rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Kirchensteuererlass bei Veräußerungsgewinnen

 

Leitsatz (amtlich)

Die Kirchensteuerbehörde ist an eine bis zum Kalenderjahr 1998 geübte Erlasspraxis bei Veräußerungsgewinnen nach § 34 Abs. 2 EStG auch dann nicht gebunden, wenn sich nachträglich die Höhe des Veräußerungsgewinnes ändert.

 

Normenkette

AO § 227; KiStGBY Art. 18 Abs. 1; EStG § 34 Abs. 2

 

Tatbestand

Streitig ist, ob das Kirchensteueramt den begehrten (weiteren) Teilerlass von Kirchensteuern für das Jahr 1989 in Höhe von 989.136,96 DM (= 505.737,70 €) zu Recht abgelehnt hat.

Die Kläger, beide Angehörige der katholischen Kirche, sind Ehegatten, die im Streitjahr zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurden. Mit Einkommensteuerbescheid vom 20.06.1991 wurde die Einkommensteuer für 1989 vom zuständigen Finanzamt in Höhe von 7.554.586 DM festgesetzt, auf der Grundlage von Einkünften des Klägers aus Gewerbebetrieb in Höhe von 17.877.149 DM, darin enthaltenen außerordentlichen Einkünften (Entnahme- und Veräußerungsgewinnen) in Höhe von 15.730.236 DM und unter Berücksichtigung einer für diese außerordentlichen Einkünfte nach § 34 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes -EStG- auf die Hälfte des durchschnittlichen Steuersatzes ermäßigten (anteiligen) Einkommensteuer von 4.389.522 DM.

Auf der Grundlage der im vorstehenden Einkommensteuerbescheid festgesetzten Einkommensteuer setzte das beklagte Kirchensteueramt mit (Erst-)Bescheid vom 02.10.1991 die Kirchensteuer der Kläger für 1989 in Höhe von 604.270,88 DM fest, berechnet mit 8% aus der um 1.200 DM (für 2,0 Kinderfreibeträge) auf 7.553.386 DM gekürzten Einkommensteuer.

Mit Schreiben vom 29.10.1991 beantragten die Kläger durch ihre damaligen steuerlichen Vertreter einen Teilerlass der Kirchensteuer. Zur Begründung verwiesen sie auf "außergewöhnliche Umstände", nämlich dass die Höhe der Kirchensteuerschuld im wesentlichen dadurch beeinflusst sei, dass aus der Überführung von Wirtschaftsgütern des Betriebsvermögens in das Privatvermögen mit dem halben Steuersatz versteuerte reine Buchgewinne, ohne Mittelzufluss, entstanden seien. Mit Stundungsverfügung vom 15.11.1991 kündigte daraufhin das Kirchensteueramt einen voraussichtlichen Teilerlass aus Billigkeitsgründen in Höhe von 175.580,88 DM an. Wörtlich schreibt die Behörde: "Aus den von Ihnen angeführten Gründen sind wir ausnahmsweise bereit, einen Teilerlaß von 50% der Kirchensteuer zu bewilligen, die auf die ermäßigte Einkommensteuer gem. § 34 EStG entfällt...." Mit Verfügung vom 22.01.1992 wurde der (Teil-)Erlass bewilligt.

Im Anschluss an eine für die Jahre 1988 bis 1990 durchgeführte Betriebs- und Fahndungsprüfung erließ das Finanzamt am 27.05.1997 einen entsprechend den Prüfungsfeststellungen geänderten Einkommensteuerbescheid für 1989. Im Rahmen dieses Bescheids wurde der tarifbegünstigte Aufgabe-/Veräußerungsgewinn des Klägers von 15.730.236 DM um 89.242.914 DM auf 104.973.150 DM und dementsprechend die aus letzterem Betrag nach § 34 Abs. 2 EStG berechnete Einkommensteuer von 4.389.522 DM um 24.981.965 DM auf 29.371.487 DM erhöht. Auf der Grundlage der in diesem Einkommensteuerbescheid insgesamt festgesetzten Einkommensteuer für 1989 in Höhe von 34.327.428 DM setzte das Kirchensteueramt mit geändertem Kirchensteuerbescheid vom 25.06.1997 die Kirchensteuer für 1989 in Höhe von 2.746.098,24 DM fest.

Im Rahmen der gerichtlichen Auseinandersetzung über die Höhe des betrieblichen Aufgabegewinns hatte der gegen den geänderten Einkommensteuerbescheid gerichtete Antrag des Klägers auf Aussetzung der Vollziehung letztlich keinen Erfolg. Er wurde vom Bundesfinanzhof -BFH- mit Beschluss vom 23. Juni 1999 (Az. X B 103/98, veröffentlicht in Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des Bundesfinanzhofs -BFH/NV- 2000, 30) abgelehnt.

Zur Frage des (um den Faktor 6,67) vervielfachten Entnahme-/Veräußerungsgewinns lässt sich der BFH-Entscheidung folgender Hintergrund entnehmen:

Der Kläger war bis zum 28.12.1989 an einer GmbH, die am 14.12.1989 ihr Stammkapital erhöht hatte, zu 75 v.H. beteiligt. Die übrigen Geschäftsanteile von 25 v.H. hielt die Mutter des Klägers. Zwischen dem Kläger und der GmbH bestand eine Betriebsaufspaltung; seine Anteile an der GmbH gehörten zum Betriebsvermögen seines Besitzunternehmens. Mit Vertrag vom 28.12.1989 veräußerte der Kläger 24 v.H. der Anteile an der GmbH an seine Ehefrau (Klägerin), 1,5 v.H. der Anteile an seine Schwägerin und 0,5 v.H. an seinen Steuerberater. Der Kaufpreis aus den Veräußerungen entsprach einem Anteilswert von 155 DM je 100 DM Geschäftsanteil. Die Beteiligten gingen davon aus, dass mit diesen Veräußerungen die Betriebsaufspaltung beendet wurde. Auf der Grundlage dieser Auffassung wurden die dem Kläger gehörenden 49 v.H. der Anteile an der GmbH in dessen Privatvermögen überführt. Mit Vertrag vom 26.04.1990 veräußerten der Kläger und die anderen Gesellschafter der GmbH nach 19monatigen Verkaufsverhandlungen ihre Anteile zu einem Kaufpreis von 498 DM je 100 DM Geschäftsanteil a...

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