Rz. 86

Der Anwendungsbereich des § 8a wird durch Abs. 1 S. 2 nicht nur auf dem Anteilseigner nahe stehende Personen ausgedehnt, sondern in der zweiten Alternative auch auf einen Dritten, der weder dem Anteilseigner noch der Kapitalgesellschaft selbst nahe steht, wenn der Dritte für das Fremdkapital, das er der Kapitalgesellschaft zur Verfügung gestellt hat, auf den Anteilseigner oder eine diesem nahe stehende Person zurückgreifen kann[1].

Der Sinn dieser Ausdehnung des Geltungsbereichs des § 8a besteht darin, Umgehungen zu verhindern. Der Anteilseigner kann nämlich, statt der Kapitalgesellschaft selbst das Fremdkapital zur Verfügung zu stellen, damit einen Dritten, i. d. R. eine Bank, beauftragen und für die Verbindlichkeit der Kapitalgesellschaft die Haftung übernehmen oder bei dieser Bank ein für die Verbindlichkeit der Tochtergesellschaft haftendes Guthaben in gleicher Höhe unterhalten ("back-to-back-Finanzierung"). Für die Bank ist der Kredit dann nur eine Art "durchlaufender Posten"; wirtschaftlich hat der Anteilseigner das Fremdkapital zur Verfügung gestellt.

 

Rz. 87

Nach dem Tatbestand des Abs. 1 S. 2 Halbsatz 2 greift § 8a ein, wenn ein Dritter das Fremdkapital zur Verfügung stellt. Nach dem Gesetzeswortlaut muss der "Dritte" weder eine besondere Qualifikation noch eine bestimmte Rechtsform aufweisen. Es muss sich lediglich um einen "Dritten" handeln, d. h. eine Person, für die § 8a nicht bereits auf Grund einer anderen Regelung gilt. Der Dritte darf also weder (mittelbar oder unmittelbar) wesentlich beteiligter Anteilseigner des Steuerpflichtigen noch eine dem Anteilseigner nahe stehende Person sein, sonst greift der Tatbestand des Abs. 1 S. 2 Halbsatz 1, nicht der des Halbsatz 2 ein. Dritte können daher auch Gesellschafter der Kapitalgesellschaft sein, die (unmittelbar und/oder mittelbar) nur über eine nicht wesentliche Beteiligung verfügen.

Nicht ausdrücklich geregelt ist, ob es genügt, wenn nicht der Kreditgeber selbst, sondern eine ihm nahe stehende Person auf den Anteilseigner bzw. eine diesem nahe stehende Person zurückgreifen kann. Nach dem Sinn der Vorschrift muss § 8a anwendbar sein, wenn der Kreditgeber letztlich das Fremdkapital von dem Anteilsinhaber bzw. einer nahe stehenden Person zurückverlangen kann. Dafür ist es ohne Bedeutung, ob diese Zugriffsmöglichkeit direkt (Kreditgeber gegen Anteilsinhaber oder diesem nahe stehende Person) oder indirekt (nahe stehende Person des Kreditgebers gegen Anteilsinhaber oder diesem nahe stehende Person) besteht. Maßgebend ist nur, dass für das der Kapitalgesellschaft hingegebene Fremdkapital eine Rückgriffsmöglichkeit gegen einen Anteilseigner oder eine diesem nahe stehende Person besteht.

 

Rz. 87a

Der Dritte muss Fremdkapital i. S. d. § 8a Abs. 1 (vgl. Rz. 42) zur Verfügung stellen. Damit sind alle Darlehensformen, ausgenommen Sachdarlehen, gemeint. Ob es sich um ein Darlehen im engeren Sinne oder um Anleihen i. S. d. § 793 BGB handelt, ist ohne Bedeutung; die diesbezügliche Unterscheidung von Wiese/Klass (GmbHR 2005, 1092, 1095) ist verfehlt, da sie weder im Gesetzeswortlaut noch im Zweck des Gesetzes eine Stütze findet.

 

Rz. 88

Weiter setzt der Tatbestand voraus, dass der Dritte auf den Anteilseigner oder eine diesem nahe stehende Person "zurückgreifen" kann; hinzuzufügen ist, dass der Rückgriff für das der Kapitalgesellschaft zur Verfügung gestellte Fremdkapital erfolgen muss. Nach der Gesetzesbegründung[2] ist mit dem Begriff "zurückgreifen" gemeint, dass der Anteilseigner oder die ihm nahe stehende Person für das Fremdkapital eine Bürgschaftserklärung abgegeben hat oder bei dem Dritten eine haftende Einlage in mindestens gleicher Höhe unterhält.

Das BMF (v. 15.7.2004, IV A 2 – S 2742a – 20/04, BStBl I 2004, 593, Tz. 19) konkretisiert den Begriff des Rückgriffs. Die Möglichkeit eines Rückgriffs besteht danach dann, wenn der kreditgebende Dritte einen rechtlichen Anspruch gegen den Anteilseigner oder eine nahe stehende Person hat. Dieser rechtliche Anspruch kann sich aus einer schuldrechtlichen vertraglichen Verpflichtung (Garantieerklärung, Patronatserklärung, Bürgschaft, Schuldbeitritt; Wechselsicherheit), aus einer dinglichen Sicherheit (Sicherungseigentum, Grundschuld, Verpfändung eines Guthabens für den Kredit, sonstiges Pfandrecht), aus dem Gesetz, etwa im Fall eines Unternehmensvertrags (vgl. Rz. 89), oder bei einer Personengesellschaft auf Grund der unbeschränkten Haftung des OHG-Gesellschafters oder des Komplementärs (vgl. Rz. 185) ergeben.

In der Praxis gibt es vielfältige vertragliche Formen, die eine direkte Zuordnung von Sicherungen zu einem Kredit nicht zulassen, trotzdem aber als (vollständige oder unvollständige) Sicherung angesehen werden. Ein Beispiel ist die Patronatserklärung. Unter § 8a fällt eine Patronatserklärung, die bürgschaftsgleiche Wirkungen hat. "Weichere" Patronatserklärungen fallen dagegen nicht unter § 8a, wenn sie keine (rechtlich wirksame) Rückgriffsmöglichkeit gegen den die Patronatserklärung Abgebenden enthalten. Erklä...

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