Entscheidungsstichwort (Thema)

Tageszeitung als Kosten der Lebensführung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Aufwendungen für das Handelsblatt sind regelmäßig nicht als Werbungskosten zu berücksichtigen.

2. Das „Handelsblatt” ist vor dem Hintergrund des § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG grundsätzlich dem Bereich der (typischen) Tageszeitungen zuzuordnen.

3. Das Lesen einer örtlichen Tageszeitung zur Befriedigung der privaten Informationsbedürfnisse vermag die private Mitveranlassung für den Bezug einer anderen Tageszeitung nicht auszuschließen.

 

Normenkette

EStG § 9 Abs. 1 S. 1, § 12 Nr. 1

 

Streitjahr(e)

1996

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 22.06.2006; Aktenzeichen VI R 65/02)

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob Aufwendungen für den Bezug des „Handelsblatt” als Kosten der allgemeinen Lebensführung vom Werbungskostenabzug ausgeschlossen sind. Dem Rechtsstreit liegt im Wesentlichen folgender Sachverhalt zugrunde:

Der Kläger erzielte im Streitjahr 1996 als Regionaldirektor der X -Sparkasse…Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (Bruttoarbeitslohn: xxx.xxx ,-- DM). Für diesen Zeitraum wurde er - wegen…- vom Beklagten (dem Finanzamt) einzeln zur Einkommensteuer veranlagt. In seiner Einkommensteuererklärung 1996 machte er bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit eine Reihe unterschiedlicher Aufwendungen als Werbungskosten geltend, u.a. für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte, für den Umzug an seinen Arbeitsort (Einrichtung und Renovierung der neuen Wohnung), für den Besuch eines Seminars für „Farb- und Stilberatung” sowie für Fachliteratur in Höhe von insgesamt x.xxx,-- DM, darunter den Betrag von xxx,-- DM für den Bezug des „Handelsblatt”. Außerdem beantragte er, Telefonkosten, die ihm im Zusammenhang mit der Ehescheidung entstanden waren, als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen.

Das Finanzamt ließ die Aufwendungen für den Bezug des „Handelsblatt” nicht zum Werbungskostenabzug zu. Ebenso ließ es die anderen vorgenannten Aufwendungen ganz bzw. teilweise unberücksichtigt und setzte die Einkommens-teuer entsprechend fest (Einkommensteuerbescheid vom 14.10.1997).

Mit dem hiergegen gerichteten Einspruch erhob der Kläger Einwendungen im Wesentlichen wegen der folgenden Punkte: Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsplatz, Bezug des „Handelsblatt” und Telefonkosten im Rahmen der Scheidung. Zu dem Streitpunkt „Handelsblatt” machte er Folgendes geltend: Das „Handelsblatt” stelle für ihn eine Fachzeitung dar, da es sich um eine Publikation zu Themen des Wirtschafts-, Steuer- und Finanzbereichs handele. Es gehöre zu seinen beruflichen Aufgaben, mittelständische Unternehmen und vermögende Privatkunden intensiv zu beraten. Dazu benötige er aktuelle Informationen über die weltweiten Geld- und Kapitalmärkte. Außerdem brauche er zeitnahe Informationen über Fragen der Geld-, Wirtschafts-, Währungs- und Steuerpolitik sowie Nachrichten über steuersparende Geldanlagen. Wichtig seien für ihn darüber hinaus Erkenntnisse über die konjunkturelle Entwicklung in der gesamten Weltwirtschaft sowie über die Risiken und Chancen in einzelnen Branchen. All dies vermittele ihm die regelmäßige Lektüre des „Handelsblatt”.

Das Finanzamt half dem Einspruch insoweit ab, als es die geltend gemachten Telefonkosten teilweise bei den außergewöhnlichen Belastungen berücksichtigte. Bzgl. der Streitpunkte „Fahren zwischen Wohnung und Arbeitsplatz” sowie „Handelsblatt” wies es den Einspruch als unbegründet zurück. Zu dem Punkt „Handelsblatt” begründete es seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt: Durch den Bezug des „Handelsblatt” sei die private Lebensführung des Klägers berührt. Weil die private Mitbenutzung dieser Zeitung nicht von ganz untergeordneter Bedeutung sei, greife das Abzugsverbot des § 12 Nr. 1 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ein. Zwar sei der Bundesfinanzhof (BFH) in seinem Urteil vom 12.11.1982 VI R 193/79 (Der Betrieb - DB - 1983, 372) davon ausgegangen, dass der objektive Charakter des „Handelsblatt” - wie der eines Fachbuches oder einer Fachzeitschrift - für seine berufliche Nutzung im wirtschaftlichen Bereich spreche und dass deshalb bei einem auf dem Gebiet der Steuer- und Wirtschaftsberatung tätigen Diplom-Kaufmann der Bezug dieser Zeitung nahezu ausschließlich beruflich veranlasst sei. Für die Tätigkeit eines Bankkaufmanns - wie hier im Falle des Klägers - treffe die vorstehende Annahme des BFH jedoch nicht zu. Im Übrigen befasse sich das „Handelsblatt” nicht nur mit Wirtschaftsfragen, sondern auch mit Bereichen der Kommunal-, Bildungs-, Sozial- und Rechtspolitik. Diese Veröffentlichungen hätten keinen unmittelbaren Bezug zu der Tätigkeit des Klägers als Bankkaufmann. Die Tatsache, dass der Kläger sich politisch auf dem Laufenden halte und die konjunkturelle Entwicklung beobachte, rechtfertige einen Werbungskostenabzug nicht, zumal die Beratungstätigkeit des Klägers sich nicht mit der eines Wirtschafts- und Steuerberaters vergleichen lasse (Einspruchsentscheidung vom 27.02.1998).

Mit der Klage hat der Kläger - nun...

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