Entscheidungsstichwort (Thema)

Voraussetzungen für die steuerliche Anerkennung von Treuhandverhältnissen beim Erwerb von Zwischenscheinen (vorläufige Bescheinigungen über den Aktienbesitz)

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Zwischenscheine sind geborene Orderpapiere, die wie Namensaktien zu behandeln sind. Die durch sie verbriefte Mitgliedschaft kann sowohl durch Indossament als auch durch Abtretungsvertrag übertragen werden.

2. Bei der Prüfung, ob ein Treuhandverhältnis tatsächlich gegeben ist, ist ein strenger Maßstab anzulegen. Wesentliche inhaltliche Kriterien sind die Weisungsgebundenheit des Treuhänders und dessen Verpflichtung zur jederzeitigen Rückgabe des Treuguts.

3. Die Feststellungslast für das Bestehen eines Treuhandverhältnisses trägt derjenige, der sich darauf beruft.

 

Normenkette

EStG § 17 Abs. 1; AO § 39 Abs. 2 Nr. 1 S. 2, § 159; BGB § 929

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 08.11.2017; Aktenzeichen IX R 35/15)

BFH (Urteil vom 11.12.2012; Aktenzeichen IX R 33/11)

BFH (Urteil vom 11.12.2012; Aktenzeichen IX R 33/11)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens tragen die Kläger.

 

Tatbestand

Streitig ist die Besteuerung eines Gewinns aus dem Verkauf von Anteilen an der J. Holding AG (J.).

I.

Die Kläger sind Ehegatten, die zunächst entsprechend den Angaben in ihrer 1998 für das Streitjahr eingereichten Einkommensteuererklärung mit Einkünften aus selbständiger Arbeit, Kapitalvermögen und Vermietung und Verpachtung veranlagt wurden. In der Einkommensteuererklärung wurden im Anhang zur Anlage KSO die zu versteuernden Einnahmen aus Aktien der J. mit 0 DM angegeben. Die Einkommensteuer 1996 wurde auf 15.286 DM festgesetzt. Die Festsetzung (Bescheid vom 4. August 1998) wurde bestandskräftig.

In der ersten Hälfte des Jahres 2001 ermittelte die Steuerfahndung gegen andere Aktionäre der J. und führte umfangreiche Durchsuchungsmaßnahmen durch. Am 13. August 2001 begann beim Kläger eine Fahndungsprüfung des Finanzamts für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung K. (Bericht vom 15. Oktober 2003). Der Prüfer stellte fest, dass der Kläger einer der Gründungsaktionäre der J. war und deren Vorstand ab 1993 angehörte. Das Stammkapital der Gesellschaft betrug bei Gründung 1 Mio. DM. Der Kläger war am Grundkapital zunächst mit 250.000 DM (25%) beteiligt. Die J. war nicht an der Börse notiert und hatte keine Aktien ausgegeben. Statt der Aktien wurden in unregelmäßigen Abständen jeweils Namenszwischenscheine erstellt, die die Mitgliedschaftsrechte auswiesen. Im Sommer 1994 erfolgte eine Kapitalerhöhung um 4 Mio. DM auf 5 Mio. DM (eingeteilt in 100.000 auf den Inhaber lautende Stammaktien zu je 50 DM, verbrieft durch Zwischenscheine), nach der der Kläger nur noch mit 1,2 Mio. DM (24.000 Aktien, 24%) an der J. beteiligt war. Nach der Kapitalerhöhung war die Familie B. mit insgesamt 35,5% an der Gesellschaft beteiligt, wovon 24% (24.000 Aktien, 1.200.000 DM) von M. B. und 11,5% (11.500 Aktien, Nennwert 575.000 DM) von dessen Schwester Ka. gehalten wurden. Letztere hatte das Aktienpaket von ihrem Vater Dr. Ma. B. übertragen bekommen, der zum Jahresende 1995 aus dem Aufsichtsrat der J. ausscheiden sollte. Die Beteiligungen waren in zwei Zwischenscheinen vom 30. September 1994 lautend auf M. B. bzw. Dr. Ma. B. verbrieft, die jeweils vom Kläger als Vorstand und Dr. Ma. B. als Aufsichtsratsvorsitzendem unterzeichnet waren. Der Zwischenschein für M. B. war diesem mit Schreiben des Klägers vom 16. Dezember 1994 übersandt worden und ging lt. handschriftlichem Vermerk am 27. Dezember 1994 bei ihm ein.

Mit Schreiben vom 22. Dezember 1995 wandte sich der Kläger an M. B. und bot an, das Aktienpaket der Familie B. für 55 DM pro Aktie käuflich zu erwerben. Dem Schreiben waren zwei im Wesentlichen gleichlautende, vom Kläger entworfene und unterzeichnete Kaufvertragsangebote für die jeweils von M. und Ka. B. gehaltenen Beteiligungen am Aktienkapital der J. beigefügt. Das Angebot wurde am 11. Januar 1996 von M. und am 8. Januar 1996 von Ka. B. angenommen. Nach den Bestimmungen des Vertrags war der Kaufpreis von 1.320.000 DM bzw. 632.500 DM mit Annahme des Angebots fällig. Der jeweilige Zwischenschein war im Gegenzug zu übergeben. Handschriftlich ergänzt wurde, dass der Bilanzgewinn 1995 einen Monat nach Feststellung des Jahresabschlusses, spätestens am 30. September 1996 anteilig zu vergüten sei.

Am 17. Januar 1996 wandte sich der Kläger mit einem Schreiben an die C-Bank und teilte mit, dass er als Vorstand der J. gemeinsam mit deren Aufsichtsräten Herrn B. und Dr. St. H. das Aktienpaket der Familie B. erworben habe. „Konkret” würden die Aktien jeweils von den Frauen erworben. Zur Abwicklung erhalte er von Frau R. (der Lebensgefährtin von Herrn B.) 646.250 DM und Frau Dr. St. H. 660.000 DM. Der Rest des Kaufpreises von 646.250 DM werde von ihm für seine Frau übernommen, weshalb er um Erhöhung seines Kreditrahmens bitte. Zur Erläuterung der Aktienverschiebung fügte er eine Tabelle bei, in der als neue Aktionäre lediglich die Klägerin und Frau R. m...

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