Entscheidungsstichwort (Thema)

Geschäftsführerhaftung bei Verstoß gegen die Pflicht zur Mittelvorsorge und Haftungsschaden

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Der Geschäftsführer einer GmbH ist verpflichtet, für erkennbar entstehende Steueransprüche Vorsorge zu treffen, damit deren Tilgung im Zeitpunkt der Fälligkeit möglich ist.

2) Ein haftungsbegründender ursächlicher Zusammenhang zwischen der Verletzung der Handlungspflicht des Geschäftsführers und dem eingetretenen Steuerausfall (Haftungsschaden) kann auch dadurch begründet sein, dass eine aussichtsreiche Vollstreckungsmöglichkeit des FA vereitelt worden ist.

 

Normenkette

AO §§ 34, 69, 191 Abs. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 06.04.2016; Aktenzeichen I R 19/14)

BFH (Urteil vom 06.04.2016; Aktenzeichen I R 19/14)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten im vorliegenden Verfahren über die Rechtmäßigkeit eines Haftungsbescheides in Gestalt der diesen hinsichtlich Grund und Höhe verändernden Einspruchsentscheidung vom 30. Januar 2009.

Der Kläger war seit ihrer Gründung im Jahr 1993 alleiniger von den Beschränkungen des § 181 des Bürgerlichen Gesetzbuches – BGB – befreiter Geschäftsführer der A …handel GmbH – im Folgenden GmbH – in B, an der neben ihm seine Ehefrau beteiligt war. Nachdem die Gesellschafter die Liquidation der GmbH beschlossen hatten (Gesellschafterversammlung vom 29. Dezember 1997), wurde der Kläger zum alleinvertretungsberechtigten Liquidator bestellt. Das Amt endete mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens (1) am 6. Januar 2009.

Mit Kaufvertrag vom 10. Januar 1998 veräußerte der Kläger als Liquidator der GmbH Inventar und Waren des zuvor von der GmbH betriebenen Unternehmens zum Preis von 373.434,73 DM. Der Kaufpreis zuzüglich 7% Zinsen war in 120 monatlichen Raten (von Januar 1998 bis Dezember 2007) zu entrichten und ist auch entsprechend entrichtet worden. Die GmbH war unter dem Namen A …handel GmbH i.L. im Geschäftsverkehr aufgetreten. Die Firma des Käufers lautete A …handel G. Ausweislich des § 1 des Kaufvertrages war der Käufer zur Eröffnung und zum Betrieb des …-Shops D/… verpflichtet. Wegen der Einzelheiten wird auf den Kaufvertrag verwiesen.

Bereits im Jahr 1997 überließ die durch den Kläger vertretene GmbH im Rahmen einer verdeckten Gewinnausschüttung – vGA – der Ehefrau des Klägers eine Geschäftschance, indem sie ihr die Möglichkeit einräumte, von ihr, der GmbH, errichtete Gebäude, in denen unter anderem das an Herrn G übertragene Unternehmen ausgeübt worden war, bis zum Jahr 2009 zu verpachten. Der erzielbare Mietzins betrug 2/3 von 9.900 DM für die Herrn G überlassenen Räumlichkeiten und 2.000 DM für die an den Kläger selbst verpachteten Räume. Der Wert der Geschäftschance wurde nach Durchführung einer Außenprüfung im Jahr 2003 und diversen gerichtlichen Verfahren in den Jahren 2004 bis 2007 einvernehmlich mit 300.000 DM angesetzt. Wegen der Einzelheiten der Berechnung wird auf die Protokolle der Erörterungstermine in Sachen 13 V 6269/03 und 13 K 6099/04 verwiesen.

Die vGA war zunächst in den Steuererklärungen und Steuerbescheiden der GmbH nicht enthalten. Nach Durchführung der Außenprüfung erfolgte zunächst eine Erfassung im Rahmen der Steuerbescheide für dem Jahr 1997 nachfolgende Veranlagungszeiträume. Erst im Rahmen des die Streitjahre 1997 ff. umfassenden Klageverfahrens unter dem Aktenzeichen 13 K 6099/04 vor dem erkennenden Senat kam es zu einer einvernehmlichen Zuordnung des Vorgangs zum Jahr 1997 (vgl. Protokoll des Erörterungstermins vom 6. November 2007) und in dessen Folge zum Erlass des geänderten Körperschaftsteuerbescheides 1997 vom 10. Dezember 2007, mit dem die Körperschaftsteuer auf 95.657,60 EUR nach zuvor 54.095,70 EUR festgesetzt wurde. Der Nachzahlungsbetrag belief sich auf 45.478,19 EUR.

Ausweislich der unbestrittenen Darstellung des Beklagten und den vorliegenden Kontoauszügen trat die Fälligkeit der Bescheide auf Grund der Außenprüfung für die hier betroffenen Streitjahre 1997 und 2000 am 27. Oktober 2003 ein. Auf Grund eines Antrages auf Aussetzung der Vollziehung erfolgte im November 2003 eine Teilaussetzung durch den Beklagten. Gegen die Ablehnung einer weiter gehenden AdV wandte sich die GmbH im Rahmen eines Verfahrens nach § 69 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung – FGO – an den erkennenden Senat.

Aus der vorliegenden Verfügung über die Aussetzung der Vollziehung vom 9. Februar 2004 im Anschluss an das gerichtliche Verfahren unter dem Aktenzeichen 13 V 6269/03 ergibt sich, dass zu diesem Zeitpunkt 19.016,48 EUR Körperschaftsteuer 1997, 5.035 EUR Zinsen und 1.496,24 EUR Solidaritätszuschlag zur Körperschaftsteuer 1997 von der Vollziehung ausgesetzt worden sind.

Die ebenfalls aus der Außenprüfung resultierende und im Oktober 2003 fällig gewordene Körperschaftsteuer 2000 wurde im Zusammenhang mit dem gleichen Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes im Februar 2004 in Höhe von über 81.000 EUR zuzüglich Zinsen und Solidaritätszuschlag unter der aufschiebenden Bedingung einer Sicherheitsleistung in Höhe von 40.000 EUR von der Vollzie...

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