Nachgehend

BFH (Urteil vom 20.08.1997; Aktenzeichen X R 127/94)

 

Tenor

I. Unter Abänderung des angefochtenen Einkommensteuerbescheides 1991 vom 13. Oktober 1992 und der Einspruchsentscheidung vom 24. August 1993 wird der Beklagte angewiesen, den Abzugsbetrag nach § 10 e Abs. 1 EStG auf 15.000 DM zu erhöhen.

II. Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.

III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob Anschaffungskosten für den Erwerb weiteren Grund und Bodens 3 Jahre nach Anschaffung eines bebauten Grundstücks noch in die Bemessungsgrundlage des § 10 e Abs. 1 EStG einfließen können.

Die Kläger sind Eheleute und wurden im Streitjahr 1991 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Im Jahre 1989 erwarb der Kläger in … ein 784 qm großes Grundstück mit aufstehendem Gebäude zum Kaufpreis von insgesamt 335.000 DM. Der Beklagte ging dabei zur Berechnung des Abzugsbetrages nach § 10 e Abs. 1 EStG von folgender Bemessungsgrundlage aus:

Anschaffungskosten Gebäude

284.587,– DM

Anschaffungskosten Grund und Boden 1/2 von 56.249,– DM

28.124,– DM

nachträgliche Anschaffungskosten Gebäude

3.936,– DM

Grund und Boden

388,– DM

317.037,– DM

abzgl. Anteil Arbeitszimmer

./.

55.957,– DM

261.080,– DM.

Im Jahre 1991 erwarb der Kläger ein unmittelbar angrenzendes, 4.733 qm großes Wiesengrundstück hinzu, das er seitdem als Garten und Freizeitgelände nutzt. Das Grundstück wurde lt. Einheitswertmitteilung vom 10. September 1991 bzw. 4. Dezember 1991 dem Land- und forstwirtschaftlichen Vermögen zugerechnet. Die Anschaffungskosten verteilte der Kläger anteilsmäßig auf die Bemessungsgrundlage des Abzuges nach § 10 e Abs. 1 EStG bis zur Höchstgrenze von 300.000 DM. Bei Durchführung der Einkommensteuerveranlagung berücksichtigte der Beklagte die Auswirkungen aus dem Hinzuerwerb des Grundstücks nicht. Gegen den so am 13. Oktober 1992 mit einfachem Brief zur Post gegebenen Bescheid legten die Kläger (auch wegen weiterer Punkte) mit Schriftsatz ihres jetzigen Prozeßbevollmächtigten vom 12. November 1992 rechtzeitig Einspruch ein u.a. mit der Begründung, ihre Rechtsauffassung wäre durch ein BFH-Urteil vom 10. August 1972 (VIII R 80/89 – BStBl II 1973, 10) getragen. Mit Einspruchsentscheidung vom 24. August 1993 lehnte der Beklagte – unter Abhilfe im übrigen – die beantragte Erhöhung der Bemessungsgrundlage ab mit der Begründung, es dürfe nicht unbeachtet bleiben, daß das zitierte BFH-Urteil zu einer Zeit ergangen sei, als der Mietwert der eigengenutzten Wohnung noch zu den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zählte, während heute das private Wohnen keiner Einkunftsart mehr zugerechnet werde. Zielsetzung des hier maßgeblichen Wohnungseigentumsförderungsgesetzes sei es, durch eine wirksamere und verstärkt familienausgerichtete Gestaltung die Voraussetzungen dafür zu schaffen, daß möglichst viele Bürger, vor allem auch Familien mit Kindern, Wohneigentum erwerben könnten. Daß auch Aufwendungen berücksichtigt werden sollten, die nach Fertigstellung lediglich den Wohnwert des Grundstücks erhöhten, finde im Gesetzeswortlaut keinen Niederschlag. Das ursprüngliche Grundstück sei bereits ausreichend groß gewesen.

Gegen die Einspruchsentscheidung erhoben die Kläger mit am 23. September 1993 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz ihres Prozeßbevollmächtigten Klage.

Zur Begründung tragen sie vor, es sei ein einheitliches Wohngrundstück entstanden. Eine Spekulationsabsicht des Klägers sei ausgeschlossen, weil das hinzuerworbene Grundstück in einem Landschaftsschutzgebiet liege und weder Baugelände noch Bauerwartungsland in Zukunft werden könne. Das zuvor 1989 erworbene Grundstück mit dem Einfamilienhaus lasse bedingt durch großen Abstand zur Straße vor dem Haus, eine große Terrasse und befestigte Hoffläche mit Doppelgarage wenig Nutzfläche für einen Garten.

Die Kläger beantragen,

die Einkommensteuer 1991 auf … DM festzusetzen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Unter Bezugnahme auf seinen bisherigen Rechtsstandpunkt weist er ergänzend darauf hin, daß es mit der Intention des § 10 e EStG unvereinbar sei, weiteren Erwerb von Grund und Boden unter dem Gesichtspunkt eines höheren Wohnwertes auf Kosten der Allgemeinheit durch steuerliche Vergünstigungen zu finanzieren.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist auch in der Sache begründet.

Die Anschaffungskosten für das nachträglich hinzuerworbene Grundstück sind hälftig bis zur Höchstgrenze von 300.000 DM in die Bemessungsgrundlage nach § 10 e EStG aufzunehmen, weil es sich um nachträgliche Anschaffungskosten im Sinne von § 10 e Abs. 3 Satz 2 EStG handelt. Nach der letztgenannten Vorschrift können nachträgliche Anschaffungskosten, die bis zum Ende des Abzugszeitraums entstehen, vom Jahr ihrer Entstehung an für die Veranlagungszeiträume, in denen der Steuerpflichtige Abzugsbeträge nach den Abs. 1 u. 2 hätte abziehen können, so behandelt werden, als wären sie zu Beginn des Abzugszeitraums entstanden. Gemäß § 10 e Abs. 1 Satz 1 EStG werden die Hälfte der Anschaffungs...

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