Rz. 5

Das Kindergeld wird nicht von Amts wegen, sondern nur auf Antrag ausgezahlt; die Antragstellung ist Sachentscheidungsvoraussetzung. Dabei ist der Antrag von einem bestimmten Berechtigten für ein bestimmtes Kind zu stellen; mehrere Kinder können in einem Antrag zusammengefasst werden. Es muss jedoch erkennbar sein, für welches Kind/welche Kinder Kindergeld (namentliche Benennung)[1] beantragt wird.[2]

Stellen mehrere Kindergeldberechtigte (z. B. beide Elternteile) gleichzeitig jeweils einen Antrag auf Kindergeld für dasselbe Kind, sollte die Familienkasse den einen Berechtigten zum Verfahren des anderen Berechtigten nach § 360 AO beiziehen, damit die getroffene Entscheidung für beide Berechtigte bindend ist.[3]

Die Familienkasse ist den Berechtigten gegenüber auskunfts- und beratungspflichtig (§ 89 AO). Sie hat auf zu stellende Anträge hinzuweisen; insbesondere hat sie über die richtige Gestaltung aufzuklären – etwa zur Ausnutzung des sog. Zählkindvorteils[4] (§ 66 EStG Rz. 4). Bei einem Verstoß gegen die der Familienkasse obliegenden Verfahrensfürsorgepflichten sollte der Berechtigte im Rahmen des rechtlich Zulässigen so gestellt werden, als ob es den Verstoß nach § 89 AO nicht gegeben hätte. Demgegenüber stehen allerdings auch die Mitwirkungspflichten des Kindergeldberechtigten (§ 68 EStG). Nicht ausgeschlossen ist, dass der Kindergeldberechtigte einen Anspruch auf Erlass einer Billigkeitsmaßnahme nach § 163 AO oder einen Amtshaftungsanspruch nach § 839 BGB geltend machen kann.[5]

Stellt ein Elternteil einen Kindergeldantrag für sein in einem EU-Mitgliedstaat bei einem anderen Familienangehörigen lebendes Kind, nicht jedoch dieser Familienangehörige, berücksichtigt nach Art. 60 Abs. 1 S. 3 der VO Nr. 987/2009 der zuständige Träger des Mitgliedstaats, dessen Rechtsvorschriften anzuwenden sind, den Antrag auf Familienleistungen, der von dem anderen Elternteil gestellt wird (§ 64 EStG Rz. 6).[6]

 

Rz. 6

Ein Kindergeldantrag ist immer zu stellen, wenn der Antragsteller erstmalig die Anspruchsvoraussetzungen nach §§ 62, 63 EStG erfüllt, z. B. bei Geburt, Adoption, Haushaltsaufnahme eines Kindes, Begründung eines Pflegekindschaftsverhältnisses, Begründung der unbeschränkten Stpfl. (§ 62 Abs. 1 EStG), Zuzug eines Ausländers ohne bisherige Kindergeldfestsetzung (§ 62 Abs. 2 EStG).

Ein neuer Antrag ist ferner zu stellen, wenn nach Wegfall einer bestehenden Kindergeldfestsetzung die Anspruchsvoraussetzungen erneut vorliegen, z. B. wenn bei einem über 18 Jahre alten Kind die Anspruchsvoraussetzungen vorübergehend entfallen waren. Setzt die Familienkasse das Kindergeld mit einer in der Zukunft liegenden Befristung fest, muss der Kindergeldberechtigte entweder Rechtsmittel gegen die Befristung einlegen oder (später) einen neuen Antrag für den nicht beschiedenen Zeitraum stellen.[7]

 

Rz. 7

Ein (neuer) Antrag ist nicht erforderlich, wenn hinsichtlich einer bestehenden Kindergeldfestsetzung lediglich Änderungen eintreten, z. B. beim Wechsel in den Zuständigkeitsbereich einer anderen Familienkasse, Auszahlung statt durch den Arbeitgeber künftig durch die Familienkasse, Änderung der Berechtigtenbestimmung nach § 64 Abs. 2 EStG, Änderung der Rechtsgrundlage vom Steuerrecht zum Sozialrecht und umgekehrt.[8] Allerdings muss der Berechtigte die jeweilige Veränderung der Familienkasse mitteilen.

 

Rz. 7a

Das Kindergeld wird i. d. R. durch einmalige Festsetzung bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres gezahlt. Unter den Voraussetzungen des § 32 Abs. 4 und 5 EStG kann ein Kind darüber hinaus berücksichtigt werden, wenn diese Voraussetzungen nachgewiesen werden. Die ineinander übergehende weitere Kindergeldzahlung über das 18. Lebensjahr hinaus ist nur möglich, wenn der Familienkasse die Voraussetzungen für die weitere Berücksichtigung rechtzeitig vor Vollendung des 18. Lebensjahres des Kinds nachgewiesen werden. Das Kindergeld wird mit Wirkung ab dem Eintritt der Volljährigkeit neu festgesetzt (§ 70 Abs. 1 EStG). Die bisherige Kindergeldfestsetzung ist erledigt (§ 124 Abs. 2 AO). Bei einem Nachweis nach Vollendung des 18. Lebensjahres, d. h. bei einer Vollendung des 18. Lebensjahres ohne entsprechenden Nachweis, handelt es sich um einen Neuantrag nach § 67 Abs. 1 EStG.

[2] Treiber, in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 67 EStG Rz. 11.
[3] Wendl, in H/H/R, EStG/KStG, § 67 EStG Rz. 4.
[4] Wendl, in H/H/R, EStG/KStG, § 67 EStG Rz. 4.
[5] Wendl, in H/H/R, EStG/KStG, § 67 EStG Rz. 4; Felix, in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 67 EStG Rz. A 16; vgl. auch FG Münster v. 12.12.2016, 13 K 91/16 Kg, Haufe-Index 10180192.
[8] V 5.2 Abs. 4 DA-KG 2016.

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