Frage: Im HBR 6/2014 wurde darüber berichtet, dass ein im Wege der Prozesskostenhilfe (PKH) beigeordneter Bevollmächtigter eines obsiegenden Beteiligten im Kostenfestsetzungsverfahren verschiedene Möglichkeiten zur Geltendmachung eines Kostenerstattungsanspruchs gegenüber dem Gericht hat. In diesem Zusammenhang wurde auch thematisiert, dass das Finanzamt in Fällen, in denen es eine fällige Steuerforderung gegen den Kläger hat, den Kostenerstattungsanspruch des Klägers durch Aufrechnung erfüllen kann, ohne dass dieser eine Zahlung erhält. Die Möglichkeit der Aufrechnung durch das Finanzamt ist selbstverständlich nicht auf Kostenerstattungsfälle im PKH-Verfahren beschränkt.

Die Folge: Der Bevollmächtigte bleibt (zunächst) auf seinen Kosten sitzen. Oder kann er sich von vornherein gegen derartige Aufrechnungen "schützen" bzw. wie kann er sie vermeiden?

Antwort: Zur Vermeidung der Erfüllung des Kostenerstattungsanspruchs durch Aufrechnung seitens des Finanzamts sollte der Kostenerstattungsanspruch frühzeitig an den Bevollmächtigten abgetreten werden. Dazu folgender Praxisfall:

Der Steuerberater führt für den Mandanten, der Steuerrückstände beim Finanzamt hat, erfolgreich ein Klageverfahren vor dem FG. Das Gericht trifft eine Kostengrundentscheidung dahingehend, dass die Kosten des Rechtsstreits dem Finanzamt auferlegt werden. Zudem beschließt das FG auf Antrag des Steuerberaters, dass die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren notwendig war (§ 139 Abs. 3 Satz 3 FGO). Dem Kläger steht damit ein Kostenerstattungsanspruch gegen das Finanzamt für das Einspruchs- und Klageverfahren zu.

Da das Finanzamt seinerseits noch fällige Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis gegen den Kläger hat, erklärt es die Aufrechnung. Den Vergütungsanspruch des Steuerberaters muss der Kläger dann anderweitig erfüllen. Bei einer "finanziellen Schieflage" des Klägers ist der Vergütungsanspruch des Steuerberaters ggf. gefährdet.

Durch die frühzeitige Abtretung des Kostenerstattungsanspruchs des Klägers an den Steuerberater fehlt es für eine Aufrechnung durch das Finanzamt nach § 387 BGB an der Gegenseitigkeit der Forderungen. Das hat zur Folge, dass das Finanzamt den Kostenerstattungsanspruch des Klägers regelmäßig nicht mit bestehenden Steuerforderungen verrechnen kann.

Damit der Steuerberater, der sich den Kostenerstattungsanspruch abtreten lässt, aber tatsächlich auf der sicheren Seite ist, muss er die Vorschriften der §§ 406, 407 BGB beachten.

  • Die Vorschrift des § 406 BGB schützt den Schuldner – hier: das Finanzamt – gegen die nachteiligen Folgen einer Abtretung der Forderung hinsichtlich seines Aufrechnungsrechts, indem er ihm die Aufrechnung mit einer ihm gegen den bisherigen Gläubiger – hier: den Steuerpflichtigen – zustehenden Gegenforderung auch gegenüber dem neuen Gläubiger – hier: dem Steuerberater – gestattet. Dies gilt für den gutgläubigen Schuldner grundsätzlich sogar hinsichtlich solcher Gegenforderungen, die er gegen den bisherigen Gläubiger erst nach der Abtretung erworben hat, wenn er beim Erwerb der Gegenforderung damit rechnen konnte, sich durch ihre Aufrechnung von der inzwischen ohne sein Wissen abgetretenen Forderung befreien zu können. Die Vorschrift schützt also das Vertrauen des Schuldners in das Bestehen einer Aufrechnungslage.
  • Die Vorschrift des § 407 BGB schützt den Schuldner, der gutgläubig an den Zedenten leistet, vor den Folgen der ihm im entscheidenden Zeitpunkt unbekannten Abtretung. Zu diesem Zweck wird zu Gunsten des Schuldners der Grundsatz durchbrochen, dass der Zessionar durch den bloßen Abtretungsvertrag ohne Anzeige an den Schuldner an die Stelle des Zedenten tritt. Der Schuldner bedarf eines solchen Schutzes, weil die Abtretung seine Mitwirkung nicht voraussetzt und eine Mitteilung hiervon an ihn nicht notwendig erforderlich ist. Die Vorschrift schützt mithin den gutgläubigen Schuldner vor nachteiligen Folgen der ohne seine Beteiligung erfolgenden Abtretung. Der Inhalt des dem gutgläubigen Schuldner gewährten Schutzes besteht darin, dass der neue Gläubiger die an den bisherigen Gläubiger bewirkte Leistung gegen sich gelten lassen muss.
 
Hinweis

Vollmacht als Anlage der Klageschrift beifügen

Um die frühzeitige (antizipierte) Abtretung und deren Anzeige gegenüber dem Finanzamt zu gewährleisten, bietet es sich an, die Abtretung des Kostenerstattungsanspruchs in die Prozessvollmacht aufzunehmen, die Vollmacht und die Abtretung vom Kläger unterzeichnen zu lassen und die Vollmacht als "Anlage 1" der Klageschrift beizufügen.

Die Klageschrift wird in der Folge vom Gericht mit den nummerierten Anlagen an das Finanzamt weitergeleitet.

Wird die Vollmacht mit der darin enthaltenen Abtretung des Kostenerstattungsanspruchs erst später zur Gerichtsakte gereicht, ist es nicht immer gewährleistet, dass das Gericht eine Abschrift an das Finanzamt weiterleitet. In diesem Fall sollte der Steuerberater die Abtretung sicherheitshalber gesondert gegenüber dem Finanzamt anzeigen (vgl. zu Alledem: RiFG Münster Dr. ...

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