Entscheidungsstichwort (Thema)

Kindergeld: Au-pair-Tätigkeit im Ausland als Berufsausbildung. Begleitender theoretisch-systematischer Sprachunterricht

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Eine Au-pair-Tätigkeit im Ausland kann wegen der damit verbundenen, allen Berufen förderlichen Sprachausbildung als Berufsausbildung angesehen werden. Voraussetzung hierfür ist, dass entweder ein Auslandssprachaufenthalt in der Ausbildungsordnung oder Studienordnung für den angestrebten Beruf vorgeschrieben oder empfohlen wird, oder der Aufenthalt von einem theoretisch-systematischen Sprachunterricht begleitet wird, der mit Rücksicht auf seinen Umfang den Schluss auf eine hinreichend gründliche (Sprach-)Ausbildung rechtfertigt.

2. Ein während des Au-pair-Aufenthalts im Ausland belegter Sprachkurs mit einem Umfang von weniger als 10 Wochenstunden ist kindergeldrechtlich nur dann relevant, wenn er zu einem Prüfungsabschluss führt, der international oder zumindest in dem Land, in dem das Kind eine Berufstätigkeit anstrebt, anerkannt ist.

 

Normenkette

EStG 2002 § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. a

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 15.03.2012; Aktenzeichen III R 58/08)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob dem Kläger Kindergeld für seine Tochter T (geboren am …1986) für die Zeit ab Juli 2006 zusteht.

T, die am ….2004 das 18. Lebensjahr vollendet hat, beendete ihre Schulausbildung am 30. Juni 2006. Von August 2006 bis 30. Juni 2007 arbeitete sie als Au-pair-Mädchen in Bulford in England. In der Kindergeldakte der Familienkasse, der Beklagten, befindet sich eine Bestätigung des Cricklade College in Andover vom 9. Oktober 2006, dass T einen ESOL Skills for Life Level 1 Kurs besuche, der am 11. September 2006 begonnen habe und am 30. Juni 2007 enden werde. Sie habe zweimal die Woche zwei Stunden Unterricht. Außerdem befindet sich in der Akte ein Formblatt „Bestätigung über Sprachunterricht und Taschengeldzahlung”, in dem ein wöchentliches Taschengeld von 55 GBP angegeben ist. Das Formular ist mit „A. A.” unterschrieben und mit dem Datum 11. Oktober 2006 versehen. Im Übrigen ist es nicht ausgefüllt.

Die Familienkasse hob mit Bescheid vom 26. Oktober 2006 die Festsetzung von Kindergeld für T ab Juli 2006 auf und forderte überzahltes Kindergeld für den Zeitraum Juli bis Oktober 2006 in Höhe von 616 EUR zurück, da sich T nicht mehr in Ausbildung befinde.

Zur Begründung des hiergegen am 10. November 2006 eingelegten Einspruchs trug der Kläger vor, T erwerbe in Großbritannien die notwendigen Sprachkenntnisse für die Fortsetzung ihrer weiteren Berufsausbildung. Sie wende wöchentlich rund 18 Stunden für die Sprachausbildung auf. Beigefügt war u.a. eine Bestätigung von Mrs. A., dass sie T zwei Stunden täglich in Englisch unterrichte. Der Einspruch wurde mit Einspruchsentscheidung vom 13. Februar 2007 als unbegründet zurückgewiesen.

Zur Begründung der hiergegen gerichteten Klage trägt der Kläger im Wesentlichen vor, dass T beabsichtige, Betriebswirtschaft zu studieren und Englischkenntnisse hierzu unentbehrlich seien. Sie habe vier Stunden wöchentlich Unterricht im College gehabt. Die einfache Anfahrt habe bereits eine Stunde in Anspruch genommen, weshalb häufigerer Unterricht nicht möglich gewesen sei. Außerdem habe T wöchentlich an zwei Stunden Virtual Learning Environment, die von einem Tutor beaufsichtigt worden seien, teilgenommen. Für Hausaufgaben habe sie weitere vier Stunden in der Woche aufwenden müssen. Hinzu käme, dass Mrs. A., die Mutter der Familie, in der T untergebracht gewesen sei, täglich zwei Stunden mit ihr Englisch geübt habe. Sie habe die Kurse mit Erfolg bestanden und einen Abschluss an der University of Cambridge abgelegt. Seit Oktober 2007 studiere sie an der Universität in Frankfurt/Oder.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid vom 26. Oktober 2006 und die Einspruchsentscheidung von 13. Februar 2007 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihm für seine Tochter T Kindergeld ab Juli 2006 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung führt sie aus, eine Berufsausbildung läge nicht vor, da der Aufenthalt im Ausland weder mit dem Besuch einer ausländischen Schule, College oder Hochschule verbunden, noch ein theoretisch-systematischer Sprachunterricht von wöchentlich mindestens 10 Unterrichtsstunden besucht worden sei. Der Zeitaufwand für die häusliche Vor- und Nacharbeit und die Wegstrecke seien nicht über das übliche Maß hinausgegangen. Auch habe der Kläger nicht die Notwendigkeit des Sprachkurses für das von T angestrebte Berufsziel belegt.

Die Beteiligten haben auf mündliche Verhandlung verzichtet.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet.

Die Aufhebung der Kindergeldfestsetzung und die Rückforderung des Kindergeldes durch die Familienkasse sind zu Recht erfolgt, da sich die Tochter des Klägers im Streitzeitraum nicht in Berufsausbildung befunden hat.

Ein Kind, das das 18., aber noch nicht das 27. Lebensjahr vollendet hat, wird nach §§ 62, 63 Abs. 1 Satz 2

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