Entscheidungsstichwort (Thema)

Wirtschaftliches Eigentum an Aktien, die im Rahmen einer sog. Wertpapierleihe an den Entleiher zivilrechtlich übereignet wurden

 

Leitsatz (redaktionell)

Das wirtschaftliche Eigentum an Aktien, die im Rahmen einer sog. Wertpapierleihe an den Entleiher zivilrechtlich übereignet wurden, kann ausnahmsweise beim Verleiher verbleiben, wenn die Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalles ergibt, dass dem Entleiher lediglich eine formale zivilrechtliche Rechtsposition verschafft werden sollte (vgl. BFH I R 88/13 vom 18. 8. 2015).

Dies gilt auch dann, wenn die Aktien nicht selbst Gegenstand des Darlehensvertrages sind, sondern der Absicherung dienen und ein Darlehensentgelt für die Überlassung zu zahlen ist.

 

Normenkette

KStG § 8b Abs. 1, 10; AO § 39 Abs. 2 Nr. 1, § 42

 

Tatbestand

Streitig ist das wirtschaftliche Eigentum an Aktien, die im Rahmen eines Wertpapierdarlehensvertrags als Wertausgleich in ein Sicherheitendepot der Klägerin eingebucht wurden.

Die Klägerin ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in A-Stadt. Gegenstand des Unternehmens ist die Herstellung von Maschinen.

Das Finanzamt veranlagte die Klägerin zunächst gemäß den eingereichten Steuererklärungen und erließ am 14.01.2009 den Körperschaftsteuerbescheid 2007, der unter dem Vorbehalt der Nachprüfung nach § 164 Abs. 1 AO erging.

Vom 27.04.2011 bis 14.02.2012 fand bei der Klägerin eine Betriebsprüfung für die Jahre 2007 bis 2009 statt. Der Prüfer traf dabei u.a. die folgenden Feststellungen zu einem Wertpapierdarlehen (vgl. Anlage 7 zum Bericht über die Außenprüfung vom 02.03.2012):

Die Klägerin unterzeichnete am 13.04.2007 einen "Rahmenvertrag für Wertpapierdarlehen" (im Folgenden: RV) mit der Bank KG, den die Bank KG am 21.03.2007 gezeichnet hatte. Nach diesem Formularvertrag beabsichtigten die Parteien, auf der Grundlage dieses Rahmenvertrages Wertpapierdarlehen abzuschließen.

Der Vertrag regelte unter "Nr. 1 Vertragsgegenstand" Folgendes:

"Für jedes Geschäft, das unter Zugrundelegung dieses Rahmenvertrages abgeschlossen wird ("Einzelabschluss"), gelten die nachfolgenden Bestimmungen. Alle Einzelabschlüsse bilden untereinander und zusammen mit dem Rahmenvertrag einen einheitlichen Vertrag ("Vertrag"); sie werden im Sinne einer einheitlichen Risikobetrachtung und im Vertrauen darauf getätigt" (Nr. 1 (2) RV).

Mit Schreiben vom 17.04.2007 (Dienstag) bestätigte die Bank KG der Klägerin die Vereinbarung über den Abschluss eines Wertpapierdarlehens unter Zugrundelegung des bestehenden RV am 13.04.2007. Danach verlieh die Klägerin im Rahmen eines "Optimierten Wertpapierdarlehens" der Bank KG eine 2 % Bundesschatzanweisung 05/07 (WKN 113710, mit einem Nominalwert von 30 Mio. € und einem Kurs von 99,705 € bis auf weiteres ("b.a.w.") zu einem Leihsatz von 0,05 % p.a. Dazu entnahm die Bank KG die Stücke dem Depot der Klägerin bei der Bank KG (Depot-Nr. Z) und buchte ebenfalls mit Valuta 17.04.2007 als Wertausgleich in deren Sicherheitendepot Nr. Y Aktien der Deutsche Lufthansa AG (500.000 Stück, WKN 823212), der MPC AG (8.000 Stück, WKN 518760) sowie festverzinsliche Wertpapiere der DNB Bank (3,87 %, WKN A 0G4YL, 10 Mio. €) und der Eurohypo (5,375 %, WKN 313192, 20 Mio. DM nominal) ein. Die Leihgebühr sollte nach erfolgter Rückabwicklung des Geschäfts auf das Konto bei der Bank KG überwiesen werden.

Nach "Nr. 4 Wertausgleich" des RV ist die Vertragspartei, deren Darlehenssumme diejenige der anderen Partei überschreitet, berechtigt, von Letzterer - hier der Bank KG - Wertausgleich zu verlangen. Gemäß Nr. 4 (5) RV sollen auf Wertpapiere, die zum Zwecke des Wertausgleichs geliefert werden, die Bestimmungen des Rahmenvertrages über die Darlehenspapiere mit Ausnahme der Vorschriften über das Darlehensentgelt (Nr. 5), der Kündigung (Nr. 7 (1) bis (3)) und der Regelungen bei nicht fristgemäßer Rücklieferung (Nr. 8) entsprechende Anwendung finden.

Mit Datum vom 20.04.2007 übersandte die Bank KG der Klägerin eine "Änderungs-Bestätigung eines optimierten Wertpapierdarlehens" und tauschte den Wertausgleich aus, sodass sie nunmehr in das Sicherheitendepot (Nr. Y) Aktien der Continental (300.000 Stück, WKN 543900) ein- und die 7 Tage zuvor eingebuchten Aktien und weiteren Wertpapiere wieder entnahm (sämtlich Valuta 23.04.2007). Den Austausch der Wertpapiere teilte die Bank KG der Klägerin ohne Angabe von Werten mit. In der internen Buchhaltung der Klägerin wurden die Wertpapiere in das Sicherheitendepot mit dem Marktwert ein- und wenige Tage mit identischen Wert wieder ausgebucht. Der Austausch der Wertpapiere im Sicherheitendepot erfolgte jeweils zum gleichen Wertstellungstag. Die jeweilige Summe des Marktwertes aus den einzelnen Wertpapieren belief sich auf ca. 30 Mio. €. Die Aktien wurden kurz vor dem Tag der Dividendenzahlung ein- und tags oder wenige Tage darauf wieder ausgebucht. Nachdem sich die Aktien am Tag der jeweiligen Hauptversammlung im Depot der Klägerin befanden, wurden die Dividenden an sie ausgeschüttet und auf dem Konto bei der Bank KG (K...

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