Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Abzugsfähigkeit von Kosten für den Privatschulbesuch eines hochbegabten Kindes als außergewöhnliche Belastungen

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Aufwendungen für den Privatschulbesuch eines Kindes sind grundsätzlich nicht außergewöhnlich, auch wenn das Kind infolge Krankheit lernbehindert ist.

2. Aufwendungen für den Besuch einer Privatschule können nur dann als (unmittelbare) Krankheitskosten angesehen werden, wenn der Privatschulbesuch zum Zwecke der Heilbehandlung erfolgt und dort eine spezielle, unter der Aufsicht medizinisch geschulten Fachpersonals durchgeführte Heilbehandlung stattfindet.

3. Kosten, die für den Besuch einer (auswärtigen) Schule aus sozialen, psychologischen oder pädagogischen Gründen (hier: schulische Förderung des Kindes im Hinblick auf eine Hochbegabung) aufgewendet werden, erfüllen nicht den Tatbestand des § 33 EStG, wenn sie lediglich die sozialen Folgen einer Krankheit betreffen und nur ganz allgemein der Vorbeugung einer psychischen Belastung dienen.

 

Normenkette

EStG § 33 Abs. 2 S. 1, Abs. 1 S. 1, § 12 Nr. 1

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Berücksichtigung von Aufwendungen für den Besuch des staatlich anerkannten privaten Internatsgymnasiums U KG (U) und Aufwendungen für Heileurythmie als Krankheitskosten bei den außergewöhnlichen Belastungen (agB) i.S.d. § 33 Einkommensteuergesetz (EStG) bei der Einkommensteuer 2018 und 2019 (Streitjahre).

Die Kläger sind verheiratet und Eltern von drei Kindern, N, T und V.

Nach den Ausführungen der Kläger litt N vor ihrem Internatsbesuch an einer schweren und zunehmend psychisch-somatischen Erkrankung, in deren Rahmen sie multipel somatisch, psychotherapeutisch, kinder- und jugendpsychiatrisch untersucht und therapiert wurde; auf Anraten des Kinder- und Jugendpsychiaters wurde eine Intelligenztestung durchgeführt und hierbei eine explizite Hochbegabung festgestellt; auf Empfehlung des N behandelnden Therapeuten wurde schließlich Kontakt mit U aufgenommen.

Am 23.08.2018 wurde N ausweislich des Schreibens („Stellungnahme zur Notwendigkeit einer Beschulung im U”) des Amtsärztlichen Dienstes des Kreises … vom 24.08.2018 amtsärztlich untersucht. Die Amtsärztin traf dabei folgende Feststellungen: N hat eine besondere Lernbegabung, das Gesamtergebnis einer erfolgten IQ-Testung liegt im Bereich einer sehr hohen Intelligenz. Die außerordentlichen intellektuellen Fähigkeiten erhielten in der Schule keine entsprechende Förderung. Durch die ständige schulische Unterforderung traten behandlungsbedürftige psychosomatische Beschwerden auf, die sich innerhalb eines Jahres zu einem Besorgnis erregenden gesundheitlichen Gesamtzustand entwickelten. Diese Beschwerden stehen im direkten Zusammenhang zur besonderen Lernbegabung. Es ist daher dringend erforderlich, an eine Schule mit individuellen, an die Hochbegabung angepassten Fördermöglichkeiten zu wechseln. Dies stellt eine adäquate Behandlung der vorliegenden Beschwerden dar. U bietet mit dem speziellen Angebot eine hervorragende Lernumgebung und die Möglichkeit zur gesundheitlichen Stabilisierung. Daher ist der Besuch des U aus gesundheitlichen Gründen amtsärztlicherseits dringend zu befürworten.

Seit September 2018 besuchte N auf Grundlage des Schul- und Internatsvertrages vom 28.08.2018 das U. Ausweislich § 1 des Vertrages, auf den wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen wird, schuldete U folgende Leistungen: Unterricht in Klassen von höchstens zwölf Schülern in allgemeinbildenden Fächern des Gymnasiums (…), umfangreiches Freizeitprogramm (Projekte), Erziehung und Betreuung durch Internatsmentoren bzw. -lehrer, Unterbringung in modern ausgestatteten Zimmern (Einzel- oder Doppelzimmer), Verpflegung durch die Internatsküche, Bereitstellung der Sport- und Freizeitanlagen zur freien Nutzung im Rahmen der Schul- und Internatsordnung.

U ist ein staatlich anerkanntes Gymnasium mit Internat. Ausweislich des Internetauftritts von U würden die Schülerinnen und Schüler (SuS) in Klassen mit höchstens zwölf eine leistungsorientierte Förderung erhalten, nach nur zwölf Schuljahren ein Abitur auf hohem Niveau erwerben, Erfahrungen im Ausland sammeln, sich im Team engagieren und Freunde fürs Leben finden. Im Unterricht hätten die SuS und Lehrer mehr Zeit; es werde jeder Einzelne nicht nur gefordert, sondern auch ganz individuell gefördert. Auch hochbegabte SuS würden in U ihren Platz finden; sie könnten flexibel Klassen überspringen, sich in außerschulischen Projekten profilieren oder als Projektleiter mit den Mitschülern zusammenarbeiten; Workshops, Vorträge, wissenschaftliche Projekte würden zusätzliche Herausforderungen bieten. Interessierte SuS der Mittel- und Oberstufe hätten die Möglichkeit, an den Juniorstudiengängen der Universität …oder am Programm der Z-Schule in … teilzunehmen. Im Rahmen der „… Science Academy” laden Wissenschaftler ein, die bereits die Jüngsten für die Wissenschaft zu begeistern wüssten. Bei der Auswahl der Themen könnten die SuS mitbestimmen, welche Berei...

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