Entscheidungsstichwort (Thema)

Verzinsung erstatteter Lohnsteuer-Nachforderungsbeträge

 

Leitsatz (redaktionell)

Lohnsteuerbeträge, die nach Aufhebung eines Nachforderungsbescheides i.S.v. § 42d Abs. 3 EStG erstattet werden, unterliegen als Vorauszahlungen i.S.v. § 233a Abs. 1 Satz 2 AO nicht der Verzinsung.

 

Normenkette

EStG § 42d Abs. 3; AO § 233a Abs. 1 S. 2

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 17.11.2010; Aktenzeichen I R 68/10)

BFH (Urteil vom 17.11.2010; Aktenzeichen I R 68/10)

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist die Verzinsung nachgeforderter Lohnsteuer streitig, die dem Kläger erstattet wurde.

Der Kläger war als leitender Angestellter einer inländischen Versicherungsgesellschaft tätig. Seit Mitte 2001 übte er diese Tätigkeit in … aus und hatte dort seinen Wohnsitz. Aus im Jahr 1997 zugesagten Aktienoptionen flossen ihm im Jahr 2002 geldwerte Vorteile zu. Der Arbeitgeber wandte hierfür im Rahmen des Lohnsteuerabzugs § 34 i. V. m. § 39b Abs. 3 Satz 9 EStG an. Diese Begünstigung wurde bei einer beim Arbeitgeber durchgeführten Lohnsteuer-Außenprüfung versagt. Mit Nachforderungsbescheid vom … 2004 setzte der Beklagte unmittelbar gegenüber dem Kläger Lohnsteuer in Höhe von 37.804 EUR fest. Der Kläger zahlte diesen Betrag am … 2004. Nach erfolglosem Einspruchsverfahren (Einspruchsentscheidung vom … 2006) erhob er Klage beim Finanzgericht Köln. Während dieses Klageverfahrens änderte der Gesetzgeber § 50 Abs. 1 Satz 3 EStG, so dass auch beschränkt Steuerpflichtige die Vergünstigungen des § 34 EStG erhalten. Daraufhin hob der Beklagte den Nachforderungsbescheid vom … 2004 mit Schreiben vom …2008 auf und erstattete den nachgeforderten Betrag.

Mit Schreiben vom … 2008 beantragte der Kläger u.a. die Festsetzung von Erstattungszinsen gemäß § 233a AO. Diesen Antrag lehnte der Beklagte mit Bescheid vom … 2008 ab.

Den gegen diese Entscheidung gerichteten Einspruch des Klägers vom 2008 wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom … 2009 zurück. Die Lohnsteuer sei eine Abzugssteuer, § 38 Abs. 1 S. 1 EStG. Schuldner sei nach § 38 Abs. 2 Satz 1 EStG der Arbeitnehmer, der gemäß § 42d EStG in Anspruch genommen werden könne (Nachforderung). Gemäß AEAO zu § 233a EStG, Tz. 2, fände bei der Nachforderung von Abzugssteuern keine Verzinsung nach § 233a AO statt. Die Aufzählung der zu verzinsenden Steuern in Absatz 1 sei abschließend, auf andere als dort genannte Steuern sei § 233a AO nicht anwendbar. Zu einer lückenlosen Verzinsung jeglicher Erstattungsansprüche sei der Gesetzgeber nicht verpflichtet (BFH vom 26.04.2006, I R 122/04). Es gebe keinen allgemeinen Rechtsgrundsatz, der den Staat zur Verzinsung rückständiger Leistungen verpflichte (BFH vom 20.04.2006, III R 64/04). Ob die Nachforderung zu Recht oder Unrecht festgesetzt worden sei, sei unbeachtlich. Schließlich handele es sich bei der Lohnsteuer-Nachforderung nicht um eine Einkommensteuerveranlagung i.S.v. § 233a Abs. 1 Satz 1 AO und § 25 EStG. Eine Veranlagung werde gemäß § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG auf Antrag durchgeführt, worauf der Kläger mit dem Nachforderungsbescheid hingewiesen worden sei. Einen solchen Antrag habe der Kläger nicht gestellt.

Mit der am … 2009 erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Nach dem Sinn und Zweck des § 233a AO sei dieser auf die Erstattung der Lohnsteuernachforderung anzuwenden und Zinsen entsprechend festzusetzen. Sinn der Ausnahme der Steuerabzugsbeträge nach Absatz 1 Satz 2 von der Verzinsung sei, dass deren Einbeziehung die Berechnung der Zinsen erheblich erschweren würde und dass wegen der Karenzfrist von fünfzehn Monaten die Verzinsung in der Regel ins Leere laufen würde (vgl. hierzu bereits BT-Drucksache 11/2157, Begründung S. 195). Aufgrund der Abzugssituation stelle sich auch allgemein die Frage, ob dem Arbeitgeber oder dem Arbeitnehmer der Zinsanspruch endgültig zustehe. Der tragende Rechtsgrund für diese Ausnahme sei daher der tatsächliche Abzug beim Arbeitgeber. Für eine Anwendung auf Festsetzungen außerhalb des Lohnsteuerabzugsverfahrens, etwa durch Nachforderungsbescheid, bestünde kein Grund. Soweit in der Gesetzesbegründung (BT-Drucksache 11/2157) die Aussage enthalten sei, auch Nachforderungen gegenüber dem Steuerschuldner würden nicht verzinst, sei es zweifelhaft, ob im Rahmen der Gesetzesdiskussion ausreichend nachgedacht worden sei. Eine solche Nachforderung habe den Charakter jeder anderen Veranlagungssteuer, so dass der gesetzgeberische „Telos” nicht greife. Diese Ausführungen seien lediglich insoweit sinnvoll zu interpretieren, als keine verzinsliche Nacherhebung beim Steuerschuldner stattfinden solle, weil der abführungspflichtige Arbeitgeber die zu geringe Lohnsteuer zu vertreten habe. Der Wortlaut von § 233a Abs. 1 Satz 2 AO sei ebenfalls nicht einschlägig. Es handele sich bei einer Nachforderung nicht um einen Steuerabzugsbetrag, weil die Lohnsteuer nicht mehr von bereits ausgezahltem Lohn abgezogen werde. Auch der Beklagte spreche von der „Nachforderung von Lohnsteuer…”. Eine Vorauszahlung liege zweifelsfrei ...

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