rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Durchbrechung der Bestandskraft im Zusammenhang mit der Aufhebung von Kindergeld

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die vorgelegte Bescheinigung des Ausbildungsbetriebs wurde erst nach Erlass des bestandskräftigen Bescheides ausgestellt. Sie kann daher nicht zu einer Änderung wegen eines nachträglich bekannt gewordenen Beweismittels führen.

2. Beweismittel können nur zu einer Aufhebung oder Änderung nach § 173 AO führen, wenn sie im Zeitpunkt des Erlasses des ursprünglichen Bescheids bereits vorhanden und der Behörde nur nicht bekannt waren (BFH, Urteil v. 25.2.2003, VIII R 98/01, DStRE 2003 S. 949).

3. Nachträglich entstandene Beweismittel fallen dagegen nicht unter § 173 AO und – anders als nachträglich entstandene Tatsachen – auch nicht unter § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO (vgl. Forchhammer, in Leopold/Madle/Rader, AO, § 173 Rz. 14).

 

Normenkette

AO § 173 Abs. 1 S. 1 Nr. 2

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

I.

Streitig ist, ob dem Kläger für den Zeitraum Januar 2011 bis Januar 2013 Kindergeld für seinen Sohn S, geboren am 4. Dezember 1988, zusteht.

Der Kläger erhielt für seinen Sohn laufend Kindergeld. Mit Schreiben vom 17. Januar 2013 teilte der Kläger mit, dass sich S seit September 2010 in einer Ausbildung zum Maurer befinde, das Ausbildungsverhältnis ende voraussichtlich im Februar 2013. Am 18. März 2013 teilte der Kläger mit, dass das Arbeitsverhältnis beendet worden sei, da S die Abschlussprüfung im Februar 2013 nicht bestanden habe. Zusammen mit einer Erklärung zu den Einkünften und Bezügen eines über 18 Jahre alten Kindes für das Kalenderjahr 2011 reichte der Kläger eine elektronische Lohnsteuerbescheinigung für das Jahr 2011 der Firma XYZ für S ein, aus dem sich ein Bruttoarbeitslohn von 13.316,39 EUR ergab.

Mit Schreiben vom 6. Juni 2013 forderte die Familienkasse erfolglos die Vorlage verschiedener Nachweise an, unter anderem eine Erklärung zu den Werbungskosten 2011 sowie einen Nachweis über das Ende der Berufsausbildung und eine Kopie der Verdienstbescheinigung des letzten Ausbildungsmonats. Mit Bescheid vom 26. Juni 2013, der mit der Versendeverfügung 27. Juni 2013 versehen war, hob die Familienkasse die Festsetzung des Kindergeldes für S gemäß § 70 Abs. 2 Einkommensteuergesetz (EStG) für den Zeitraum Januar 2011 bis einschließlich Januar 2013 auf.

Mit Schreiben vom 19. Dezember 2014, das am 30. Dezember 2014 bei der Familienkasse eingegangen ist, beantragte der Kläger eine Überprüfung aller bisherigen Bescheide und Kindergeldzahlungen ab dem 1. Dezember 2014 und einer Untersuchung über den Verbleib eingereichter Unterlagen. Er habe bereits mehrfach versucht, die Angelegenheit telefonisch zu klären und habe auch die angeforderten Nachweise eingereicht. Dem Schreiben beigefügt war eine Bestätigung der Firma XYZ vom 18. Dezember 2014 über die Ausbildung von S vom 1. September 2010 bis 31. Januar 2013 sowie ein Leistungsnachweis der Bundesagentur für Arbeit hinsichtlich des Bezugs von Arbeitslosengeld im Zeitraum 1. Januar 2010 bis 3. April 2010.

Die Familienkasse wertete das Schreiben des Klägers vom 19. Dezember 2014 als Antrag auf Kindergeld und lehnte diesen mit Bescheid vom 15. Januar 2015 ab. Der dagegen eingelegte Einspruch wurde mit Einspruchsentscheidung vom 23. April 2015 als unbegründet zurückgewiesen.

Mit der hiergegen eingelegten Klage vertieft der Kläger sein Vorbringen aus dem Einspruchsverfahren. Er habe die Schreiben der Familienkasse immer wahrheitsgemäß beantwortet, zudem habe seine Frau und seine Tochter mehrfach mit der Beklagten telefoniert. Ein grob fahrlässiges Verhalten liege nicht vor. Zu Unrecht habe die Familienkasse seinen Antrag vom 30. Dezember 2014 als Antrag auf Kindergeld gewertet, vielmehr habe er eine Überprüfung des gesamten Vorgangs beantragt. Für den streitigen Zeitraum habe ihm dem Grunde nach Kindergeld zugestanden.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

den Bescheid vom 26. Juni 2013, mit dem das Kindergeld für den Zeitraum Januar 2012 bis Januar 2013 aufgehoben worden ist, aufzuheben.

Die Familienkasse beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist sie auf die Einspruchsentscheidung.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Finanzamts-Akten sowie auf die im Verfahren gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet (§ 90 Absatz 2 der Finanzgerichtsordnung – FGO –).

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Klage ist unbegründet.

1. Der Kindergeldaufhebungsbescheid vom 26. Juni 2013 ist in formelle Bestandskraft erwachsen, da er wirksam bekannt gegeben wurde und gegen ihn kein Einspruch eingelegt worden ist. Wiedereinsetzungsgründe wurden weder vorgetragen noch sind sie ersichtlich.

Die Ablehnung der Kindergeldfestsetzung entfaltet daher Bindungswirkung für den Zeitraum Januar 2012 bis Januar 2013, da die Familienkasse insoweit nach sachlicher Prüfung das Bestehen eines Ki...

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