Entscheidungsstichwort (Thema)

Abtretung eines Steuererstattungsanspruchs nach Eröffnung eines Insolvenzverfahrens in England Aufrechnung einer im Rahmen der Wirtschaftsförderung des Landes im Wege der Globalabtretung gegenüber einem Drittgarantiegeber erworbenen Rückgriffsforderung

 

Leitsatz (amtlich)

Ist über das Vermögen eines deutschen Schuldners in England das Insolvenzverfahren eröffnet worden, ist die Abtretung des Schuldners einer ihm zustehenden Steuererstattung ohne Zustimmung oder Genehmigung des Gerichts unwirksam.

Die im Rahmen der Wirtschaftsförderung des Landes im Vorhinein vereinbarten Globalabtretungen von Rückgriffsansprüchen gegenüber Drittgarantiegebern an Bund und Land (Rückgaranten) sind wirksam, wenn sich die abgetretenen Forderungen aus den Garantieerklärungen bzw. den Garantieübernahmeverträgen klar und eindeutig bestimmen lassen.

 

Normenkette

AO § 46 Abs. 1, § 218 Abs. 2, § 226 Abs. 1; EuInsO Art. 4 Abs. 2c; BGB §§ 387, 406; Insolvency Act 1986 § 284 Abs. 1

 

Tatbestand

Streitig ist die Wirksamkeit einer Aufrechnung.

Die Klägerin begehrt aus abgetretenem Recht die Auszahlung eines Einkommensteuererstattungsanspruchs betreffend das Jahr 2010 i.H.v. 8.667,96 €.

I.

Die MBG GmbH beteiligte sich mit Vertrag vom 29.06.2009 als stille Gesellschafterin mit einer Einlage i.H.v. 150.000,- € an der D GmbH. Gemäß § 7 Abs. 2 Buchstabe c des Gesellschaftsvertrages war die MBG berechtigt, im Fall der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Beteiligungsnehmerin die stille Gesellschaft fristlos zu kündigen. Für die Rückzahlung der Einlage der MBG übernahm der Gesellschafter, Herr W. G., eine Garantie i.H.v. 150.000,- € (§ 16 Abs. 1 des Vertrages). Außerdem übernahm die Investitions- und Strukturbank (ISB, heute Bürgschaftsbank, im Folgenden - BB/ISB) eine Ausfallgarantie für diese Beteiligung i.H.v. 70 %, welche aufgrund von Rückgarantieerklärungen vom 28.12.2007 und vom 24.01.2008 durch das Land und die Bundesrepublik Deutschland anteilig rückgarantiert waren (2 Abs. 2 des Vertrages). Das Garantieengagement der BB/ISB gegenüber der MBG war durch Entscheidung des Bewilligungsausschusses der BB/ISB unter Beteiligung der Vertreter der Rückgewährleistungsträger von Bund und Land in die globale Rückgarantie des Landes und des Bundes einbezogen worden (Protokoll der Gremiensitzung vom 11.05.2009, Bl. 210 f. GA). Die D GmbH erklärte sich mit der Abtretung der Ansprüche und sonstigen Rechte der MBG an die Refinanzierungsinstitute sowie an die BB/ISB und deren Rückgaranten einverstanden (§ 11 des Vertrages). Die für die Garantieübernahmen im Einzelnen geltenden Bedingungen wurden in einer unter dem 09.06.2009 von Herrn W. G. sowie in einer unter dem 28.05.2009 von der BB/ISB unterzeichneten gesonderten Garantieerklärung bzw. Garantie-Urkunde festgelegt. Wegen der Einzelheiten wird auf diese Vereinbarungen sowie auf die Rückgarantieerklärungen Bezug genommen.

Die D GmbH beantragte am 06.06.2011 die Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Die MBG kündigte daraufhin die Beteiligung fristlos. Mit Schreiben vom 04.08.2011 nahm die MBG Herrn W. G. aus der Garantieerklärung vom 09.06.2009 auf Zahlung i.H.v. 150.000,- € in Anspruch. Dieser teilte mit, dass er einen "Vorschlag über die Regulierung" der geforderten Zahlung nicht machen könne. Mit Schreiben vom 18.08.2011 an die Insolvenzverwaltung der D GmbH meldete die MBG den Anspruch auf Rückzahlung der Einlage zur Insolvenztabelle an.

Die MBG nahm daraufhin die BB/ISB aufgrund vorgenannter vertraglicher Garantie in Anspruch (vgl. Ausfallbericht der ISB vom 15.08.2011). Am 16.09.2011 glich die BB/ISB den Ausfall der MBG i.H.v. 105.000,- € zuzügl. Kosten aus und hielt sich ihrerseits beim Land und dem Bund schadlos (vgl. Schreiben an die Rückgaranten vom 19.08.2011 unter Vorlage des Ausfallberichts vom 15.08.2011). Die Zahlungen der Rückgaranten (technisch ebenfalls durch die BB/ISB am 16.09.2011) beliefen sich auf 39.319,05 € für das Land sowie - nach Anerkennung des Schadensfalles und der Erstattungspflicht - auf 49.905,77 € für den Bund.

Zur Erfüllung ihrer nach den Richtlinien bestehenden Verpflichtung, bei Inanspruchnahme der Garantie den entsprechenden Anteil der ihr gegen den Beteiligungsnehmer noch zustehenden Ansprüche aus dem Beteiligungsverhältnis an die BB/ISB abzutreten, hatte die MBG mit Abtretungserklärung vom 08.03.2004 ihre bereits bestehenden und zukünftigen Ansprüche aus dem Beteiligungsverhältnis in Höhe der jeweiligen Inanspruchnahme aus der Garantie sowie die anteiligen Ansprüche aus Drittgarantien an die BB/ISB abgetreten. Zur Erfüllung der Verpflichtungen aus den Rückgarantieerklärungen hatte die BB/ISB ihrerseits mit Abtretungsvertrag vom 17.03.2004 ihre bestehenden bzw. zukünftigen übertragenen Forderungen und Rechte im Verhältnis der Zahlungen der BB/ISB zu der Erstattung des jeweiligen Rückgaranten an das Land und die Bundesrepublik Deutschland jeweils anteilig abgetreten.

Am 18.09.2011 bat das Ministerium der Finanzen das Finanzamt um...

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