Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuerpflicht einer sog. "technischen Fachkraft" im Sinne des Zusatzabkommens zum Nato-Truppenstatut

 

Leitsatz (amtlich)

Kann eine technische Fachkraft i.S. des Zusatzabkommens zum Nato-Truppenstatut ihren Willen, in die USA zurückkehren zu wollen, weder im Wege des Anscheinsbeweises noch anhand sonstiger Indizien nachweisen, ist sie unbeschränkt einkommensteuerpflichtig.

 

Normenkette

EStG § 1 Abs. 1 S. 1; AO § 8; Nato-Truppenstatut (NTS) Art. X; Zusatzabkommen zum Natotruppenstatut (ZA-NTS) Art. 72-73; Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) - USA Artikel 15

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 21.09.2015; Aktenzeichen I R 72/14)

BFH (Beschluss vom 21.09.2015; Aktenzeichen I R 72/14)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob eine unbeschränkte Einkommensteuerpflicht des Klägers im Inland besteht.

Der Kläger besitzt die US-amerikanische Staatsbürgerschaft und ist seit 10. August 2009 mit der Klägerin verheiratet. Sie leben gemeinsam mit dem Sohn der Klägerin in W (Deutschland) im Einfamilienhaus der Klägerin. Die Klägerin erzielte im Streitjahr Einkünfte aus einer gewerblichen Tätigkeit als Goldschmiedin (Bl. 1 der ESt-Akte), der Kläger bezog eine Rente als ehemaliges Air Force Mitglied.

In den Jahren 1981 bis 1998 war der Kläger als Mitglied der US Air Force in den USA, Japan und Italien stationiert. 1998 kam er als Electronic Intelligence Artist nach Deutschland (X Air Base). Im Jahr 2001 schied er aus dem aktiven Dienst aus, blieb aber in Deutschland und zog Mitte des Jahres 2001 mit der Klägerin zusammen. Er war sodann auf der nahe gelegenen Air Base Y für die AAFES - eine Güterversorgungskette des US-amerikanischen Verteidigungsministeriums - tätig. Anschließend war er auf dem Flughafen Z für diverse, die amerikanischen Streitkräfte unterstützende Firmen mit Sitz in den Vereinigten Staaten als sog. „technische Fachkraft“ beschäftigt. Im Streitjahr 2010 waren dies die Firmen „A Services Inc.“ und „B Services Inc.“ (= private Arbeitgeber mit Sitz in den USA). Der Vertrag bei der Firma B war bis 12. März 2013 befristet. Bereits im September 2011 gab der Kläger diese Tätigkeit auf und ist seither unmittelbar bei den US-amerikanischen Streitkräften auf der Air Base Z beschäftigt (als „DoD-Employee“; DoD = Department of Defence). Die Tätigkeit ist bis zum 28. August 2016 befristet, jedoch besteht die Möglichkeit der Verlängerung der Beschäftigung bis Ende August 2018, von der der Kläger Gebrauch machen möchte.

Seit (mindestens) 2003 wohnen der Kläger und die Klägerin, die 2009 geheiratet haben, im Einfamilienhaus der Klägerin in W, In der Huf 12. Für die Finanzierung der Anschaffung/Errichtung dieses Objektes gab der Kläger seinerzeit eine Bürgschaftserklärung gegenüber der finanzierenden Bank ab.

Die NATO-Prüfstelle beim Finanzamt K teilte dem Beklagten am 24. August 2010 telefonisch mit (Bl. III der ESt-Akte), dass der Kläger bereits seit dem Jahr 2004 nicht mehr Angehöriger der amerikanischen Streitkräfte sei und als Ingenieur bei einer amerikanischen Firma in Deutschland arbeite. Mit Schreiben vom 14. Oktober 2011 (Bl. 12 f. der ESt-Akte) teilte die NATO-Prüfstelle ergänzend mit, dass schon im Privilegierungsverfahren im Jahr 2004 einige Bedenken bestanden hätten, ob sich der Kläger hier nur in seiner Eigenschaft als Mitglied der Truppe aufhalte, insbesondere sein Wohnsitz in W und die Arbeitsstelle in Z Air Base hätten bereits damals Zweifel offen gelassen. Der Kläger beziehe als ehemaliges Air Force Mitglied eine Rente und aus seiner Tätigkeit als Systems Engineer Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.

In einem Aktenvermerk vom 15. Dezember 2011 (Bl. 15 der ESt-Akte) hält der Beklagte fest, dass der Kläger unbeschränkt steuerpflichtig sei, obwohl er als technische Fachkraft für eine amerikanische Firma, die keinen Betriebssitz in Deutschland habe, auf der Air-Base in Z arbeite, weil er sich aus anderen Gründen in Deutschland aufhalte: Er sei mit der Klägerin, einer deutschen Staatsangehörigen, verheiratet und lebe mit ihr und deren Sohn in W. Das Einfamilienhaus gehöre der Klägerin. Der Wohnsitz bzw. gewöhnliche Aufenthalt des Klägers sei somit in Deutschland. Der Arbeitslohn als technische Fachkraft sei somit in Deutschland zu versteuern. Die Pension aus der Tätigkeit bei der US-Armee sei steuerfrei (Kassenstaatsprinzip), sie unterliege aber der Progression, da Deutschland der Wohnsitzstaat sei.

Mit Einkommensteuerbescheid für 2010 vom 03. Januar 2012 (Blatt 98 – 100 der ESt-Akte) wurde die Einkommensteuer für 2010 auf 23.352,00 € festgesetzt. Bei der Klägerin wurden Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 1.535,00 € und beim Kläger Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit i.H.v. 96.102,00 € in Ansatz gebracht. Zur Begründung wurde in den Erläuterungen ausgeführt, der Kläger sei unbeschränkt steuerpflichtig, weil er sich nicht ausschließlich als sog. „technische Fachkraft“ in Deutschland aufhalte. Die Besteuerungsgrundlagen bezüglich des Arbeitslohnes und der Pension seien aufgrund der Mitteilung ...

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