rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer 1984 und 1985

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden den Klägern auferlegt.

 

Gründe

Streitig ist, ob das Finanzamt (FA) berechtigt ist, im Verlauf eines Klageverfahrens einen Änderungsbescheid zu erlassen, mit dem wegen zwischenzeitlich aufgetretener verfassungsrechtlicher Zweifel an mehreren Regelungen des Einkommensteuergesetzes (EStG) die Einkommensteuer-Veranlagung (ESt-Veranlagung) vorläufig durchgeführt wird, sowie ob ein Kinderfreibetrag für die Streitjahre 1984 und 1985 in Höhe von jeweils 6.000,00 DM zu berücksichtigen ist.

Die Kläger (Kl.) werden als Eheleute zur ESt zusammenveranlagt. Hierbei ist ein Kind zu berücksichtigen. Der Kl. erzielte in den Streitjahren 1984 und 1985 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit und aus Kapitalvermögen (KV). Die Vorsorgeaufwendungen betrugen im Streitjahr 1984 14.504,00 DM und im Streitjahr 1985 13.172,00 DM. Wegen der Höchstbetragsberechnung in § 10 Abs. 3 EStG wirkten sich als Sonderausgaben im Streitjahr 1984 nur 8.148,00 DM und im Streitjahr 1985 nur 8.804,00 DM aus.

Ursprünglich hatten die Kl. wegen ESt 1984 unter dem Aktenzeichen (Az.) 11 K 604/87 E und wegen ESt 1985 unter dem Az. 11 K 3137/90 E Klage erhoben. Im Verfahren 11 K 604/87 E war die Frage streitig, ob die Arbeitnehmeranteile zur gesetzlichen Rentenversicherung – 1984: 5.773,00 DM – als vorweggenommene Werbungskosten (Wk) bei den späteren Einkünften aus wiederkehrenden Rentenbezügen gem. § 22 Nr. 1 EStG in voller Höhe abzugsfähig sind. Außerdem war streitig, ob die Höhe des Kinderfreibetrages von 432,00 DM gem. § 32 Abs. 8 EStG in der für das Streitjahr 1984 gültigen Fassung (vgl. Haushaltsbegleitgesetz 1983 vom 20.12.1982 – Bundessteuerblatt – BStBl. – I 1982, 972) verfassungsrechtlichen Anforderungen genügte und ob die Höhe des Grundfreibetrages in § 32 a EStG in der für das Streitjahr gültigen Fassung (vgl. Bekanntmachung vom 06.12.1981, BStBl. I 1981, 666) verfassungsgemäß war. Im Verfahren 11 K 3137/90 E war zunächst lediglich die Verfassungsmäßigkeit des Kinderfreibetrages und des Grundfreibetrages streitig, sowie ob die Einspruchsentscheidung (EE) aufzuheben war, soweit von ihr die Klin. betroffen war. Im Verlauf der genannten Verfahren hatte das FA mehrmals die ESt-Festsetzungen nach § 172 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Abgabenordnung (AO) geändert:

Mit den Bescheiden vom 05.11.1991 hatte es den Kinderfreibetrag für beide Streitjahre auf jeweils 2.432,00 DM erhöht. Diesen Betrag hatte der Gesetzgeber nach den Beschlüssen des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) zur Verfassungsmäßigkeit des Familienlastenausgleichs vom 29.05.1990 1 BvL 20/84, 1 BvL 26/84, 1 BvL 4/86 (BStBl. II 1990, 653) und vom 12.06.1990 1 BvL 72/86 (BStBl. II 1990, 664) in § 54 EStG nachträglich normiert (vgl. Steueränderungsgesetz 1991 – StÄndG 1991 – vom 24.06.1991, BStBl. I 1991, 665).

Mit den Änderungsbescheiden vom 06.12.1991 hatte das FA die ESt-Veranlagungen für beide Streitjahre hinsichtlich der Höhe des Grundfreibetrages vorläufig gem. § 165 Abs. 1 AO durchgeführt. Diese Bescheide hatten die Kl. mit ihren Anträgen vom 13.12.1991 gem. § 68 Finanzgerichtsordnung (FGO) zum Gegenstand der beiden anhängigen Verfahren erklärt.

Mit ihren Schriftsätzen vom 20.02.1992 hatten die Kl. in den beiden Verfahren erstmals geltend gemacht, daß die Einkünfte aus KV auf 0,00 DM herabzusetzen seien, und daß die gezahlten Vorsorgeaufwendungen in voller Höhe als Sonderausgaben zu berücksichtigen seien. Zur Begründung hatten sie sich auf zwei Verfassungsbeschwerden bezogen, in denen eine Benachteiligung steuerehrlicher Bürger wegen zu geringer Kontrolle der Besteuerung von Kapitaleinkünften geltend gemacht worden war, Az.: 2 BvR 1493/89 und 2 BvR 1494/89, sowie auf eine weitere Verfassungsbeschwerde, mit der die Höchstbetragsregelung für Vorsorgeaufwendungen u.a. für pflichtversicherte Arbeitnehmer als verfassungswidrig geltend gemacht wird, Az.: 1 BvR 1220/88. Außerdem hatten sie in beiden Verfahren beantragt, diese gemäß § 74 FGO auszusetzen, bis über die genannten Verfassungsbeschwerden entschieden worden sei. Das FA hatte daraufhin am 29.05.1992 die ESt-Festsetzungen beider Streitjahre erneut geändert und die Veranlagungen auch hinsichtlich der Höhe der abziehbaren Vorsorgeaufwendungen vorläufig gem. § 165 Abs. 1 AO durchgeführt.

Diese Änderungsbescheide machten die Kl. nicht gem. § 68 FGO zum Gegenstand der laufenden Verfahren 11 K 604/87 E bzw. 11 K 3137/90 E, sondern erhoben Einspruch. Am 22.07.1992 änderte das FA nochmals die ESt-Festsetzungen und erstreckte die Vorläufigkeit auch auf die Frage der außergewöhnlichen Belastungen. In der EE vom 20.10.1992 erweiterte das FA die Vorläufigkeit gem. § 165 Abs. 1 AO auf die Frage der Nichtabziehbarkeit privater Schuldzinsen. Im übrigen wies das FA die Einsprüche der Kl. als unbegründet zurück.

Hiergegen haben die Kl. Klage erhoben. Der Senat hat daraufhin die Verfahren 11 K 604/87 E wegen ESt 1984 und 11 K 3137/90 E, we...

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