Entscheidungsstichwort (Thema)

Örtliche Zuständigkeit für Erlass des Haftungsbescheids nach § 50 a Abs. 5 Satz 5 EStG gegenüber ausländischen Vergütungsschuldner. Inlandsbezug des ausländischen Vergütungsschuldners der zweiten Stufe durch gesellschaftsrechtliche Verflechtung. Haftungsbescheid nach § 50 a Abs. 5 S EStG gegenüber ausländischen Vergütungsschuldner.

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Für den Erlass eines Haftungsbescheids nach § 50 a Abs. 5 Satz 5 EStG ist das für die Besteuerung des ausländischen Vergütungsschuldners vom Einkommen zuständige Finanzamt örtlich zuständig.

2. Ist der ausländische Vergütungsschuldner der zweiten Stufe gesellschaftsrechtlich mit dem inländischen Vergütungsschuldner der ersten Stufe verflochten, ist die Annahme des für die Haftungsinanspruchnahme nach § 50 a Abs. 5 Satz 5 EStG erforderlichen Inlandsbezugs nicht zweifelhaft.

3. Bemessung der Haftung im mehrstufigen Steuerabzugsverfahren nach den Nettovergütungen.

 

Normenkette

EStG § 50a Abs. 5 S. 5, § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. d; EStDV § 73e; AO 1977 § 20 Abs. 4; FGO § 69 Abs. 2 S. 2, Abs. 3 S. 1

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 17.05.2005; Aktenzeichen I B 108/04)

BFH (Beschluss vom 17.05.2005; Aktenzeichen I B 108/04)

 

Tenor

1. Die Vollziehung des Haftungsbescheides vom 30. August 2002 wird für die Dauer des Einspruchsverfahrens i.H. von 896.522,18 EUR ausgesetzt.

Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.

2 Die Kosten des Verfahrens tragen die Antragstellern zu 5/11, der Antragsgegner zu 6/11.

3 Die Beschwerde zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Die Antragstellern ist in S./Österreich ansässig. Von dort aus betreibt sie in der Rechtsform einer GesmbH eine Konzertdirektion, die seit Jahren Gastspielreisen ausländischer Künstler in der Bundesrepublik veranstaltet. In ihre Rechtsbeziehungen zu den inländischen Veranstaltern (Kulturämter, -vereinigungen) schaltete sie seit Herbst 2000 eine in B. gegründete GmbH (G.) ein. Bezüglich der näheren Umstände der Gründung und der Einschaltung der G. und deren Inanspruchnahme als Vergütungsschuldnerin der ersten Stufe mit der Antragstellerin als Vergütungsgläubiger der ersten Stufe wird auf den gleichzeitig ergangenen Aussetzungsbeschluss unter dem Az. 1 V 2704/03 Bezug genommen.

Der Antragsgegner (das Finanzamt) nahm gleichzeitig die Antragstellerin als Vergütungsschuldner der zweiten Stufe (im Verhältnis zu den auftretenden Künstlern, – Ensembles als Vergütungsgläubigem der zweiten Stufe) durch Haftungsbescheid vom 30. August 2002 gern § 50 a Abs. 5 Satz 5 Einkommensteuergesetz (EStG) in Haftung. Die Haftungsschuld wurde für die Anmeldungszeiträume III/2000 bis III/2001 auf insgesamt 1.639.620,81 EUR festgesetzt.

Mit ihrem Einspruch und der gleichzeitig beantragten Aussetzung der Vollziehung (AdV) macht die Antragstellerin geltend, als ausländischer Vergütungsschuldner könne sie nicht für im Ausland gezahlte Vergütungen in Anspruch genommen werden Durch das bloße Veranstalten eines Konzerts im Inland habe sie auch keine „Einrichtung” im Inland unterhalten, durch die die Vorschriften über den Steuerabzug vollzogen werden konnten Hierzu werde auch auf ein beim Bundesfinanzhof (BFH) anhängiges Revisionsverfahren (Az I R 46/02) hingewiesen.

Mit Verfugung vom 13. November 2002 lehnte das Finanzamt den Antrag auf AdV ab. In ihrem hiergegen eingelegten Einspruch wiederholt die Antragstellerin im Wesentlichen die im Verfahren 1 V 2704/03 vorgebrachte Begründung. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird hierauf Bezug genommen.

In seiner Einspruchsentscheidung betreffend die Ablehnung der AdV vom 12. Februar 2003 setzte das Finanzamt einen Betrag von 4.982,76 EUR (Ertragsteuern 4.723 EUR, Solidaritätszuschlag 259,76 EUR) von der Vollziehung aus (Abzugsteuer auf Vergütungen, die im Zusammenhang mit einem Auftritt des Theaters … für Veranstaltungen am 10 und 24 Januar 2001 bezahlt wurden) Im Übrigen blieb der Einspruch erfolglos.

In ihrem gerichtlichen Aussetzungsantrag rügt die Antragstellerin die sachliche und örtliche Zuständigkeit des Finanzamts Nach dem BMF-Schreiben vom 23. Januar 1996, IV B 4-S 2303-14/96, Bundessteuerblatt (BStBl) I 1996, 89 wären die für den Ort des Beginns der jeweiligen Tournee zuständigen Finanzämter sachlich und örtlich für den Erlass entsprechender Haftungsbescheide zuständig gewesen. Die fehlende sachliche Zuständigkeit intendiere automatisch die Rechtswidrigkeit. Die fehlende örtliche Zuständigkeit könne über § 127 Abgabenordnung (AO) nicht geheilt werden, da es sich beim Erlass eines Haftungsbescheides um eine Ermessensentscheidung handele Materiell beruft sich die Antragstellerin im Wesentlichen auf ihr bisheriges Vorbringen, wonach sie zum einen als ausländischer Vergütungsschuldner nicht zum Steuerabzug verpflichtet sei und zum anderen eine Bruttoquellenbesteuerung europarechtswidrig sei Dies sei über Artikel 3 Grundgesetz (GG) auch bei Künstlern, die sich nicht auf den Europarechtsvertrag berufen konnten, zu beachten.

Darüber hinaus werde durch den gegen G. ergangenen Ha...

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