rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Abgrenzung zwischen Änderungsantrag und Neuantrag im Kindergeldrecht

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Betrifft ein Kindergeldantrag einen Zeitraum, über den die Familienkasse bereits eine bestandskräftige Entscheidung getroffen hat, kommt nur ein Änderungsantrag in Betracht. Hat die Familienkasse auch einen entsprechenden Änderungsantrag bestandskräftig abgelehnt, fehlt für einen auf dieselben entscheidungserheblichen Gründe gestützten enrneuten Änderungsantrag ein Rechtsschutzbedürfnis.

2. Ein Neuantrag ist begrifflich nur für einen Zeitraum möglich, über den die Familienkasse bislang noch keine Entscheidung getroffen hat.

 

Normenkette

FGO § 47 Abs. 1 S. 1; AO § 122 Abs. 2 Nr. 1; EStG § 32 Abs: 4 S. 2

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

I.

Die Klägerin ist die Mutter des am … 02.1983 geborenen M. M befand sich bis Februar 2003 in einer Berufsausbildung zum Kommunikationselektroniker. Mit Bescheid vom 17.11.2004 hob die Beklagte (die Familienkasse –FK–) die Kindergeldfestsetzung wegen Überschreitung des Grenzbetrags für die Einkünfte und Bezüge des Kindes für den Zeitraum Januar bis Dezember 2002 auf und forderte das für diesen Zeitraum bereits ausgezahlte Kindergeld in Höhe von 1.848 EUR von der Klägerin zurück.

Mit Schreiben vom 22.05.2005 wies der Ehemann der Klin im Auftrag der Klägerin auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Berücksichtigung von Sozialversicherungsbeiträgen bei der Berechnung der Einkünfte/Bezüge des Kindes hin und begehrte die Rückzahlung des von der Klin für 2002 bereits erstatteten Betrages in Höhe von 1.540 EUR.

Mit Bescheid vom 01.06.2005 lehnte die FK eine Änderung des Aufhebungs- und Rückforderungsbescheides vom 17.11.2004 wegen dessen Bestandskraft ab. Die Rechtsprechung des BVerfG sei nur auf „offene Kindergeldfälle/-anträge” anzuwenden. Hiergegen erhob die Klägerin mit bei der FK am 08.07.2005 eingegangenem Schreiben Einspruch. Mit Schreiben vom 31.07.2005 beantragte die Klin eine Neuberechnung des Kindergeldes für das Jahr 2002. Die Angelegenheit sei durch diesen nochmals gestellten Antrag wieder „offen”. Den Einspruch vom 08.07.2005 wies die FK mit Einspruchsentscheidung vom 28.10.2005 wegen Versäumung der Einspruchsfrist als unzulässig zurück.

Mit Schreiben vom 03.03.2007 teilte die Klin mit, dass sie trotz mehrfacher Anträge keine Antwort hinsichtlich der für 2002 begehrten Kindergeldnachzahlung erhalten habe. Die FK versandte daraufhin mit Schreiben vom 12.03.2007 Kopien des Aufhebungsbescheids vom 17.11.2004, des Ablehnungsbescheids vom 01.06.2005 und der Einspruchsentscheidung vom 28.10.2005.

Zur Begründung der vorliegenden Klage trägt die Klin vor, dass über ihren Antrag auf Festsetzung des Kindergeldes für 2002 nach wie vor nicht entschieden worden sei. Aufgrund der Rechtsprechung des BVerfG stehe der Klägerin das Kindergeld zu.

Die Klin beantragt,

die FK zu verurteilen, an die Klägerin für ihren Sohn M, das Kindergeld in Höhe von monatlich 154 EUR für das Kalenderjahr 2002 nebst Zinsen zu zahlen.

Die FK beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist sie im Wesentlichen darauf, dass die Klage wegen Versäumung der Klagefrist unzulässig sei.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf … Bezug genommen.

Der Senat hat den Rechtsstreit mit Beschluss vom 15.09.2008 dem Einzelrichter zur Entscheidung übertragen (§ 6 Finanzgerichtsordnung – FGO –). Mit Einverständnis der Beteiligten entscheidet das Gericht ohne mündliche Verhandlung (§ 90 Abs. 2 FGO).

 

Entscheidungsgründe

II.

1. Die Klage ist – soweit sie gegen den Ablehnungsbescheid vom 01.06.2005 gerichtet ist – wegen Versäumung der Klagefrist unzulässig.

Gemäß § 47 Abs. 1 S. 1 FGO beträgt die Frist für die Erhebung der Anfechtungsklage einen Monat; sie beginnt mit der Bekanntgabe der Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf. Die Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung gemäß § 366 Abgabenordnung (AO) bestimmt sich nach § 122 AO. Gemäß § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO gilt ein schriftlicher Verwaltungsakt, der durch die Post übermittelt wird, bei einer Übermittlung im Geltungsbereich der AO am dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gegeben, außer wenn er nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist.

Wird der Zugang eines Bescheids bzw. einer Einspruchsentscheidung – wie im vorliegenden Fall –bestritten, ist im Wege der freien Beweiswürdigung aufgrund der vorliegenden Indizien, insbesondere des der Versendung nachfolgenden Verhaltens des Adressaten, zu prüfen, ob ein Zugang festgestellt werden kann (s. etwa Urteil des Bundesfinanzhofs – BFH – vom 31.05.2005 I R 103/04, BFHE 209, 416, BStBl II 2005, 623).

Im vorliegenden Fall steht aufgrund der vorliegenden Indizien zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die Klägerin sowohl den Ablehnungsbescheid vom 01.06.2005 als auch die Einspruchsentscheidung vom 28.10.2005 erhalten hat.

Der Erhalt des Ablehnungsbescheids folgt zum einen aus der Einlegung des E...

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