Rz. 144

Abs. 2 enthält eine sachliche Steuerbefreiung[1] für Körperschaften, die an anderen Körperschaften beteiligt sind. Die Steuerbefreiung ist als Ergänzung zum Ausscheiden der Ausschüttungen einer Körperschaft an den Anteilseigner, der ebenfalls eine Körperschaft ist, aus dem Einkommen nach Abs. 1 konzipiert, jedoch ohne Sonderregelung für Streubesitzbeteiligungen. Unterliegen die Dividenden nicht der KSt, soll diese Folge auch dann eintreten, wenn die Gewinne der Tochtergesellschaft thesauriert werden und daher Veräußerungs- und Liquidationsgewinne etc. entstehen oder höher ausfallen. Ein sachlicher Unterschied zwischen diesen beiden Wegen, die Vermögensmehrung der Tochtergesellschaft auf den Gesellschafter zu übertragen, wird im Grundsatz nicht gesehen. Die Steuerbefreiung nach Abs. 2 ist daher keine zusätzliche, zu Abs. 1 hinzutretende Begünstigung, sondern eine notwendige Folge der Befreiung der Ausschüttungen nach Abs. 1. Wenn diese Ausschüttungen bei dem Anteilseigner, der ebenfalls eine Körperschaft ist, nicht zum Einkommen gehören sollen,[2] dann erfordert es der Grundsatz der widerspruchsfreien Regelung, dass dies auch für entsprechende Veräußerungs- und gleichgestellte Gewinne gilt. Eine Steuerfreistellung der Ausschüttungen und eine Besteuerung der Veräußerungsgewinne wären in sich widersprüchlich. Abs. 2 ist also eine systematisch zutreffende Fortführung der Regelung des Abs. 1, keine Subvention der KSt-Subjekte.[3] Dieser Grundsatz wird allerdings bei Streubesitzbeteiligungen von weniger als 10 % durchbrochen. Gewinne aus der Veräußerung derartiger Beteiligungen werden zwar von der Steuerfreistellung i. S. d. § 8b Abs. 2 KStG erfasst; Ausschüttungen von solchen Beteiligungsgesellschaften unterliegen dagegen nach § 8b Abs. 4 KStG in voller Höhe der Besteuerung. Systematisch müsste auch die Steuerfreistellung nach Abs. 2 auf Beteiligungen ab 10 % begrenzt sein.

 

Rz. 145

Allerdings beschränkt Abs. 2 die Steuerfreistellung nicht auf Vermögensmehrungen, die auf nicht ausgeschütteten Dividenden beruhen; auch Vermögensmehrungen durch sonstige Erhöhungen des Beteiligungswerts gehören nicht zum Einkommen. Konsequenterweise schließt Abs. 3 die steuerliche Geltendmachung von Veräußerungs- und gleichgestellten Verlusten aus. Das ist systemgerecht. Wenn Gewinne das Einkommen nicht erhöhen, dürfen dazu gehörende Verluste das Einkommen nicht mindern.

 

Rz. 146

Abs. 2 vermeidet, ebenso wie Abs. 1, den Begriff der Steuerbefreiung im strengen Sinn. Ebenso wie Abs. 1 für Bezüge regelt Abs. 2 für Veräußerungsgewinne, dass diese bei der Ermittlung des Einkommens "außer Ansatz bleiben". Es besteht aber auch hier kein Unterschied zwischen dem "Ausscheiden aus dem Einkommen" und einer echten Steuerbefreiung. Da die Rechtswirkungen in beiden Fällen gleich sind (keine Besteuerung der Veräußerungsgewinne), wirkt die Regelung des Abs. 2 als sachliche Steuerbefreiung.

 

Rz. 147

Die Veräußerungsgewinne unterliegen auch nicht der GewSt. Das GewSt-Recht übernimmt in § 7 GewStG insoweit die körperschaftsteuerliche Regelung. Anders als bei Gewinnausschüttungen enthält das GewStG keine umfassende Regelung zur Hinzurechnung der Veräußerungsgewinne. Hinzugerechnet werden nur ausschüttungs- und abführungsbedingte Vermögensminderungen nach § 8 Nr. 10 GewStG.

 

Rz. 148

§ 8b Abs. 2 KStG kann, ebenso wie § 23 Abs. 4 UmwStG a. F. bzw. § 21 UmwStG n. F., zur Umstrukturierung von Konzernen genutzt werden, auch zur grenzüberschreitenden Umstrukturierung. Die aufnehmende Körperschaft kann die Anteile von der abgebenden Körperschaft erwerben; dies ermöglicht die Bildung von Holdingstrukturen. Anders als § 23 Abs. 4 UmwStG a. F. führt § 8b Abs. 2 KStG nicht zur Beibehaltung und eventuellen Verdoppelung der stillen Reserven und zur Fortsetzung der Steuerverstrickung. Vielmehr werden die stillen Reserven aufgedeckt, bleiben aber steuerlich unbelastet; eine Steuerverstrickung entsteht nicht. Dagegen besteht insoweit kein Unterschied mehr zum Anteilstausch nach § 21 UmwStG n. F. Soweit der Einbringende eine Körperschaft ist, also unter § 8b Abs. 2 KStG fällt, entsteht bei der Veräußerung der Anteile kein "Einbringungsgewinn II";[4] damit entfällt auch die 7-jährige Sperrfrist.

[2] Zur systematischen Rechtfertigung Rz. 4.
[3] Spengel/Schaden, DStR 2003, 2192; Scheffler, DB 2003, 680; Schreiber/Rogall, BB 2003, 497; Erle/Sauter, KStG, 3. Aufl. 2010, § 8b KStG Rz. 13; kritisch Wenger, StuW 2000, 177, der aber weniger Abs. 2 kritisiert als das System der Doppelbesteuerung im Halbeinkünfteverfahren; zu einem mehr praktischen Aspekt Pöllath, DB 2002, 1342.

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