Entscheidungsstichwort (Thema)

Begriff der "künstlerischen Darbietung" in § 50a Abs. 4 Nr. 1 EStG

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Auftritte von Tänzerinnen, die zur bloßen Unterhaltung des Publikums in Form einer optisch ansprechenden Leistung mit erotischem Reiz durchgeführt werden, sind nicht "künstlerisch". Solche Darbieten verfügen nicht über ein Mindestmaß an eigenschöpferischer Gestaltungshöhe, sondern können von nahezu jedermann erbracht werden, wenn sie sich auf das Entledigen von Kleidung beschränken.

2) Diese Auftritte sind auch keine "ähnlichen" sportlichen oder artistischen Tätigkeiten im Sinne von § 49 Abs. 1 Nr. 2d EStG.

 

Normenkette

EStDV § 73g; EStG § 49 Abs. 1 Nr. 2d, § 50a Abs. 4 Nr. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 17.10.2007; Aktenzeichen I R 81/06)

 

Tatbestand

I.

Streitig ist, ob die Klägerin für Steuerabzugsbeträge i.S.d. § 50a Abs. 4 Nr. 1 EStG haftet.

Die Klägerin – eine Anbieterin von sportlichem Autozubehör – wurde als XXX. Handels GmbH (im Folgenden: a GmbH) gegründet und mit notarieller Urkunde vom 10.06.1996 (UrkNr 11/1996 des Notars …) unter Verweis auf §§ 190213, 226237 UmwG in die XXX. Handels GmbH & Co KG (im Folgenden: b KG) formwechselnd umgewandelt. Die Eintragung der Umwandlung im Handelsregister erfolgte am 16.07.1996.

Während einer Lohnsteueraußenprüfung bei der Klägerin stellte der Prüfer fest, dass anlässlich von inländischen Veranstaltungen Honorarzahlungen an ausländische Tänzerinnen geleistet wurden, ohne dass ein Steuerabzug nach § 50 a EStG vorgenommen wurde. Der Beklagte nahm dies zum Anlass, die Klägerin unter Verweis auf § 50 a Abs. 4 Nr. 1, Abs. 5 EStG i.V.m. § 73 g EStDV in Anspruch zu nehmen und zwar mit Haftungsbescheid vom 18.11.1999 für das II. und IV. Quartal 1995 in Höhe von insgesamt 28.071,86 DM und mit Haftungsbescheid vom 14.07.2000 für das II. bis IV. Quartal 1996 in Höhe von insgesamt 41.931,25 DM. Die Bescheide wurden an die KG „als Gesamtrechtsnachfolgerin der GmbH” bekannt gegeben. Der Besteuerung zugrunde gelegt wurden – zum Teil im Schätzungswege – die Gage sowie Aufwendungen für Flug, Hotel und Verpflegung, die die Klägerin anlässlich der folgenden Veranstaltungen an verschiedene aus den USA stammende Tänzerinnen (sog. „American Girls”) geleistet hat:

Juni 1995

Bochum

New, Dowell, Butler, Lynn-Bryant

Nov/Dez 1995

Essen

Dorian, Jordan, Tweeden, Spangler

April 1996

Leipzig

Jordan, Hogel, Celli

Juni 1996

Bochum

Jordan, Kaye, Hogle

Juli 1996

Boxen

drei Tänzerinnen

Nov/Dez 1996

Essen

Mc Keown, Carroll, Parson

Bei den Veranstaltungen handelt es sich unter anderem um Messeauftritte „Motorshow” in Essen, „Automobil International” in Leipzig) sowie um die jährlich stattfindende, von der Klägerin veranstaltete hauseigene „…- Show” in m. Die von der Klägerin angeworbenen Tänzerinnen präsentierten sich auf einer Bühne, die wie ein erhöhter Laufsteg mit heller Beleuchtung angelegt war. Die Auftritte sahen so aus, dass jeweils eine Tänzerin den Laufsteg auf und ab ging und sich zur Musik bis auf einen Bikini oder Badeanzug auszog. Jede Tänzerin hatte pro Tag in der Regel vier Auftritte á 3 bis 5 Minuten. Die übrige Zeit hatten die Tänzerinnen zur freien Verfügung.

Den gegen die o.g. Haftungsbescheide eingelegten Einsprüchen half der Beklagte mit geändertem Haftungsbescheid vom 07.01.2000 betreffend das II. und IV. Quartal 1995 teilweise dahingehend ab, dass die Klägerin nur in Höhe von insgesamt 13.914,32 DM in Anspruch genommen wird.

Im Übrigen wies der Beklagte die Einsprüche als unbegründet zurück. Zudem änderte er im Rahmen der Einspruchsbescheidung die Adressierung des Bescheides vom 14.07.2000 durch Streichung des Rechtsnachfolgezusatzes dahingehend, dass die GmbH – vertreten durch die KG als Rechtsnachfolgerin – nur noch für das II. Quartal 1996 in Haftung genommen wurde. Für das III. und IV. Quartal 1996 wird nunmehr unmittelbar die KG in Anspruch genommen.

Zur Begründung seiner ablehnenden Entscheidung führte der Beklagte aus, dass die Auftritte der American Girls künstlerischen Darbietungen „ähnlich” seien i.S.d. § 50 a Abs. 4 Nr. 1 EStG. Es werde zwar nicht bestritten, dass den Darbietungen keine Choreografie zugrunde liege. Jedoch sei davon auszugehen, dass sie in einer Form präsentiert würden, der zumindest ein darauf ausgerichtetes planvolles Handeln zugrunde liege. Hierin sei eine eigenschöpferische Leistung zu sehen. Für eine künstlerische Gestaltungskraft spreche auch, dass die Shows ansonsten keine so große Popularität hätten. Auch wenn das künstlerische Niveau nicht unbedingt hoch sei, hätten die Shows einen eindeutigen und unverwechselbaren Charakter, der von Dritten nicht ohne weiteres nachgeahmt werden könne.

Mit ihrer Klage macht die Klägerin geltend, dass die American Girls keine Einkünfte i.S.d. § 49 Abs. 1 Nr. 2 d EStG erzielt hätten und mithin keine Abzugssteuer nach § 50 a Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG entstanden sei.

Die American Girls seien Teil eines gewerblichen Werbe- und Vertriebskonzepts ohne Anspruch auf ein künstlerisches Niveau. Sie, di...

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