Rz. 6

Aus europarechtlicher Sicht ist § 7g EStG dem Grunde nach zwar nicht vor dem Hintergrund einer unzulässigen Beihilfe zu beanstanden.[1] Art. 107 AEUV (= Art. 87 EGV a. F.) enthält ein Verbot staatlicher Beihilfen zugunsten bestimmter Unternehmer, die wegen drohender Wettbewerbsverzerrung mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar sind. Umfasst sind nach dem Wortlaut "Beihilfen gleich welcher Art". Diese Wortwahl spricht für eine weite Auslegung des Begriffs der Beihilfen. Laut EuGH umfasst der Begriff der Beihilfe nicht nur positive Leistungen und Subventionen, sondern auch Maßnahmen, die in verschiedenster Form die Belastungen vermindern, die ein Unternehmen normalerweise zu tragen hat, und die einer Subvention im engen Sinn ihrer Art und Wirkung nach gleichstehen, z. B. auch eine unentgeltliche Überlassung von Räumen in erheblicher Größenordnung für einen längeren Zeitraum. Daher fallen grundsätzlich auch Steuervergünstigungen noch unter den Beihilfebegriff des Art. 107 AEUV. Allerdings erfasst Art. 107 AEUV nur Beihilfen, die über den Mitgliedstaat hinaus wirken. Beihilfen, die sich rein national auswirken, werden von Art. 107 AEUV nicht erfasst. § 7g EStG fördert nur Investitionen in inländischen Betrieben oder Betriebsstätten. Dies ergibt sich aus § 7g Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG, wonach das Wirtschaftsgut mindestens bis zum Ende des Wirtschaftsjahrs nach seiner Anschaffung/Herstellung in einer inländischen Betriebsstätte des Betriebs verbleiben muss. Die EU-Kommission hatte eine Genehmigung zu § 7g Abs. 3–6 EStG a. F. erteilt[2], zu Abs. 7 allerdings nur eingeschränkt.

 

Rz. 6a

Allerdings ist fraglich, ob es mit EU-Recht vereinbar ist, dass ein Investitionsabzugsbetrag gem. § 7g Abs. 1 Nr. 2 EStG und Sonderabschreibungen nach § 7g Abs. 6 Nr. 2 EStG nur bei inländischen Betriebsstätten zulässig sind. Vergleichbare Vorschriften des österreichischen und luxemburgischen Rechts hat der EuGH als Verstoß gegen die Dienstleistungsfreiheit eingestuft, wenn die Einkünfte, die aus einem Einsatz der Wirtschaftsgüter im Ausland erzielt werden, im Inland besteuert werden können.[3] Folglich wäre die Einschränkung in § 7g EStG wohl ebenfalls europarechtswidrig, wenn der Bundesrepublik Deutschland das Besteuerungsrecht für eine ausl. Betriebsstätte zusteht.[4]

[1] Reddig, in H/H/R, EStG/KStG, § 7g EStG Rz. 8; Schleswig-Holsteinisches FG v. 4.9.2008, 5 V 10067/08, EFG 2009, 98, m. w. N; Kulosa, in Schmidt, EStG, 2023, § 7g EStG Rz. 3; Handzik, in Littmann/Bitz/Pust, EStG, § 7g EStG Rz. 22ff.
[3] EuGH v. 4.12.2008, Rs. C-330/07 (Jobra), BFH/NV 2009, 336; EuGH v. 22.12.2010, Rs. C-287/10 (Tankreederei I), BFH/NV 2011, 396.
[4] Kulosa, in Schmidt, EStG, 2023, § 7g EStG Rz. 18.

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