6.6.1 Begriff und Arten der bebauten Grundstücke

 

Rz. 523

Nach dem mit § 74 BewG übereinstimmenden § 180 Abs. 1 BewG sind bebaute Grundstücke solche, auf denen sich benutzbare Gebäude befinden. Wird ein Gebäude in Bauabschnitten errichtet, so ist der fertig gestellte und bezugsfertige Teil als benutzbares Gebäude anzusehen.

Als bebautes Grundstück gilt nach § 180 Abs. 2 BewG auch ein Gebäude, das auf fremdem Grund und Boden errichtet oder in sonstigen Fällen einem anderen als dem Eigentümer des Grund und Bodens zuzurechnen ist, selbst wenn es wesentlicher Bestandteil des Grund und Bodens geworden ist. In diesem Fall wird das Gebäude als solches als bebautes Grundstück behandelt und bewertet.

 

Rz. 524

§ 181 Abs. 1 BewG unterscheidet für die Zwecke der Bewertung folgende Arten von bebauten Grundstücken:

  • Ein- und Zweifamilienhäuser
  • Mietwohngrundstücke
  • Wohnungs- und Teileigentum
  • Geschäftsgrundstücke
  • gemischt genutzte Grundstücke
  • sonstige bebaute Grundstücke

Von der Zuordnung zu diesen Grundstücksarten hängt die Bestimmung des Bewertungsverfahrens ab. Bei der Festlegung der Grundstücksart ist stets die gesamte wirtschaftliche Einheit zu betrachten. Dies gilt auch dann, wenn sich auf einem Grundstück mehrere Gebäude oder Gebäudeteile unterschiedlicher Bauart oder Nutzung befinden.[1] Befinden sich auf einem Grundstück nicht nur Gebäude oder Gebäudeteile und lässt sich für mindestens eines dieser Gebäude oder Gebäudeteile keine übliche Miete ermitteln, erfolgt die Wertermittlung für die gesamte wirtschaftliche Einheit einheitlich im Sachwertverfahren.[2]

 

Rz. 525

Ein- und Zweifamilienhäuser sind nach § 181 Abs. 2 BewG Wohngrundstücke mit bis zu 2 Wohnungen. Eine Mitbenutzung für betriebliche oder öffentliche Zwecke ist unschädlich, wenn diese berechnet nach der Wohn- oder Nutzfläche weniger als 50 % beträgt und die Eigenart des Gebäudes als Ein- oder Zweifamilienhaus nicht beeinträchtigt.

In Abgrenzung zu den Ein- und Zweifamilienhäusern sind Mietwohngrundstücke nach § 181 Abs. 3 BewG Grundstücke, die mehr als 2 Wohnungen enthalten. Außerdem müssen Mietwohngrundstücke berechnet nach der Wohn- oder Nutzfläche zu mehr als 80 % Wohnzwecken dienen.

Die Definition des Wohnungseigentums und Teileigentums in § 181 Abs. 4 und 5 BewG folgt dem Wohnungseigentumsgesetz.[3]

Geschäftsgrundstücke werden in § 181 Abs. 6 BewG als Grundstücke definiert, die berechnet nach der Wohn- oder Nutzfläche zu mehr als 80 % eigenen oder fremden betrieblichen oder öffentlichen Zwecken dienen.

Gemischt genutzte Grundstücke sind nach § 181 Abs. 7 BewG Grundstücke, die neben Wohnzwecken auch eigenen oder fremden betrieblichen oder öffentlichen Zwecken dienen und nicht Ein- und Zweifamilienhäuser, Mietwohngrundstücke, Wohnungs- oder Teileigentum oder Geschäftsgrundstücke sind. Zu den gemischt genutzten Grundstücken zählt z. B. ein Grundstück, das eine Wohnung enthält und zu mindestens 50 % der Wohn- oder Nutzfläche für gewerbliche oder öffentliche Zwecke mitbenutzt wird, oder ein Mehrfamilienhaus, das Läden- und Gewerberäume enthält und zu 20 % der Wohn- oder Nutzfläche gewerblichen oder öffentlichen Zwecken dient.

Sonstige bebaute Grundstücke sind nach § 181 Abs. 8 BewG alle übrigen, in den Abs. 2–6 nicht genannten Grundstücke.

§ 181 Abs. 9 BewG enthält erstmals eine gesetzliche Definition des Wohnungsbegriffs, die für die Anwendung der Abs. 2–4 von Bedeutung ist. Sie übernimmt die Grundsätze der Rspr. des BFH und entspricht inhaltlich der Definition in R 175 Abs. 2 ErbStR 2003. Danach ist unter einer Wohnung die Zusammenfassung einer Mehrheit von Räumen zu verstehen, die in ihrer Gesamtheit so beschaffen sein müssen, dass die Führung eines selbstständigen Haushalts möglich ist. Sie muss eine baulich getrennte, in sich abgeschlossene Wohneinheit bilden und einen selbstständigen Zugang haben. Außerdem müssen die für die Führung eines selbstständigen Haushalts notwendigen Nebenräume (Küche, Bad oder Dusche, Toilette) vorhanden sein. Während die Wohnfläche für Bewertungsstichtage vor dem 1.1.2023 mindestens 23 m² betragen musste, ist diese Grenze durch das JStG 2022 vom 16.12.2022[4] für Bewertungsstichtage nach dem 31.12.2022 auf 20 m² herabgesetzt und in eine bloße Sollvorschrift umgewandelt worden. Hierdurch wird ein Gleichlauf mit der für Zwecke der Grundsteuer geltenden Regelung des § 249 Abs. 10 BewG hergestellt.

[1] R B 181.1 Abs. 2 ErbStR 2019.
[2] R B 182 Abs. 5 ErbStR 2019.
[4] BGBl I 2022, 2294.

6.6.2 Überblick über die Bewertungsverfahren

 

Rz. 526

§ 182 Abs. 1 S. 1 BewG schreibt vor, dass der Wert der bebauten Grundstücke in Abhängigkeit von der Grundstücksart nach dem Vergleichswertverfahren, dem Ertragswertverfahren oder dem Sachwertverfahren zu ermitteln ist. Für welche Grundstücksart welches Bewertungsverfahren zur Anwendung kommt, ergibt sich aus § 182 Abs. 24 BewG. Die unterschiedlichen Bewertungsverfahren tragen dem Umstand Rechnung, dass es ein für alle Grundstücksarten gleichermaßen geeignetes Bewertungsverfahren nicht gibt. Nach der Gesetzesbegründung orientieren sie sich an den im gewöhnlichen Geschäft...

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