Leitsatz

Bei der Ermittlung eines Auflösungsverlusts i.S.v. § 17 Abs. 1, 4 EStG ist der Erwerbsaufwand nicht gem. § 3c Abs. 2 S. 1 EStG begrenzt abziehbar, wenn der Steuerpflichtige lediglich solche durch seine Beteiligung an der GmbH vermittelten Einnahmen erzielt hat, für die noch das Anrechnungsverfahren galt.

 

Normenkette

§ 3 Nr. 40 Buchst. c, § 3c Abs. 2, § 17 Abs. 1, 4, § 52 Abs. 4b EStG, § 34 Abs. 10a S. 1 Nr. 1 KStG i.d.F. des StSenkG

 

Sachverhalt

Herr K war an der G-GmbH zu 50 % beteiligt und zugleich deren Geschäftsführer. K erzielte einmalig Einnahmen aus dieser Beteiligung, nämlich eine Gewinnausschüttung im Jahr 2001 für das Jahr 2000. Die GmbH wurde bald insolvent. Der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens wurde 2006 mangels Masse abgelehnt. Im Rahmen der ESt-Veranlagung für das Jahr 2006 machte K einen durch Anschaffungskosten entstandenen Verlust geltend, auf den das FA das Halbeinkünfteverfahren anwandte. Das FG berücksichtigte den Verlust in vollem Umfang (Niedersächsisches FG, Urteil vom 18.05.2010, 2 K 61/09, Haufe-Index 2373123, EFG 2010, 1588). Zu Recht, wie der BFH entschied.

 

Entscheidung

Der BFH wies die Revision das FA als unbegründet zurück. Das FG hatte die Anschaffungskosten zutreffend in voller Höhe abgezogen. K erzielte nicht nur zur Hälfte anzusetzende Einnahmen. Die Ausschüttung, die er im Jahr 2001 erhielt, unterfiel noch nicht § 3 Nr. 40 EStG (siehe jetzt § 52 Abs. 4d Nr. 2 EStG).

 

Hinweis

Diese Grundsatzentscheidung setzt sich mit dem Verhältnis beider Verfahren auseinander, die geschaffen wurden, um zu vermeiden, dass die Einnahmen des Anteilseigners doppelt besteuert werden: nämlich durch ESt auf der Ebene des Anteilseigners und durch KSt auf der Ebene der Gesellschaft. Es galt zunächst das Anrechnungsverfahren, das ab 2000/2001 durch das Halbeinkünfteverfahren (ab 2009: Teileinkünfteverfahren) abgelöst wurde.

1. Folge des Halbeinkünfteverfahrens ist das Halbabzugsverbot des § 3c Abs. 2 EStG. Denn wenn das Gesetz nur die Hälfte der Einnahmen der Besteuerung unterwirft, kann es auch nur die Hälfte des Erwerbsaufwands berücksichtigen. Im Rahmen der Ermittlung von Einkünften aus § 17 Abs. 1 und 4 EStG ist der Abzug von Erwerbsaufwand, insbesondere von Anschaffungskosten, dann nicht nach § 3c Abs. 2 EStG beschränkt, wenn der Steuerpflichtige keinerlei durch seine Beteiligung vermittelten Einnahmen erzielt hat. Fallen nämlich keine Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen an, kommt eine hälftige Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 40 EStG nicht in Betracht und die nach § 3c Abs. 2 S. 1 EStG maßgebende Bedingung dafür, entsprechende Aufwendungen nur zur Hälfte zu berücksichtigen, tritt nicht ein.

2. Setzt die begrenzte Abziehbarkeit von Erwerbsaufwand danach dessen wirtschaftlichen Zusammenhang mit lediglich zur Hälfte anzusetzenden Einnahmen voraus, so ist der Aufwand in vollem Umfang anzusetzen, wenn der Steuerpflichtige lediglich solche durch seine Beteiligung an der GmbH vermittelte Einnahmen erzielt hat, für die noch das Anrechnungsverfahren galt. Mit dem Halbeinkünfteverfahren (und Halbabzugsverbot) hat der Gesetzgeber eine gegenüber dem Anrechnungsverfahren grundlegend neue und andere Systementscheidung getroffen. Eine Kombination beider Verfahren durch Koppelung von Gewinnausschüttungen, die noch dem Anrechnungsverfahren unterfielen, mit Erwerbsaufwand, der unter Geltung des Halbeinkünfteverfahrens entstand, kommt nicht in Betracht.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 06.04.2011 – IX R 28/10

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