Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtmäßigkeit von Vermögensteuerbescheiden trotz etwaiger Verletzung des Halbteilungsgrundsatzes

 

Leitsatz (redaktionell)

Eine etwaige Verletzung des Halbteilungsgrundsatzes hat nicht die Rechtswidrigkeit von Vermögensteuerbescheiden für Veranlagungszeiträume vor dem 01.01.1997 zur Folge.

 

Normenkette

GG Art. 14 Abs. 2, 2 S. 2, Art. 14

 

Tatbestand

Die Kläger bezogen im Kalenderjahr 1989 Einnahmen aus unterschiedlichen Einkunftsarten in Höhe von rd. 17,7 Mio DM, von denen Werbungskosten in Höhe von rd. 1,4 Mio DM abzuziehen waren. Nach Abzug von Sonderausgaben in Höhe von rd. 2,5 Mio DM und Freibeträgen in Höhe von 2.280,00 DM ergab sich lt. Einkommensteuerbescheid vom 12.08.1996 eine Einkommensteuer in Höhe von rd. 6,4 Mio DM, das entspricht 36,1 % ihrer Einnahmen. Über den von den Klägern gegen den Einkommensteuerbescheid eingelegten Einspruch ist noch nicht rechtskräftig entschieden. Die Kläger haben für 1989 Verlustvor- und Rückträge geltend gemacht, die nach ihrer Auffassung zu einer Herabsetzung der Einkommensteuer auf 0,00 DM führen. Für die Kalenderjahre 1990 bis 1992 ist die Einkommensteuer bereits auf 0,00 DM festgesetzt worden. Die Einnahmen der Kläger in den Jahren 1990 bis 1992 beliefen sich auf Gesamtbeträge zwischen über 10 Mio DM und über 2 Mio DM.

Die Vermögensteuer für die mit ihren Kindern zusammenveranlagten Kläger wurde für die Streitjahre wie folgt festgesetzt:

1989

…,00 DM

1990

…,00 DM

1991

…,00 DM

1992

…,00 DM.

Die Veranlagungen ergingen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.

Mit Schreiben vom 20.12.1996 beantragten die Kläger die Änderung der Vermögensteuerbescheide nach § 164 Abs. 2 AO. Sie machten geltend, nach dem Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 22.06.1995 (2 BvL 37/91, BStBl II 1995, 655) sei es verfassungswidrig, Steuern festzusetzen, die insgesamt bei einem Steuerpflichtigen eine übermäßige Belastung hervorrufen würden. Die Vermögensteuer dürfe deshalb zu den übrigen Steuern auf den Ertrag nur hinzutreten, soweit die steuerliche Gesamtbelastung des Sollertrages bei typisierender Betrachtung von Einnahmen, abziehbaren Aufwendungen und sonstigen Entlastungen in der Nähe von 50 % liege (sog. Halbteilungsgrundsatz).

Der Beklagte lehnte den Änderungsantrag mit Bescheid vom 20.01.1997 ab und wies den von den Klägern hiergegen eingelegten Einspruch mit Entscheidung vom 06.11.1997 zurück. Zur Begründung führte er aus, aus dem Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 22.06.1995 lasse sich kein Anspruch auf Aufhebung der Vermögensteuerveranlagungen oder eine Herabsetzung der Vermögensteuer für Veranlagungszeiträume bis zum 31.12.1996 herleiten. Das Bundesverfassungsgericht habe es unter Hinweis auf die Erfordernisse einer verläßlichen Haushaltsplanung und eines gleichmäßigen Verwaltungsvollzuges für Zeiträume einer weitgehend schon abgeschlossenen Veranlagung für zulässig erklärt, die Regelungen zur Vermögensbesteuerung für zurückliegende Jahre wie bisher weiter anzuwenden. Im übrigen liege die steuerliche Gesamtbelastung des sog. Sollertrages in den Streitjahren unter 50 %.

Mit ihrer hiergegen erhobenen Klage machen die Kläger geltend, der Gedanke der Sollerträge als Bemessungsgrundlage für die Beurteilung einer möglichen Übermaßbesteuerung beziehe sich nur auf Fälle, in denen tatsächlich mit vorhandenem Vermögen keine Erträge erzielt würden. Setze dagegen ein Steuerpflichtiger sein Vermögen intensiv ein und erziele er hierdurch Gewinne oder Verluste, die sein zu versteuerndes Einkommen beeinflussen, müsse dies bei der Beurteilung der Halbteilungsbegrenzung als Bemessungsgrundlage herangezogen werden. Da sie, die Kläger, ihr Vermögen intensiv einsetzten, sei bei ihnen auf das tatsächlich hierdurch erzielte zu versteuernde Einkommen, das für die Kalenderjahre 1990 bis 1992 nicht zu einer Einkommensteuerfestsetzung geführt habe, abzustellen. Wenn dennoch für diese Jahre Vermögensteuer erhoben werde, sei jeder Betrag angesichts der fehlenden ertragssteuerlichen Leistungsfähigkeit eine Übermaßbesteuerung, die nur unter Einsatz der Vermögenssubstanz bezahlt werden könnte. Gerade das aber habe das Bundesverfassungsgericht durch die Postulation des Halbteilungsgrundsatzes verhindern wollen.

Mit Schriftsatz vom 24.11.1999 haben die Kläger vorgetragen, gegen das BFH-Urteil vom 11.08.1999 – XI R 77/97 (DStR 1999, 1845), wonach für die Entscheidung über die Verfassungsmäßigkeit der Belastung durch Einkommen- und Gewerbeertragssteuer keine Bindung gemäß § 31 Abs. 1 BverfGG an den Vermögensteuerbeschluß des BvG vom 22.06.1995 bestehe, sei Verfassungsbeschwerde eingelegt worden (Az: 2 BvR 2194/99). Im Hinblick darauf werde beantragt, das Ruhen des Verfahrens anzuordnen.

Diesem Antrag hat der Beklagte mit Schriftsatz vom 06.12.1999 mit der Begründung widersprochen, in dem betreffenden Verfahren gehe es um die Anwendbarkeit des sog. Halbteilungsgrundsatzes auf Einkommensteuer, die vorliegend nicht strittig sei.

Die Kläger beantragen,

im Hinblick auf die anhängige Verfassung...

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