Entscheidungsstichwort (Thema)

Generelle Bindung des Einbringenden an den von der aufnehmenden Kapitalgesellschaft gewählten Wertansatz bei Einbringung einer Beteiligung an einer anderen Kapitalgesellschaft. Anwendung des Halbabzugsverbots bei Erzielung von Einnahmen bei einer Veräußerung nach § 17 EStG

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Bei Einbringung von Gesellschaftsanteilen in eine Kapitalgesellschaft gegen Gewährung von Anteilen an der aufnehmenden Gesellschaft ist der Einbringende an die Bezifferung des von der aufnehmenden Kapitalgesellschaft als Wert des eingebrachten Betriebsvermögens angesetzten Teilwerts auch dann gem. § 20 Abs. 4 Satz 1 UmwStG 1995 gebunden, wenn er zu einem Einspruchsverfahren der aufnehmenden Kapitalgesellschaft, in dessen Rahmen eine tatsächliche Verständigung über diese Bezifferung abgeschlossen wurde, nicht hinzugezogen worden ist.

2. Das nur der aufnehmenden Kapitalgesellschaft zustehende Wahlrecht nach § 20 Abs. 2 UmwStG ist ausgeübt, wenn für die aufnehmende Kapitalgesellschaft Steuererklärungen und eine den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung entsprechende Steuerbilanz beim Finanzamt eingereicht werden und vorbehaltlos erklärt wird, das Wahlrecht in bestimmter Weise ausüben zu wollen.

3. Die aufnehmende Kapitalgesellschaft kann später das Wahlrecht nicht anderweitig auszuüben und dementsprechend keine Bilanzänderung vornehmen. Eine Korrektur des von der aufnehmenden Kapitalgesellschaft angesetzten Wertes kann allenfalls im Wege einer Bilanzberichtigung vorgenommen werden, falls dieser Wert unzutreffend sein sollte und einer Korrektur die Bestimmungen der AO nicht entgegenstehen. Wird der von der aufnehmenden Kapitalgesellschaft angesetzte Teilwert der Höhe nach vom Finanzamt bestritten, stellt der Abschluss einer tatsächlichen Verständigung eine der entsprechenden Anpassung der Bilanz der aufnehmenden Kapitalgesellschaft bzw. ihrer Körperschaftsteuererklärung gleichwertige, da vergleichbar eindeutige und vorbehaltlose wertmäßige Bestimmung des gem. § 20 Abs. 2 UmwStG ausgeübten Wahlrechts dar.

4. Erwerbsaufwand im Zusammenhang mit Einkünften aus § 17 Abs. 1 EStG ist insgesamt nach § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG nur begrenzt abziehbar, wenn dem Steuerpflichtigen ein Veräußerungspreis zugeht. Der Auffassung, wonach bei einer zu einem Verlust führenden Veräußerung nach § 17 EStG das Halbabzugsverbot für die Erwerbsaufwendungen nur greifen soll, soweit die erzielten Einnahmen bei der Veräußerung den Verlust decken, im Übrigen jedoch ein vollumfänglicher Verlustabzug der Erwerbsaufwendungen zulässig sein soll, wird nicht gefolgt.

 

Normenkette

EStG 2001 § 17 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1, Abs. 4, § 3c Abs. 2 S. 1, § 3 Nr. 40 Buchst. c; UmwStG § 20 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 S. 1, Abs. 4 S. 1; AO § 360; GG Art. 2, 103 Abs. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 20.04.2011; Aktenzeichen I R 97/10)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Streitig ist die Höhe des Verlustes des Klägers aus der Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft im Streitjahr 2002.

Die Kläger sind verheiratet und wurden im Streitjahr 2002 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. In ihrer Einkommensteuererklärung für 2002 vom … erklärten die Kläger u.a. einen Verlust des Klägers aus Gewerbebetrieb in Höhe von … EUR aufgrund der Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft. Dem lag folgender Sachverhalt zu Grunde:

Im Jahr 1998 war der Kläger – jeweils neben … weiteren Gesellschaftern – an der … (A-AG), sowie an der … (B-AG), beteiligt. Die Gesellschafter der beiden genannten AG und ihre jeweilige Beteiligungshöhe waren jeweils identisch. Die Beteiligung des Klägers an den beiden AG belief sich jeweils auf …% des jeweiligen Grundkapitals, d.h. u.a. auf … Inhaberaktien an der B-AG im Nennbetrag von jeweils … DM bei einem Grundkapital in Höhe von … DM mit Anschaffungskosten in Höhe von … DM (vgl. Anlage der Kläger zur Einkommensteuererklärung für 2002, Einkommensteuerakte 2002…).

Die A-AG war bereits zum 31. Dezember 1998 buchmäßig überschuldet; ihr Jahresfehlbetrag 1998 belief sich auf rund … DM. Am … stellte sie Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens (vgl. hierzu Schreiben des Finanzamts …).

Am … 1998 fassten die Gesellschafter der B-AG auf einer außerordentlichen Hauptversammlung den Beschluss, deren Grundkapital gegen Sacheinlagen von … DM auf … DM durch die Ausgabe von … Inhaberaktien zum Ausgabebetrag von … DM je Aktie (Gesamtausgabebetrag: … DM) zu erhöhen (Beschluss). Die betreffenden Sacheinlagen sollten durch die Übertragung der Aktien an der A-AG erfolgen. Der Beschluss sah ausdrücklich vor, dass diese Einbringung der Aktien an der A-AG steuerlich zum Teilwert gemäß § 20 Umwandlungssteuergesetz in der im Jahr 1998 geltenden Fassung (UmwStG) in Höhe von … DM für alle Aktien erfolgen sollte.

Alle Aktionäre der B-AG zeichneten den ihrem Anteil am Grundkapital der B-AG entsprechenden Teil der neuen Aktien und erbrachten ihre jeweilige S...

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