Leitsatz

Der Steuerbefreiung von Abfindungen weichender Erben steht weder die Verpachtung des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs an den künftigen Hoferben noch die Erklärung der Betriebsaufgabe durch den Abfindenden entgegen. Als agrarpolitische Lenkungsnorm setzt § 14a Abs. 4 EStG weder voraus, dass der von Abfindungslasten befreite Hof im Zeitpunkt der übertragung auf den Erben beim übertragenden noch Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft vermittelt, noch dass ein Buchwertübergang gem. § 6 Abs. 3 EStG (früher § 7 Abs. 1 EStDV) möglich ist.

 

Normenkette

§ 14 EStG , § 14a Abs. 4 EStG , § 16 Abs. 3 EStG

 

Sachverhalt

Die Klägerin und ihr verstorbener Ehemann hatten ihren landwirtschaftlichen Betrieb an ihren Sohn verpachtet. Der Sohn sollte außerdem testamentarischer Schlusserbe nach seinen Eltern sein. Die Tochter wurde vorab abgefunden und erhielt in diesem Zusammenhang einige bisher zum landwirtschaftlichen Betriebsvermögen gehörende Grundstücke. Später erklärte die Klägerin die Aufgabe des verpachteten Betriebs.

Das FA erfasste den durch die übertragung von Grundstücken an die Tochter entstandenen Entnahmegewinn bei den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft der Klägerin und lehnte unter Hinweis auf die später erklärte Betriebsaufgabe die Gewährung des Freibetrags für weichende Erben gem. § 14a Abs. 4 EStG ab.

 

Entscheidung

Die Entscheidung Sowohl FG als auch BFH hielten die Voraussetzungen des Freibetrags für erfüllt.

 

Hinweis

1. Zur Erleichterung der Hoferbfolge sieht § 14a Abs. 4 EStG einen Freibetrag für weichende Erben vor. Er kann – unter weiteren Voraussetzungen – in Anspruch genommen werden für den Gewinn aus der Veräußerung oder Entnahme von Grund und Boden, sofern der Veräußerungspreis oder das Grundstück innerhalb von 12 Monaten in sachlichem Zusammenhang mit der Hoferbfolge zur Abfindung weichender Erben verwendet wird. Keine Regelung hat das Gesetz für die vorgezogene Abfindung weichender Erben getroffen. Der BFH wendet § 14a Abs. 4 EStG in ständiger Rechtsprechung jedoch auch auf vorgezogene Abfindungen an, sieht dafür allerdings in der späteren Vereitelung der übertragung auf den Hoferben ein rückwirkendes Ereignis, das nachträglich zur Versagung des Freibetrags führt.

2. Eine solche Vereitelung der Hoferbfolge sah im hiesigen Fall das FA darin, dass die Mutter nach Abfindung der Tochter die Betriebsaufgabe des an den Hoferben verpachteten Betriebs erklärt hatte. Dazu berief sich das FA auf eine äußerung des BFH in seinem Grundsatzurteil zu § 14a Abs. 4 EStG vom 21.3.1985 (IV R 249/83, BStBl II 1985, 614), in dem es heißt, der Freibetrag sei zu versagen, wenn die Abfindungslage nicht eintreten könne, "weil der Hof nicht übergeben oder vererbt, sondern an Dritte veräußert oder aufgegeben werden soll(e)". Der BFH sah sich deshalb jetzt zu einer Präzisierung seiner damaligen äußerung veranlasst und stellt im Besprechungsurteil klar, dass die Aufgabe eines verpachteten Betriebs unter Ausnutzung des Verpächterwahlrechts nicht schädlich ist. Mit Betriebsaufgabe ist in diesem Zusammenhang nur die Zerschlagung des Betriebs gemeint.

3. Davon ausgehend müsste es ohne Bedeutung sein, ob der Betrieb an den Hoferben oder an einen Dritten verpachtet ist, wenn von dem Verpächterwahlrecht zur Betriebsaufgabe Gebrauch gemacht wird. Es muss nur eine übernahme des Betriebs durch den Hoferben möglich bleiben. Dies bringt der BFH allerdings nicht klar zum Ausdruck. Denn er grenzt sich von einer Entscheidung ab, in der er den Wegfall des Freibetrags durch eine Aufgabeerklärung bejaht hatte (Urteil vom 23.11.2000, IV R 85/99, BStBl II 2001, 122), und verweist dazu darauf, dass der Betrieb an einen Fremden verpachtet gewesen sei und dass Einigkeit zwischen den Beteiligten darüber bestanden hätte, dass die geplante Hofübergabe fehlgeschlagen sei. Der Hinweis auf die Fremdverpachtung könnte dafür sprechen, dass die Betriebsaufgabe nur dann als unschädlich angesehen werden soll, wenn an den Hoferben selbst verpachtet ist. Bei Verpachtung an einen Fremden sollte deshalb in Erwägung gezogen werden, den verpachteten Betrieb zunächst dem Hoferben zu übertragen, um diesen dann die Betriebsaufgabe erklären zu lassen. Der Freibetrag für weichende Erben wäre dann nicht gefährdet.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 12.09.2002, IV R 28, 29/01

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