Entscheidungsstichwort (Thema)

Gewerblicher Grundstückshandel bei Veräußerungen im Wege der Zwangsvollstreckung

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Gewerblicher Grundstückshandel ist regelmäßig gegeben, wenn der Steuerpflichtige mehr als drei Wohneinheiten, die er zuvor erworben hat, in einem engen zeitlichen Zusammenhang von 5 Jahren veräußert.
  2. Persönliche und finanzielle Beweggründe (Motive) für die Veräußerungen haben auf die Zuordnung des Vorgangs zum gewerblichen Bereich grundsätzlich keinen Einfluß.
  3. Die Indizwirkung einer Veräußerung für die Annahme einer gewerblich einzustufenden Wiederveräußerungsabsicht kann jedoch dann entfallen, wenn sich aus objektiven Umständen ergibt, daß die Veräußerung nicht aus freien Stücken, sondern gegen den ausdrücklichen Willen des Steuerpflichtigen unter Zwang erfolgte.
  4. Die Veräußerung durch Zwangsversteigerung oder zur Vermeidung einer solchen ist bei der Prüfung ob ein gewerblicher Grundstückshandel vorliegt, dann zuberücksichtigen, wenn Umstände vorliegen, die verdeutlichen, daß bereits die Absicht zur Veräußerung bestand.
 

Normenkette

EStG § 15 Abs. 2

 

Streitjahr(e)

1984, 1985, 1987

 

Tatbestand

Der Kläger ist als selbständiger Zahnarzt berufstätig und wird in den Streitjahren 1984, 1985 und 1987 mit seiner Ehefrau zusammen zur Einkommensteuer (ESt) veranlagt. Er streitet mit dem Beklagten (das Finanzamt, FA) über die Anerkennung von Verlusten aus einem von ihm geltend gemachten gewerblichen Grundstückshandel. Das FA versagt deren Abzug unter Zugrundelegung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung. Im einzelnen liegt dem Rechtsstreit der folgende Sachverhalt zugrunde.

In den Jahren 1981 bis 1983 erwarb der Kläger 10 Eigentumswohnungen (EW) im Rahmen von Bauherrenmodellen, von denen er 9 in dem Zeitraum von Mai 1984 bis Ende 1988 wieder veräußerte. 5 Objekte davon wurden innerhalb von 5 Jahren angeschafft und veräußert (Behaltedauer: von knapp 2 Jahren bis zu 4 1/2 Jahren), vier Objekte nach 5 1/2 bzw. 7 Jahren. Bei sämtlichen veräußerten Objekten hatte sich der Kläger bereits kurze Zeit nach der Fertigstellung mit Verkaufsaufträgen an Makler gewandt. Der Zeitabstand zwischen Fertigstellung und Maklerauftrag betrug maximal 2 Jahre in 4 Fällen, 1 1/2 Jahre in 2 Fällen, knapp 1 Jahr in 2 Fällen, in einem Fall 1/2 Jahr.

Bereits in den Jahren 1977 bis 1981 hatte der Kläger zu gleichen Bruchteilen mit seiner Ehefrau 8 EW im Rahmen von Bauherrnmodellen erworben und in dem Zeitraum von November 1980 bis April 1986 alle wieder veräußert. Dabei wurden 3 Objekte innerhalb von 5 Jahren veräußert (Behaltedauer: zwischen 2 7/12 und 4 Jahren), 1 Objekt nach knapp 6 Jahren und 4 Objekte zwischen 6 1/2 und gut 7 Jahren Behaltedauer. Bei 2 der innerhalb von 5 Jahren veräußerten Objekten hatte der Kläger bereits mit der Fertigstellung den Verkaufsauftrag an den Makler erteilt, bei 4 weiteren veräußerten Objekten betrug der Zeitabstand zwischen Fertigstellung und Maklerauftrag zwischen 4 und 6 Jahren.

Wegen der weiteren Einzelheiten zum zeitlichen Ablauf der Veräußerungsgeschäfte wird auf die als Anlage zu diesem Urteil beigefügte von dem Prozeßbevollmächtigten gefertigte "Zeitliche Darstellung der Ankaufs-Errichtungs- und Verkaufsgeschäfte" Bezug genommen, die sich auch auf Blatt 47 und - vergrößert mit Anmerkungen - auf Blatt 219 der Gerichtsakte befindet.

Die Besonderheit des Streitfalles besteht darin, dass der Kläger und seine Ehefrau mit sämtlichen Veräußerungen per saldo erhebliche Verluste erlitten haben. Hintergrund hierbei war zum einen, daß sich der Kläger auf Anraten seines früheren steuerlichen Beraters neben den o.a. Bauherrnmodellen auch an etlichen gewerblichen Verlustgesellschaften beteiligt und sich dadurch erheblich verschuldet hatte, was zur Einleitung eines Konkursverfahrens führte, das 1985 mit einem Vergleich endete. Zugleich fielen in der Verkaufsphase der EW die Preise gegenüber den hohen Einstandskosten erheblich. Dadurch bedingt wurden nach Aktenlage viele EW mit Verlust entweder freihändig verkauft oder zwangsversteigert (von den Objekten des Klägers wurden 2 freihändig verkauft und 7 zwangsversteigert, von den Objekten der Eheleute wurden 4 freihändig verkauft und 4 zwangsversteigert). Bei allen zwangsversteigerten Objekten gingen den Zwangsversteigerungen Versuche des Klägers zur freihändigen Veräußerung über Makler 3 bis 5 Jahre voraus.

Für die Streitjahre 1984, 1985 erklärte der Kläger zunächst Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung und wurde entsprechend unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 1 Abgabenordnung (AO) veranlagt. Nach seinen im Ergebnis erfolglosen Bemühungen um den Erlaß von Steuern machte der Kläger im Einspruchsverfahren u.a. gegen die ESt-Bescheide für 1984 und 1985 sowie im Rahmen seiner ESt-Erklärung für das Streitjahr 1987 und im daran anschließenden Einspruchsverfahren erstmals Verluste aus einem gewerblichen Grundstückshandel geltend. Die Einsprüche blieben jedoch ohne Erfolg und wurden mit der Einspruchsentscheidung vom xx.xx.xxxx i...

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