Leitsatz

1. Ist Organträger eine natürliche Person, sind Gewinne aus der Veräußerung von Teilbetrieben der Organgesellschaft nicht dem ermäßigten Steuersatz des § 34 EStG zu unterwerfen.

2. Der Gewinn aus der Veräußerung des Teilbetriebs der Organgesellschaft unterliegt der Gewerbesteuer beim Organträger.

 

Normenkette

§ 14 KStG , § 19 KStG , § 16 EStG , § 34 EStG , § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG , § 7 GewStG , Art. 3 Abs. 1 GG

 

Sachverhalt

Die Klägerin ist Alleinerbin ihres 1997 verstorbenen Ehemanns. Dieser war Inhaber der Einzelfirma A sowie Alleingesellschafter und Geschäftsführer der A GmbH (GmbH/Organgesellschaft). Gleichzeitig mit der Errichtung der GmbH in 1983 wurde ein Gewinnabführungs- und Verlustübernahmevertrag und ein Beherrschungsvertrag – jeweils schriftlich – mit der Einzelfirma (Organträger) abgeschlossen. Die GmbH unterhielt in verschiedenen Städten Betriebsstätten bzw. Filialen. Am 2.1.1992 veräußerte die GmbH ihre Filiale in B für 700.000 DM netto.

Das FA ermittelte für die GmbH ein Einkommen von ... DM, das es als laufenden Gewinn ohne eine Tarifermäßigung nach § 34 Abs. 1 EStG beim Organträger als Einkünfte aus Gewerbebetrieb und im Einkommensteuerbescheid für 1992 der Klägerin und ihres Ehemanns erfasste. Den einheitlichen Gewerbesteuermessbetrag des Einzelunternehmens (Organträger) setzte das FA auf ... DM fest. Hierbei bezog es den Veräußerungsgewinn aus dem Verkauf der Filiale in B in den Gewerbeertrag ein.

Klage und Revision blieben erfolglos.

 

Entscheidung

Zu Recht hätten FA und FG den Veräußerungsgewinn dem normalen Einkommensteuersatz und der Gewerbesteuer unterworfen. Das Einkommen der Organgesellschaft werde ohne Unterscheidung nach laufendem Gewinn und Veräußerungsgewinn dem Organträger zugerechnet, so dass es, da der Organträger selbst nicht außerordentliche Einkünfte erzielt habe, den normalen Tarifvorschriften unterliege. Der Veräußerungsgewinn sei auch gewerbesteuerpflichtig, da die Organgesellschaft kraft Rechtsform nur gewerbliche Einkünfte erzielen könne.

 

Hinweis

Ist Organträger eine natürliche Person oder eine Personengesellschaft, hat diese das Einkommen der Organgesellschaft (Kapitalgesellschaft) nach den Tarifvorschriften des EStG zu versteuern. Erzielt die Organgesellschaft einen Veräußerungsgewinn, stellt sich die Frage, ob der ermäßigte Steuersatz des § 34 EStG hierauf anzuwenden ist. § 34 EStG zählt zu den Tarifvorschriften und bezweckt, Härten abzumildern, die sich aus der progressiven Ausgestaltung des Einkommensteuersatzes ergeben können. Aus diesem Zweck wird von einem Teil des Schrifttums gefolgert, die Vorschrift sei anwendbar, wenn die Organgesellschaft einen Veräußerungsgewinn erzielt.

Der BFH hatte bereits vor dem In-Kraft-Treten des KStG 1977 entschieden, dass § 34 EStG in diesem Fall nicht anwendbar ist. Diese Auffassung hat der BFH nunmehr auch für das geltende KStG bestätigt. Die körperschaftsteuerrechtliche Organschaft geht nach wie vor von der sog. Zurechnungstheorie aus. Organgesellschaft und Organträger bleiben zivilrechtlich und steuerrechtlich verschiedene Rechtsträger und ermitteln selbstständig ihr jeweiliges Einkommen. Dem Organträger wird nur das Einkommen der Organgesellschaft zugerechnet, ohne dass die steuerliche Rechtsstellung des Organs insgesamt auf den Organträger übergeht. Es bleibt seinem Wesen nach Einkommen der Organgesellschaft. Daraus folgt, dass das Einkommen der Organgesellschaft dem Organträger ungeteilt zugerechnet wird, ohne Unterscheidung danach, ob hierin auch außerordentliche Einkünfte enthalten sind. Es unterliegt damit dem normalen Einkommensteuertarif.

Aus § 19 KStG folgt nichts Gegenteiliges. Diese Vorschrift bestimmt, dass begünstigende Tarifvorschriften, die die Organgesellschaft erfüllt, auch beim Organträger anzuwenden sind. Unterliegt der Organträger der Einkommensteuer, gilt dies aber nur, wenn für die Einkommensteuer gleichartige Tarifvorschriften wie für die Körperschaftsteuer bestehen (§ 19 Abs. 2 KStG). Da eine dem § 34 EStG entsprechende Vorschrift im KStG nicht enthalten ist, wird dieser Fall durch § 19 Abs. 2 KStG nicht geregelt. Aus der Vorschrift kann auch nicht im Umkehrschluss gefolgert werden, sämtliche Tarifvorschriften des EStG seien auf das dem Organträger zugerechnete Einkommen anwendbar, da eine Gleichartigkeit der Tarifvorschriften nur bei der Übertragung vom KStG auf EStG verlangt werde, nicht aber umgekehrt.

Vielmehr gibt § 19 KStG für die Entscheidung, ob § 34 EStG auf Veräußerungsgewinne der Organgesellschaft anwendbar ist, nichts her. Maßgeblich ist, dass dem Organträger das Einkommen der Organgesellschaft zugerechnet wird ohne Unterscheidung nach laufenden oder außerordentlichen Gewinnen und daher ein Veräußerungsgewinn im Einkommen des Organträgers nicht vorhanden ist.

Hierin liegt kein Verstoß gegen den Gleichheitssatz. Stellt der Gesetzgeber mehrere Gestaltungen zur Wahl, ist er nicht verpflichtet, sämtliche für den Steuerpflichtigen günstige Gestaltungen in gleicher Weise in allen Varianten zu ermögl...

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