1 Allgemeines

1.1 Systematische Stellung der Vorschrift

 

Rz. 1

Die Vorschrift steht im Zusammenhang mit der Zins- und Lizenzrichtlinie[1]. Während § 50g EStG die materielle Befreiung von der Quellensteuer und den Ausschluss der Zinsen und Lizenzzahlungen aus der beschränkten Steuerpflicht im Quellenstaat behandelt, enthält § 50h EStG die notwendigen Regelungen aus der Sicht des Ansässigkeitsstaates bzw. des Belegenheitsstaates der Betriebsstätte, die die Zahlungen erhält. Ist dieser Ansässigkeits- bzw. Belegenheitsstaat die Bundesrepublik Deutschland, ist die Steuerbefreiung in dem ausl. Quellenstaat nur anzuwenden, wenn der Stpfl. nachweist, dass er berechtigt ist, von den Vergünstigungen der Richtlinie bzw. der auf ihrer Basis erlassenen nationalen Rechtsvorschriften Gebrauch zu machen. Dazu ist der Nachweis erforderlich, dass das Unternehmen, das die Zahlungen erhält, im Inland ansässig ist bzw. die Betriebsstätte, an die die Zahlung erfolgt, im Inland belegen ist. Dieser Nachweis wird mit der Ansässigkeitsbescheinigung nach § 50h EStG geführt.

 

Rz. 2

Die Ansässigkeitsbescheinigung hat noch eine zweite Wirkung neben dem Nachweis, dass das in der Bundesrepublik ansässige Unternehmen berechtigt ist, die Befreiung von der Quellensteuer nach der Zins- und Lizenzrichtlinie in Anspruch zu nehmen. Da die Ansässigkeitsbescheinigung von dem für die Besteuerung des deutschen Unternehmens bzw. der in Deutschland belegenen Betriebsstätte zu erteilen ist, erfährt dieses FA damit notwendig, dass das deutsche Unternehmen bzw. die Betriebsstätte Zins- und Lizenzeinnahmen bezieht. Das FA kann dadurch prüfen, ob diese Einnahmen entsprechend den steuerlichen Vorschriften in die unbeschränkte Steuerpflicht des Unternehmens oder die beschränkte Steuerpflicht bei einer Betriebsstätte einbezogen worden sind.

[1] Richtlinie 2003/49/EG des Rates v. 3.6.2003, ABl EU Nr. L 157, 49.

1.2 Rechtsentwicklung

 

Rz. 3

Die Vorschrift ist durch Gesetz v. 2.12.2004[1] eingeführt worden und gilt erstmals für Zahlungen, die nach dem 31.12.2003 erfolgen.

Durch Gesetz v. 19.7.2006, BStBl I 2006, 432 wurde die Vorschrift gestrafft und auf inländische Betriebsstätten von Schweizerischen Unternehmen ausgedehnt. Diese Änderungen sind erstmals auf Zahlungen anzuwenden, die nach dem 30.6.2005 erfolgen.

[1] BStBl I 2004, 1148.

2 Ausstellen der Ansässigkeitsbescheinigung

 

Rz. 4

Erhält ein in der Bundesrepublik Deutschland ansässiges Unternehmen von einem in einem anderen EU-Staat ansässigen Unternehmen, das mit ihm verbunden ist, Zins- oder Lizenzzahlungen, muss der ausl. Quellenstaat das deutsche Unternehmen von der Quellensteuer befreien und darf die Zins- und Lizenzzahlungen auch nicht in eine Veranlagung des deutschen Unternehmens unter der beschränkten Steuerpflicht einbeziehen. Entsprechendes gilt, wenn eine in der Bundesrepublik Deutschland belegene Betriebsstätte eines in einem EU-Staat ansässigen Unternehmens diese Zins- und Lizenzzahlungen erhält. Diese Regelung ist ausgedehnt worden auf Schweizerische Unternehmen als Leistende der Zins- und Lizenzzahlungen sowie auf deutsche Betriebsstätten eines Schweizerischen Unternehmens als Empfangende der Zins- und Lizenzzahlungen. Zu den Begriffen des "verbundenen Unternehmens" vgl. § 50g EStG Rz. 49ff; zum Begriff der Betriebsstätte vgl. § 50g EStG Rz. 43.

 

Rz. 5

Die Steuerbefreiung greift nur ein, wenn die Zahlungen zwischen Unternehmen erfolgen, die in der EU bzw. der Schweiz ansässig sind, oder zwischen in der EU bzw. der Schweiz belegenen Betriebsstätten von in der EU bzw. der Schweiz ansässigen Unternehmen. Einzelheiten zum räumlichen Anwendungsbereich vgl. § 50g EStG Rz. 16. Dem Nachweis der Ansässigkeit des Unternehmens bzw. der Belegenheit der Betriebsstätte dient die Bescheinigung nach § 50h EStG.

Danach hat das für die Besteuerung zuständige FA (§ 20 AO) dem Unternehmen zu bescheinigen, dass es in der Bundesrepublik Deutschland ansässig ist. Das Unternehmen muss dazu die in § 50g Abs. 3 Nr. 5 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG aufgeführte Rechtsform aufweisen; vgl. § 50g EStG Rz. 49.

 

Rz. 6

"Ansässigkeit" ist i. S. d. § 50g Nr. 5 Buchst. a Doppelbuchst. bb EStG zu verstehen. Das bedeutet, dass es nicht genügt, dass das Unternehmen in der Bundesrepublik Deutschland unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig ist. Es muss im Fall der Doppelansässigkeit hinzukommen, dass das Unternehmen nicht nach der "tie-breaker-­rule" des einschlägigen DBA als in einem anderen Staat ansässig gilt.

 

Rz. 7

Entsprechendes gilt für die Belegenheit von Betriebsstätten.

 

Rz. 8

Bescheinigt wird nur die Ansässigkeit bzw. Belegenheit im Inland, nicht sonstige Voraussetzungen. Die Bescheinigung der Ansässigkeit erfasst aber auch, dass das Unternehmen der deutschen KSt ohne Steuerbefreiung unterliegt. Die Bescheinigung nach § 50h EStG können nur "Unternehmen und Betriebsstätten i. S. d. § 50g Abs. 3 Nr. 5 EStG" beantragen; das sind nur Unternehmen, die der KSt ohne allgemeine Befreiung unterliegen. Nicht der KSt unterliegende oder steuerbefreite Unternehmen können die Bescheinigung daher nicht beantragen, auf sie ist § 50h EStG nicht anwendbar.

 

Rz. 9

Nicht beschei...

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