rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Berechtigtes Feststellungsinteresse bei Erledigung einer Arrestanordnung vor Klageerhebung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Hat sich ein Verwaltungsakt vor Ergehen der finanzgerichtlichen Entscheidung erledigt, spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der Feststellung hat. Dies gilt auch bei einer Erledigung vor Klageerhebung.

2. Die Frage, ob eine zur Sicherung von Steueransprüchen ausgesprochene Arrestanordnung von Anfang an rechtswidrig war und einen Schadensersatzanspruch nach sich zieht, ist nicht vom Ausgang des noch offenen Rechtsbehelfsverfahrens gegen den Steuerbescheid abhängig. Das auf die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Arrestanordnung gerichtete Verfahren ist daher nicht bis zur Entscheidung über den Einspruch auszusetzen.

3. Ein Arrestgrund ist gegeben, wenn das Finanzamt nach den im Rahmen einer Außenprüfung getroffenen Feststellungen davon ausgehen durfte, dass die zur Begleichung von Steuerschulden vorhandenen liquiden Mittel auf ausländische Konten transferiert und so dem Zugriff des Finanzamts entzogen werden sollten.

 

Normenkette

FGO § 100 Abs. 1 S. 4, § 74; AO § 324 Abs. 1

 

Tenor

1. Der Antrag auf Aussetzung des Verfahrens wird abgelehnt.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

Streitig ist die Rechtmäßigkeit einer Arrestanordnung.

Der Beklagte (das Finanzamt) ordnete mit Verwaltungsakt vom 2. November 2006 den dinglichen Arrest in das Vermögen der Klägerin zur Sicherung der Vollstreckung von Körperschaftsteueransprüchen nebst Zinsen und Solidaritätszuschlag für den Zeitraum 1994 bis 2003 für einen Betrag bis zu 3.689.299,41 EUR an.

Der Beklagte begründete die Arrestverfügung damit, dass u.a. nach den Feststellungen des Prüfers für Auslandssachverhalte beim Bayerischen Landesamt für Steuern sowie der Steuerfahndungsstelle festgestellt worden sei, dass die Klägerin in den Jahren 1995 bis 2003 durch überhöhte Verrechnungspreise Gewinne auf ihre Schwesterfirma H-Ltd. verlagert habe. Dadurch seien steuerlich verdeckte Gewinnausschüttungen vorgenommen worden, die zu Steuerforderungen gegenüber der Klägerin für die Jahre 1994 bis 2003 in Höhe von rund 3,7 Mio EUR geführt haben. Der Arrestgrund ergebe sich daraus, dass der beherrschende Gesellschafter der Klägerin, Herr X, planmäßig und zielgerichtet Gewinne der Klägerin in das Niedrigsteuerland … verlagert habe. Durch eine Reihe von Rechtshandlungen habe er versucht, seine gesellschaftsrechtliche Stellung in der Ltd. zu verschleiern. Es sei zu erwarten, dass Herr X sein steuerunehrliches Verhalten fortsetzen und damit die Realisierung der zu erwartenden Steuerforderungen vereiteln oder zumindest erheblich erschweren werde. Es sei bekannt geworden, dass Herr X derzeit eine Veränderung seiner Geschäftspolitik betreibe und Verhandlungen dahingehend führe, die bestehenden Lieferverträge vor allem mit europäischen Großkunden der Klägerin zu entziehen. Wichtige Kundenverträge sollten im Rahmen einer beabsichtigten Neustrukturierung auf … Niederlassungen im Ausland umgeschrieben werden. Außerdem habe Herr X den Geschäftsführer der Klägerin mehrfach angewiesen, Konstruktionspläne ohne Gegenleistung anderen ihm gehörenden Unternehmen zu überlassen. Dadurch werde der Klägerin die Geschäftsgrundlage entzogen und die Vermögenslosigkeit bewusst herbeigeführt. Auch sei dem Finanzamt bekannt geworden, dass Zahlungsziele der Klägerin gegenüber der Ltd. auf Anordnung von Herrn X erheblich verkürzt oder aufgehoben und dadurch die Zahlungsunfähigkeit der Klägerin herbeigeführt werden sollte. Da die vorgetragenen Tatsachen zu der Besorgnis berechtigten, dass die Klägerin bestrebt sei, sich ihren steuerlichen Verpflichtungen zu entziehen, sei die Anordnung des dinglichen Arrests gerechtfertigt.

Nach Erlass der Arrestanordnung hat das Finanzamt sämtliche Konten der Klägerin bei der Sparkasse … und bei der X-Bank gepfändet.

Die geänderten Körperschaftsteuerbescheide 1994 bis 2003, die Grundlage der Arrestansprüche waren, sind mit Datum vom 6. Oktober 2006 erlassen worden, die Mehrsteuern wurden zum 9. November 2006 fällig. Nach Eintritt der Vollstreckbarkeit der Bescheide am 9. November 2006 hat das Finanzamt das Arrestverfahren in das Beitreibungsverfahren übergeleitet. Gegen die Änderungsbescheide vom 6. Oktober 2006 hatte die Klägerin am 6. November 2006 Einspruch eingelegt und Antrag auf Aussetzung der Vollziehung gestellt. Den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung lehnte das Finanzamt am 10. November 2006 ab. Über die Einsprüche der Klägerin gegen die Körperschaftsteuerbescheide 1994 bis 2003 hat das Finanzamt bisher noch nicht entschieden.

Die Klägerin begehrt mit der Klage die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Arrestanordnung. Das Feststellungsinteresse ergebe sich daraus, dass durch die sofortige Vollziehung des Arrests und die damit einhergehende Pfändung der Ge...

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