Rz. 18

Das FA hat von Amts wegen zu prüfen, ob in den noch offenen Steuerfällen die Steuerfreistellung zur Berücksichtigung des Kinderexistenzminimums ausreichend erfolgt ist, und, sofern dies nicht der Fall ist, durch Änderungsbescheid die ESt neu festzusetzen. Ein Antrag ist nicht erforderlich. Zuständig ist das derzeitige Wohnsitz-FA.[1] Nach einem Wohnsitzwechsel in die neuen Bundesländer bleibt für Vz vor 1991 das bisherige Wohnsitz-FA zuständig.[2]

  • War der ursprüngliche Bescheid mit einem Vorläufigkeitsvermerk hinsichtlich der Höhe der Kinderfreibeträge versehen, hat der Änderungsbescheid nunmehr, da die Ungewissheit beseitigt ist, endgültig zu ergehen.[3] Gegen den Änderungsbescheid sind der Einspruch und anschließend die Klage zum FG gegeben.
  • Hatte der Stpfl. gegen den Erstbescheid Einspruch eingelegt, müsste das FA an sich eine Einspruchsentscheidung erlassen.[4] Dies ist nur dann nicht erforderlich, wenn das FA in dem Änderungsbescheid dem Einspruchsbegehren in vollem Umfang abhilft.[5] Bei nur teilweiser Stattgabe wird der Änderungsbescheid Gegenstand des Einspruchsverfahrens.[6] Soweit dem Einspruchsbegehren nicht stattgegeben worden ist, hat das FA durch Einspruchsentscheidung zu entscheiden, gegen die der Klageweg eröffnet ist.
  • Hatte der Stpfl. bereits Klage erhoben, ist das Klageverfahren, sofern der Änderungsbescheid dem Klagebegehren voll entspricht, erledigt.[7] Bei nur teilweiser Stattgabe kann der Änderungsbescheid entweder nach § 68 FGO zum Gegenstand des anhängigen Verfahrens erklärt oder mit der Folge der Aussetzung des Klageverfahrens wiederum mit dem Einspruch angefochten werden. Nach § 68 FGO i. d. F. des Referentenentwurfs des Gesetzes zur Änderung des Revisionsverfahrens nach der FGO v. 22.2.2000 wird der Änderungsbescheid automatisch, d. h. ohne Antragstellung, Gegenstand des Klageverfahrens.
 

Rz. 19

Da dem FA nur bekannt ist, in welchen Vz bei dem Stpfl. ein Kinderfreibetrag berücksichtigt wurde, es aber wegen der seinerzeitigen Zuständigkeit der Arbeitsämter für die Kindergeldgewährung nach dem BKKG a. F. i. d. R. keine Kenntnis davon hat, ob und in welcher Höhe (Zählkindervorteil) bzw. für welche Monate dem Stpfl. Kindergeld zustand, bleibt wohl nichts anderes übrig, als in den Fällen, in denen ein Kinderfreibetrag abgezogen wurde, zu unterstellen, dass im gesamten Vz ein Anspruch auf Kindergeld ohne einen evtl. Zählkindervorteil bestand, und die ESt ab bestimmten Grenzsteuersätzen maschinell herabzusetzen. Diejenigen Stpfl., denen nicht in allen Monaten des Vz Kindergeld zugestanden hat und denen daher bei der maschinellen Bearbeitung ein zu niedriger Abzugsbetrag gewährt wurde, hätten sich dann gegen diese Änderungsbescheide im Einspruchswege zur Wehr zu setzen und ihren (geringeren und daher einen höheren Abzugsbetrag auslösenden) Kindergeldbezug nach S. 7 nachzuweisen (Helmke, in Berlebach, § 53 EStG Rz. 27). Alleinstehende Stpfl. können seit 2004 – anstelle des Haushaltsfreibetrags – unter bestimmten Voraussetzungen einen Entlastungsbetrag (§ 24b EStG) von der Summe der Einkünfte abziehen.

 

Rz. 20

In den Fällen, in denen die maschinelle Bearbeitung keine zu niedrige Kinderentlastung ergibt, wird das FA keinen Bescheid erlassen[8], ebenso, wenn bei den FÄ keine Unterlagen mehr vorhanden sind.[9] Hier haben die Stpfl. die ihnen zustehende Kinderentlastung selbst zu errechnen und beim FA eine entsprechende Bescheidänderung zu beantragen.

 

Rz. 21

Der Vorläufigkeitsvermerk hinsichtlich der Höhe Kinderfreibeträge in den ESt-Bescheiden hat zur Folge, dass die Festsetzungsfrist in diesem Punkt nicht vor Ablauf von 2 Jahren endet, nachdem die Ungewissheit beseitigt ist und das FA davon Kenntnis erlangt hat.[10] Die FÄ haben von den Beschlüssen des BVerfG zu den Kinderfreibeträgen v. 10.11.1998 (Rz. 3) durch eine Pressemitteilung des BVerfG v. 19.1.1999 Kenntnis erlangt. Stellte man auf diesen Zeitpunkt ab, würde die Festsetzungsfrist in diesen Fällen mit Ablauf des 19.1.2001 enden. Mit den Entscheidungen des BVerfG wurden indes die Ungewissheiten zunächst nicht vollständig beseitigt, da unklar blieb, wie die neuen Grundsätze umzusetzen waren. Die Ungewissheit ist vielmehr erst mit der Verkündung des FamFördG v. 22.12.1999 beseitigt. Nach BMF v. 14.3.2000 (BStBl I 2000, 413) beginnt die Zweijahresfrist daher erst am 1.1.2000 (Tag des Inkrafttretens des FamFördG) zu laufen und endet am 31.12.2001. Zur Hemmung der Festsetzungsverjährung sollte vor Fristablauf ein entsprechender Änderungsantrag gestellt werden.[11] Hat der Stpfl. Einspruch eingelegt oder Klage erhoben, wird der Ablauf der Festsetzungsfrist bis zu einer unanfechtbaren Entscheidung gehemmt.[12]

 

Rz. 22

Die sich aus der rückwirkenden Änderung der ESt-Festsetzung ergebenden Steuererstattungen sind nach § 233a AO zu verzinsen. Der Zinslauf beginnt 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die ESt entstanden ist (für 1990 z. B. am 1.4.1992) und endet mit der Wirksamkeit der Steuerfestsetzung, spätestens vier Jahre nach seinem...

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