Entscheidungsstichwort (Thema)

Grunderwerbsteuerliche Gegenleistung in Höhe der Befriedigungsfiktion nach § 114a ZVG

 

Leitsatz (redaktionell)

Bei der Zwangsversteigerung eines Grundstücks liegt in Höhe der Befriedigungsfiktion nach § 114a ZVG auch dann eine Gegenleistung i.S:v. § 8 Abs. 1 GrEStG vor, wenn der Meistbietende und Ersteher des Grundstücks verpflichtet ist, die nach der Zwangsversteigerung verbleibende Restforderung an den ursprünglichen Gläubiger zurück abzutreten.

 

Normenkette

GrEStG § 9 Abs. 1 Nr. 4; ZVG § 114a; GrEStG § 8 Abs. 1

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 25.08.2010; Aktenzeichen II R 36/08)

BFH (Beschluss vom 25.08.2010; Aktenzeichen II R 36/08)

 

Tatbestand

Gestritten wird um die Rechtsfrage, ob die bei der Zwangsversteigerung eines Grundstücks eintretende Befriedigungsfiktion nach § 114a Zwangsversteigerungsgesetz (ZVG) Bestandteil der grunderwerbsteuerlichen Bemessungsgrundlage ist, sofern der Meistbietende und Ersteher des Grundstücks verpflichtet ist, die nach der Zwangsversteigerung verbliebene Restforderung an den ursprünglichen Gläubiger zurück abzutreten.

Eigentümerin der in 00000 L, A-Str. 10 und 12 belegenen Immobilie war die HD Immobilien-Verwaltung KG (im weiteren D KG genannt). Das Grundstück war belastet mit einer erstrangigen Briefhypothek zu Gunsten der LQ VVaG aufgrund eines Darlehensvertrags über EUR 5.417.137,48. Rechtsnachfolgerin der LQ VVaG ist die WQ VVaG (im weiteren WQ genannt).

Als die Forderung notleidend wurde, leitete die WQ gegen die D KG das Zwangsversteigerungsverfahren beim Amtsgericht (AG) T ein. Der Wert des Grundstücks wurde gem. § 74a Abs. 5 ZVG vom Gericht auf EUR 4.150.000,– festgesetzt.

Trotz des eingeleiteten Zwangsversteigerungsverfahrens bemühte sich die WQ, die D KG zu einem freihändigen Verkauf des Objekts zu bewegen. Hauptinteressentin war die Klägerin (Klin.). Ursprünglich war im Herbst 2004 geplant, die Immobilie zu einem Kaufpreis von EUR 1.500.000,– an die Klin. zu veräußern. Nachdem die D KG von diesem Vorhaben allerdings Abstand genommen hatte, suchten die WQ und die Klin. Wege, wie ein Eigentumserwerb der Klin. gesichert werden konnte. Hierbei nahmen die Klin. und die WQ von einer bereits notariell vorformulierten Ausbietungsgarantie in Höhe eines Betrags von EUR 1.500.000,– Abstand und schlossen am 2.12.2004 einen schriftlichen Kauf- und Abtretungsvertrag, in dem es auszugsweise wörtlich wie folgt heißt:

㤠1

Vertragsgegenstand

(1) Der WQ steht aus dem Darlehensvertrag […] eine Darlehensforderung über EUR 5.417.137,48 […] zu. Die Forderung ist besichert durch eine erstrangige Briefhypothek auf dem Grundstück A-Str. 10, 00000 L, […] i.H.v. EUR 5.417.137,48 […]. Diese Darlehensforderung […] valutiert zum 30.10.2004 noch mit EUR 5.417.137,48 […].

(2) […]

§ 2

Verkauf der Forderung

(1) Die WQ […] verkauft an die Käuferin (Anm.: die Klin.) die unter § 1 Absatz 1 angeführte Darlehensforderung.

(2) Die Kaufpreis beträgt EUR 1.500.000,– […].

§ 3

Abtretung der Forderung

(1) In Erfüllung des Kaufvertrages gem. § 2 dieses Vertrages tritt die WQ hiermit […] ihre Rechte aus dem in § 1 Abs. 1 dieses Vertrages genannten Darlehensvertrag an die Käuferin ab.

(2) Die Käuferin nimmt die Abtretung […] an.

§ 4

Abtretung der dinglichen Sicherheit

(1) Im Grundbuch […] ist für die Absicherung der Darlehensforderung […] eine Briefhypothek […] eingetragen.

(2) Die WQ übergibt nach Wegfall der aufschiebenden Bedingung gem. § 5 dieses Vertrages den in Absatz 1 dieses Paragraphen genannten Hypothekenbrief.

(3) […]

§ 5

Aufschiebende Bedingung

Die dinglichen Abtretungserklärungen gem. § 3 und § 4 dieses Vertrages werden erst mit Ablauf des Tages rechtswirksam, an dem der Kaufpreis […] auf das Konto der WQ […] eingeht.

[…]

§ 7

Pflichten der Käuferin

Rückabtretung der Forderung

(1) Die Käuferin verpflichtet sich nach Durchführung dieses Vertrages über die Darlehensforderung […] keine weiteren Verfügungen vorzunehmen und sie insbesondere nicht an einen Dritten abzutreten (Folgeabtretung).

(2) Die Käuferin verpflichtet sich, die gegen die HD Immobilien-Verwaltung KG verbleibende Restforderung nach Abschluss der dinglichen Verwertung der Immobilie zurück abzutreten. […]

(3) Die Käuferin verpflichtet sich ferner, keinerlei schuldrechtliche Vereinbarungen, insbesondere keine Restschuldvereinbarung hinsichtlich der Darlehensforderung mit der HD Immobilien-Verwaltung KG zu treffen oder Forderungsverzichte und Ähnliches zu erklären.

(4) Leistet die HD Immobilien-Verwaltung KG während des Zeitraums, in welchem die Käuferin Forderungsinhaberin ist, Zahlungen, verpflichtet sich die Käuferin diese im Rahmen der Rückabtretung der Restforderung […] herauszugeben. […]

(5) […]

(6) Verstößt die Käuferin gegen eine der vorgenannten Verpflichtungen und entsteht der WQ daraus ein wirtschaftlicher Schaden, verpflichtet sich die Käuferin, die WQ vollumfänglich freizustellen.

§ 8

Gewährleistung

(1) Für Güte und Einbringlichkeit der […] verkauften Forderung wird eine Gewährleistung ausgeschlossen. Ebenso haftet die...

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