Rz. 22

Gegenstand der Besteuerung ist gem. § 11 Abs. 1 S. 1 KStG der im "Zeitraum der Abwicklung" erzielte Gewinn. § 11 Abs. 1 S. 2 KStG ergänzt, dass der "Besteuerungszeitraum" drei Jahre nicht übersteigen soll. Insoweit weicht § 11 KStG grundlegend von den allgemeinen Grundsätzen zum Gewinnermittlungs-, Besteuerungs- und Veranlagungszeitraum ab. Nach § 8 Abs. 1 KStG i. V. m. § 4a EStG ist Gewinnermittlungszeitraum das Kj. oder das abweichende Wirtschaftsjahr, das jedoch in keinem Fall einen Zeitraum von 12 Monaten übersteigen darf. Gem. § 7 Abs. 3 KStG ist Besteuerungszeitraum das Kj. Gem. § 31 Abs. 1 KStG i. V. m. § 25 EStG ist auch der Vz das Kj. Bei der Liquidationsbesteuerung entsprechen Gewinnermittlungs-, Besteuerungs- und Veranlagungszeitraum dem Liquidationsbesteuerungszeitraum. Der Liquidationsbesteuerungszeitraum deckt sich regelmäßig jedoch nicht mit dem Kj.; dieser übersteigt meist einen Zeitraum von 12 Monaten. Hiervon abweichend kann der Besteuerungszeitraum in Abwicklung und Liquidation 3 Jahre – in Ausnahmefällen auch einen noch längeren Zeitraum – umfassen.

 

Rz. 23

Der Gesetzgeber geht offenbar davon aus, dass die Abwicklung im Normalfall innerhalb von 3 Jahren abgeschlossen ist und sich Abwicklungs- und Besteuerungszeitraum daher decken. Dies gilt jedoch nicht mehr, sofern die Abwicklung länger dauert. Zur Vermeidung von Steuerausfällen oder ungerechtfertigten Steuerpausen bei zu langen Besteuerungszeiträumen, z. B. durch Scheinliquidationen, wurde die Obergrenze von 3 Jahren eingeführt. Der Abwicklungszeitraum zerfällt dann in mehrere Besteuerungszeiträume. Folge ist jedoch, dass die gesetzliche Regelung, z. B. § 11 Abs. 2 KStG, auf diesen Fall nicht mehr passt, da ihr die Übereinstimmung von Abwicklungs- und Besteuerungszeitraum als Grundfall zugrunde liegt. Die Regelung muss daher für den Fall einer längeren Abwicklung sinngemäß angepasst werden.[1]

 

Rz. 24

Die Regelung des § 11 Abs. 1 KStG legt fest, dass der im Abwicklungszeitraum erzielte Gewinn der Besteuerung zugrunde gelegt wird. Darüber hinaus umfasst die Regelung in Satz 2 die Maßgabe, dass der Besteuerungszeitraum 3 Jahre nicht übersteigen "soll". Bisher nicht geklärt[2] ist die Frage, ob beide Sätze als Einheit anzusehen sind oder eigenständig nebeneinander bestehen, obgleich der BFH in einer jüngeren Entscheidung zu Ersterem zu tendieren scheint.[3] Sofern beide Sätze als Einheit anzusehen wären, würde ein ggf. festgesetzter 3-jähriger Besteuerungszeitraum lediglich eine vorläufige Zwischenveranlagung sein, die am Ende der Abwicklung durch eine "endgültige" Veranlagung, welche den gesamten Abwicklungszeitraum umfasst, ersetzt und insoweit aufgehoben wird.[4]

 Sind beide Sätze hingegen im Regelungsgegenstand unabhängig voneinander zu lesen, wären Veranlagungen im Abwicklungszeitraum, die nur einen Teil (z. B. die ersten 3 Jahre) umfassen, als endgültig anzusehen.[5]

 

Rz. 25

M.E. ist die Auffassung zutreffend, dass beide Sätze im Regelungsgegenstand unabhängig voneinander zu lesen sind und es keine unselbstständigen "Zwischenveranlagungen" geben kann, die durch eine endgültige Veranlagung zu ersetzen wären.

In Satz 1 der Regelung wird lediglich normiert, dass der Gewinn des Abwicklungszeitraums der Besteuerung zugrunde zu legen ist. Hiermit ist aber nicht gesagt, dass dies zwingend in einem einzigen Veranlagungszeitraum zu erfolgen hat. Der Gewinn des Abwicklungszeitraums wird auch dann der Besteuerung zugrunde gelegt, sofern dieser in mehreren Veranlagungszeiträumen anfällt. Es ist nicht zwingend, den Gewinn des Abwicklungszeitraums in einem einzigen Besteuerungszeitraum zu erfassen. Der Gesetzgeber wollte lediglich klarstellen, dass der Abwicklungsgewinn der Besteuerung zu unterfallen hat (unabhängig vom Zeitraum der Besteuerung) und trägt hiermit m. E. vielmehr dem Umstand Rechnung, dass die Besonderheiten bei der Gewinnermittlung im Abwicklungszeitraum zu beachten sind. Durch die vereinfachte Auskehr von Eigenkapital (Gewinnrücklagen, ebenso die ggf. bestehende Kapitalrücklagen und Stammkapital) ist zudem besonders darauf Acht zu geben, dass realisierte stille Reserven, welche unterjährig an die Anteilseigner ausgezahlt werden, auch einer Besteuerung auf Ebene der auskehrenden Gesellschaft zugeführt werden. Satz 2 der Regelung ist hiervon losgelöst zu sehen. Dieser legt lediglich die Besonderheit fest, dass ein Besteuerungszeitraum länger als ein Jahr dauern kann, drei Jahre aber nicht übersteigen soll. Sofern der Gesetzgeber eine entsprechende Veranlagung des gesamten Abwicklungszeitraums als einheitlichen Besteuerungszeitraum hätte zugrunde legen wollen, würde es nahe liegen, in den Sätzen 1 und 2 des § 11 Abs. 1 KStG dieselben Begrifflichkeiten zu verwenden. Es wären dann nicht der Zeitraum der Abwicklung einerseits und der Besteuerungszeitraum andererseits gesondert zu benennen. Es hätte vielmehr nahe gelegen zu kodifizieren, dass der Besteuerungszeitraum dem Zeitraum der Abwicklung entspricht und nach spätestens 3 Jahren eine...

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