz. 6 ff.).

 

Rz. 60

[Autor/Stand] Im Einzelnen bedeutet dies Folgendes: Eine wirksame Selbstanzeige wirkt strafbefreiend für

Letzteres ergibt sich zwar nicht aus dem Wortlaut, versteht sich aber von selbst, da § 370 Abs. 2 AO kein selbständiges Vergehen, sondern lediglich ein Anwendungsfall des § 370 Abs. 1 AO ist.[8] Hiervon geht offensichtlich auch § 371 Abs. 3 AO aus: "sind Steuerverkürzungen bereits eingetreten ..." impliziert auch die Anwendbarkeit des § 371 AO auf die versuchte Steuerverkürzung[9].

 

Rz. 61

[Autor/Stand] Als selbstanzeigefähige Tatvariante kommt neben den Begehungsweisen des § 370 Abs. 1 Nr. 1 und 2 AO auch die pflichtwidrig unterlassene Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern gem. § 370 Abs. 1 Nr. 3 AO in Betracht, da auch in diesen Fällen die Besteuerungsgrundlagen vom Täter zu berichtigen sind (s. Rz. 180).

Bis zum 31.12.2014 war eine Selbstanzeige auch möglich bei einer (versuchten) Steuerhinterziehung in einem besonders schweren Fall gem. 370 Abs. 3 AO. Dies hat sich durch die zum 1.1.2015 in Kraft getretene Neuregelung geändert. In den Fällen des § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2–6 AO liegt nunmehr der Sperrgrund nach § 371 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 AO vor (s. dazu Rz. 782 ff.). Übersteigt die verkürzte Steuer den Betrag von 25.000 EUR, ist der Sperrgrund des § 371 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 AO einschlägig (s. dazu Rz. 773 ff.). In diesen beiden Fällen kommt jedoch ein Absehen von der Strafverfolgung unter den Voraussetzungen des § 398a AO in Betracht.

 

Rz. 62

[Autor/Stand] Die Wirkung der Selbstanzeige erstreckt sich weiter unmittelbar auf

  • jede Form der Täterschaft hinsichtlich einer Steuerhinterziehung (Allein- oder Mittäterschaft gem. § 25 Abs. 1, 2 StGB oder mittelbare Täterschaft gem. § 25 Abs. 1 Alt. 2 StGB),
  • die Teilnahme (Anstiftung, Beihilfe, §§ 26, 27 StGB),
  • die Hinterziehung ausländischer Eingangsabgaben (§ 370 Abs. 6 AO),
  • die Hinterziehung von Monopolabgaben, die (nach Aufhebung der Strafbestimmungen des BranntwMonG durch das Rechtsbereinigungsgesetz 1986) als Verbrauchsteuerhinterziehung nach § 370 AO strafbar ist,
 

Rz. 63

[Autor/Stand] sowie kraft Verweisung entsprechend für

 

Rz. 64

[Autor/Stand] § 371 Abs. 4 AO gilt kraft der Verweisung des § 378 Abs. 3 Satz 3 AO auch für die Selbstanzeige einer leichtfertigen Steuerverkürzung, nicht jedoch für andere Steuerordnungswidrigkeiten. Zur Frage der Sperrwirkung einer Selbstanzeige nach § 371 AO gegenüber den steuerlichen G...

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