Entscheidungsstichwort (Thema)

Ermittlung des Erstattungsbetrages nach § 74 Abs. 3 (früher: § 74 Abs. 5) EStG

 

Leitsatz (redaktionell)

Der Erstattungsanspruch nach § 74 Abs. 5 EStG i.V.m. § 102 ff. SGB X ermittelt sich in entsprechender Anwendung der §§ 74 Abs. 1 S. 2, 76 S. 3 Nr. 1 S. 1 EStG.

 

Normenkette

EStG § 74 Abs. 1, 1 S. 2, § 76 Sätze 3, 3 Nrn. 1, 1 S. 1

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist die Rechtmäßigkeit einer Verfügung streitig, mit dem die Auszahlung von Kindergeld an einen Sozialleistungsträger abgezweigt wurde.

Der Kläger bezog aufgrund Kindergeldfestsetzung vom 02.10.1997 Kindergeld für seinen nichtehelichen Sohn A (geboren am 04.06.1979), seinen Stiefsohn B (geboren 13.05.1983) und seine eheliche Tochter C (geboren 19.03.1997). Die Kindergeldfestsetzung war in bezug auf A befristet bis Juli 1998. Mit Verfügung vom 19.08.1998 hob der Beklagte zusätzlich die Bewilligung des Kindergeldes ab September 1998 im Hinblick auf den Sohn A auf, da dieser der Arbeitsvermittlung seit dem 27.06.1998 nicht mehr zur Verfügung stehe.

Mit Schriftsatz vom 19.08.1997 hatte das Jugendamt der Stadt X die Erstattung des Kindergeldes für den Sohn A beantragt, da dieser in einer Einrichtung auf Kosten der Stadt X untergebracht sei. A war zu diesem Zeitpunkt Schüler einer Berufsfachschule für Kinderpflege. Mit Bescheid vom selben Tag hatte das Jugendamt gegenüber dem Kläger den Einsatz des Kindergeldanteils verlangt.

Der Beklagte erließ deshalb neben der Kindergeldfestsetzung am 02.10.1997 einen weiteren Bescheid gegenüber dem Kläger über die Auszahlung des Kindergeldes ab August 1997. Aufgrund der Kindergeldfestsetzung errechnete er einen Gesamtanspruch des Klägers auf Kindergeld i.H.v. monatlich 740,– DM. Diesen Betrag drittelte er, so daß auf A ein anteiliges Kindergeld i.H.v. 246,66 DM entfiel. Der Beklagte verfügte, daß das anteilige Kindergeld i.H.v. 247,– DM an das Jugendamt der Stadt X gezahlt werde.

Gegen diesen Bescheid über die Auszahlung des Kindergeldes legte der Kläger rechtzeitig Einspruch ein. Zur Begründung trug er vor, daß für A nur ein Kindergeldanspruch i. H. v. 220,– DM bestehe. Der Sozialleistungsträger könne daher nur von diesem Betrag einen Anteil für sich beanspruchen. Der errechnete Anteil von 246,66 DM übersteige mithin bereits den für A bestehenden Kindergeldanspruch um 26,66 DM.

Der Beklagte wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 11.03.1999 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er im wesentlichen aus:

Rechtsgrundlage für die Entscheidung sei § 74 Abs. 1 Satz 4 EStG. Die Stadt X gewähre dem Sohn des Klägers Jugendhilfe. Die Kosten für die Unterbringung in der Einrichtung i.H.v. 7.200,– DM im Monat würden von der Stadt X getragen. Die Höhe der Abzweigung richte sich nach § 74 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 76 Satz 2 Nr. 1 EStG. Danach sei der abzuzweigende Anteil für ein Zählkind der Betrag, der sich bei gleichmäßiger Verteilung des Kindergeldes auf alle Kinder ergebe.

Mit der Klage trägt der Kläger vor:

Es könne nicht Sinn des Kindergeldes sein, wenn mit dem Übergang des Anspruchs von der Mutter auf ihn nicht nur der gesamte Kindergeldanspruch auf das Jugendamt übergehe, sondern er darüberhinaus noch 26,66 DM zuzahlen müsse. Ein solches Ergebnis halte schon einer oberflächlichen Plausibilitätskontrolle nicht stand. Im übrigen werde bestritten, daß er seiner Unterhaltsverpflichtung nicht nachgekommen sei. Er habe entsprechend seiner Leistungsfähigkeit Unterhalt gezahlt. Die Voraussetzung für die Abzweigung habe demnach nicht vorgelegen. Letztendlich widerspreche die Abzweigung des Kindergelds der Rechtsnatur von staatlichen Leistungen zur Entlastung von Familien mit Kindern. Mit der Abzweigung des Betrages an das Jugendamt sei faktisch auch das Kindergeld für seine im Haushalt mit ihm lebenden Kinder gekürzt worden.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

den Bescheid über die Auszahlung des anteiligen Kindergeldes vom 02.10.1997 und die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung vom 11.03.1999 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er stützt seine Verfügung nunmehr auf § 74 Abs. 5 EStG und führt hierzu aus:

Gemäß dieser Vorschrift gelten für Erstattungsansprüche der Träger von Sozialleistungen gegen die Familienkasse die §§ 102 ff. SGB X. Ein Erstattungsanspruch ergebe sich vorliegend aus § 104 Abs. 1 Satz 4 SGB X. Im vorliegenden Fall habe das Jugendamt der Stadt X der Familienkasse mit Schreiben vom 19.08.1997 angezeigt, daß es die Erstattung des Kindergeldes beanspruche. Der Einsatz des Kindergeldes sei vom Berechtigten mit Kostenfestsetzungsbescheid vom gleichen Tag gefordert worden. Er – der Beklagte – habe deshalb davon ausgehen können, daß die Voraussetzungen des § 74 Abs. 5 EStG i.V.m. § 104 Abs. 1 Satz 4 SGB X für einen Erstattungsanspruch in Höhe des anteiligen Kindergeldes vorliegen.

Sofern der Kläger geltend mache, der monatliche Auszahlungsbetrag habe nicht ein Drittel des Gesamtkindergeldes betragen dürfen, könne er damit nicht durchdringen. Zwar gebe es keine ausdrückli...

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