Entscheidungsstichwort (Thema)

Berufsausbildung während eines Urlaubssemesters

 

Leitsatz (amtlich)

Die Vorstandstätigkeit eines Studenten für einen bundesweit tätigen politischen Studentenverband während eines Urlaubssemesters kann nicht als „Berufsausbildung“ i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG qualifiziert werden.

 

Normenkette

EstG § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. a; EStG § 62 Abs. 1, § 63 Abs. 1 Sätze 1-2

 

Tatbestand

Streitig ist, ob sich der Sohn des Klägers J in der Zeit vom 1. April 2007 bis 29. Februar 2008 in Berufsausbildung befunden und der Kläger deshalb einen Anspruch auf Kindergeld hat.

Der Sohn des Klägers J, geboren am 18. Februar 1985, leistete in der Zeit vom 1. Juni 2004 bis 28. Februar 2005 seinen Zivildienst. Zum Wintersemester 2005/2006 begann er ein Studium im Fach Rechtswissenschaft an der ...-Universität in M. Im Sommersemester 2007 (vom 1. April 2007 bis 30. September 2007) und im Wintersemester 2007/2008 (vom 01. Oktober 2007 bis 31. März 2008) war er beurlaubt. Während dieser Zeit war er als Vorstandsmitglied (Schatzmeister) eines bundesweit tätigen politischen Studentenverbandes (X) mit Sitz in B beschäftigt.

Auf ein - nicht in den Akten befindliches - Schreiben der Beklagten vom 10. Dezember 2007 antwortete der Kläger mit Schreiben vom 19. Dezember 2007, sein Sohn habe sein Studium nicht unterbrochen. Während der beiden Urlaubssemester sei er in der studentischen Selbstverwaltung tätig gewesen und habe sein Studium in diesem Zeitraum - wenn auch in reduziertem Umfang - fortgesetzt und Kenntnisse und Fähigkeiten erworben, die als Grundlage für die Ausübung des angestrebten Berufs geeignet und für diesen förderlich seien. Sein Sohn sei seit Oktober 2005 Mitglied im X und im Februar 2006 stellvertretender Gruppenvorsitzender der Fachgruppe M geworden. Im Juni 2006 sei er vom X als Fachschaftsrat in die Fachschaft Rechtswissenschaften - einem Organ der studentischen Selbstverwaltung - entsandt worden und im Dezember 2006 sei er in den Senat der Universität M - einem Organ der universitären Selbstverwaltung - berufen worden. Diese ehrenamtlichen Tätigkeiten habe er bereits damals neben seinem Studium ausgeübt und dennoch Leistungsnachweise im oberen Punktbereich erbracht. Im Februar 2007 sei ihm seitens des Bundesverbandes des X, dem Dachverband des X, die Kandidatur zum Bundesschatzmeister angetragen worden. Vom stimmberechtigten Gremium sei er in das Amt des Bundesschatzmeisters gewählt worden und sei seit März 2007 Mitglied des Bundesvorstandes des X. Seit diesem Zeitpunkt habe er die Ämter an der Universität M abgegeben. Sein Amt als Bundesschatzmeister werde im Februar 2008 enden. Eine Wiederwahl sei nicht angestrebt und sei auch von vornherein nicht beabsichtigt gewesen. Während der Tätigkeit habe er eine Aufwandsentschädigung erhalten. Der Zeitaufwand für die Tätigkeit als Bundesschatzmeister sei mit 20 Stunden festgelegt worden, so dass er sein Studium - wenn auch in reduziertem Umfang - habe fortsetzen können. Sein Sohn habe sich beurlauben lassen, damit die Semester der Beurlaubung bei der Bemessung der Regelstudienzeit nicht mitgerechnet würden und um so etwaige nach Ablauf der Studienzeit anfallende Studiengebühren für weitere zwei Semester zu vermeiden. Lediglich formale Gründe seien für die Beurlaubung maßgebend gewesen und der Antrag auf Beurlaubung sei nur vorsorglich gestellt worden. Sein Sohn sei im Sommersemester 2007 und im Wintersemester 2007/2008 an der Uni M immatrikuliert gewesen. Das Studium sei nicht unterbrochen worden. Das Niedersächsische Finanzgericht habe in seinem Urteil vom 25. Mai 2004 (12 K 551/01) in einem vergleichbaren Fall entschieden, dass nicht von einer die Kindergeldberechtigung ausschließenden Unterbrechung der Berufsausbildung ausgegangen werden könne. Im Übrigen sei die Durchführung einer zusätzlichen Maßnahme zur Berufsausbildung trotz Beurlaubung ebenfalls nicht als Unterbrechung der Berufsausbildung zu verstehen. Solche Berufsausbildungsmaßnahmen müssten weder in einer Studienordnung vorgeschrieben noch für den späteren Beruf zwingend notwendig sein (Verweis auf Urteil des Finanzgerichts Baden-Württemberg vom 27. August 2002 2 K 40/00). Die Tätigkeit als Schatzmeister und Vorstandsmitglied in einem - im weitesten Sinne - berufsständigen Verband könne gleichermaßen eine berufsbezogene Maßnahme zum Erwerb von Kenntnissen und Fähigkeiten, die als Grundlage für die Ausübung des angestrebten Berufs geeignet und für diesen förderlich seien, angesehen werden. Für die Tätigkeit eines Juristen seien Kenntnisse und Erfahrungen im Finanz- und Rechnungswesen, Verbandsarbeit(-Politik), Öffentlichkeitsarbeit usw. unerlässlich. Vergleichbare Praktika, die vermittelten, wie Juristen das Recht in der Praxis anwenden würden, seien sogar Bestandteil des Studienganges Rechtswissenschaft.

Der Kläger legte den Arbeitsvertrag zwischen dem X und seinem Sohn vom 18. März 2007 vor, auf den wegen der weiteren Einzelheiten verwiesen wird (Bl. 51 der Kindergeld...

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