Entscheidungsstichwort (Thema)

Eingeschränkte Änderung von Steuerbescheiden nach Rechtskraft von Finanzgerichtsurteilen

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Änderungsmöglichkeit von Steuerbescheiden gemäß § 173 AO wird durch die Rechtskraft eines finanzgerichtlichen Urteils eingeschränkt.

2. Ab Rechtskraft des Urteils können nur noch solche Tatsachen eine Änderung rechtfertigen, die nach Schluss der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Finanzgericht neu bekannt geworden sind.

3. Entscheidungserhebliche Tatsachen, die nur deshalb nicht in den Urteilsgründen berücksichtigt worden sind, weil sie von dem Beteiligten nicht vollständig in das Verfahren eingebracht wurde, können die sachliche Bindung an das rechtskräftige Urteil nicht beseitigen.

 

Normenkette

AO § 173 Abs. 1

 

Streitjahr(e)

1985, 1986, 1987

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 14.03.2006; Aktenzeichen VIII R 45/03)

BFH (Urteil vom 14.03.2006; Aktenzeichen VIII R 45/03)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um eine von dem beklagten Finanzamt versagte Änderung der Einkommensteuerfestsetzungen 1985 bis 1987.

Die Kläger hatten mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 1.9.1992 Klage wegen Einkommensteuer 1985 bis 1987 erhoben (Aktenzeichen 13 K 4171/92). Am 31.10.1992 hatten sie zunächst beantragt, höhere Verluste aus Vermietung und Verpachtung anzuerkennen, sowie die Einkünfte aus Kapitalvermögen um die bei der XXX Modevertriebs-GmbH von der Betriebsprüfung festgestellten verdeckten Gewinnausschüttungen zu mindern. Nachdem in der Körperschaftsteuersache von dem zuständigen Finanzamt mit Einspruchsentscheidung vom 16.7.1993 die verdeckten Gewinnausschüttungen gemindert wurden, erließ das beklagte Finanzamt am 19.4.1994 für die Streitjahre entsprechend geänderte Einkommensteuerbescheide, die mit Schriftsatz des Bevollmächtigten vom 20.5.1994 zum Gegenstand des Verfahrens (13 K 4171/92) gemacht wurden.

In einem parallel vor dem 4. Senat des Hessischen Finanzgerichts (Aktenzeichen 4 K 2115/93) geführten Rechtsstreit erreichte die XXX Modevertriebs-GmbH durch eine außergerichtliche Verständigung, dass das Körperschaftsteuerfinanzamt von dem Ansatz einer verdeckten Gewinnausschüttung vollständig absah, woraufhin die XXX die Klage zurücknahm.

Mit Schriftsatz vom 30.11.1994 teilte das Körperschaftsteuerfinanzamt der Beklagten des vorliegenden Verfahrens mit, dass bezüglich aller von der Betriebsprüfung festgestellten verdeckten Gewinnausschüttungen abgeholfen worden wäre. Das beklagte Finanzamt wurde gebeten, die Einkommensteuerfestsetzungen 1985 bis 1987 des Klägers entsprechend zu ändern, was aber nicht geschah.

Der Berichterstatter des Verfahrens 13 K 4171/92 teilte dem Kläger am 6.2.1995 mit, dass aufgrund der Klagerücknahme bei dem 4. Senat die streitigen verdeckten Gewinnausschüttungen auch für die Einkommensteuerverfahren geklärt seien und es nur noch um die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung ginge. In dem Termin zur mündlichen Verhandlung vom 17.5.1995 hat der Bevollmächtigte einen auf die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung beschränkten Klageantrag gestellt und insoweit auch in dem den Klägern am 14.7.1995 zugestellten Urteil vom 17. Mai 1995 obsiegt.

Mit Schriftsatz vom 28.3.1996 teilte der an dem vorangegangenen Klageverfahren nicht unmittelbar beteiligte steuerliche Berater der Kläger dem beklagten Finanzamt mit, dass die geänderten Körperschaftsteuerbescheide 1985 bis 1987 noch nicht umgesetzt seien. Nachdem eine verdeckte Gewinnausschüttung nicht mehr angenommen werde, müssten auch die Einkommensteuerveranlagungen 1985 bis 1987 geändert werden. Dies habe das Finanzamt von Amts wegen ohne Antrag durchzuführen. Nachdem dies bisher nicht geschehen sei, werde hiermit Antrag gestellt.

Das beklagte Finanzamt hat den Antrag mit der Begründung abgelehnt, dass Festsetzungsverjährung eingetreten sei. Die Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 3 der Abgabenordnung (AO) habe mit Rechtskraft des Urteils vom 17.5.1995 ein Ende gefunden.

Die Kläger beantragen:

Die Einspruchsentscheidung des Beklagten vom 10.02.1999 wird aufgehoben. Der Beklagte wird verpflichtet, die Einkommensteuerbescheide 1985, 1986 und 1987 unter Berücksichtigung der geänderten Steuerbescheide des Finanzamts Wiesbaden vom 30.11.1994, Steuer-Nr. : 40 YYY insoweit abzuändern, als die ursprünglich vorhandenen Feststellungen zu den Kapitaleinkünften zu Gunsten der Kläger abgeändert wurden und verdeckte Gewinnausschüttungen in den geänderten Bescheiden nicht mehr angenommen wurden.

Das beklagte Finanzamt beantragt,

die Klage abzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist nicht begründet.

Das beklagte Finanzamt hat zu Recht den Antrag auf Änderung der Einkommensteuerfestsetzungen 1985 bis 1987 abgelehnt.

Die von dem beklagten Finanzamt versäumte Umsetzung der geänderten Körperschaftsteuerbescheide 1985 bis 1987 in die Einkommensteuerfestsetzungen 1985 bis 1987 kann nach Eintritt der Rechtskraft des Urteils vom 17. Mai 1995 in der Einkommensteuersache 1985 bis 1987 nicht mehr erfolgen.

Grundsätzlich war das beklagte F...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Steuer Office Gold. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge