Revision eingelegt (BFH VII R 7/13)

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Verbrauchsteuerentstehung bei Entnahme einer Ware aus dem Steuerlager innerhalb der Freizone gemäß Art. 166 Zollkodex

 

Leitsatz (amtlich)

Werden verbrauchsteuerpflichtige Waren aus einem in der Freizone des Hamburger Hafens (Art. 166, 167 Zollkodex) befindlichen Steuerlager entnommen, ohne dass sich ein Verfahren der Steueraussetzung angeschlossen hätte, gelten sie mit der Folge der Entstehung der Verbrauchsteuern als in den freien Verkehr überführt. Daran ändern auch die Ausstellung eines Lieferzettels gemäß § 27 ZollV oder die sich aus dem Status als Freizone des Kontrolltyps I ergebenden Besonderheiten nichts.

 

Normenkette

TabStG § 1 Abs. 1, § 4 Nrn. 2, 4, § 10 Abs. 1, § 15 Abs. 1, 2 Nr. 1, § 19 Abs. 2; BierStG § 1 Abs. 1, § 3 Nr. 2 bzw. BranntwMonG § 132 Nr. 2, Nr. 3, § 9 Abs. 1 bzw. BranntwMonG § 138 Abs. 1, § 14 Abs. 1, 2 Nr. 1, § 16 Abs. 2; BranntwMonG § 130 Abs. 1, § 132 Nr. 3, § 143 Abs. 1, 2 Nr. 1, § 145 Abs. 2; ZK Art. 166; RL 2008/118/EG Art. 7, 21; ZollV § 27

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 09.04.2014; Aktenzeichen VII R 7/13)

BFH (Beschluss vom 09.04.2014; Aktenzeichen VII R 7/13)

 

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen einen Verbrauchsteuerbescheid.

Die Klägerin hat ihren Firmensitz im Freihafen Hamburg und betreibt dort ein Steuerlager. Sie handelt mit Schiffsbedarf. Im streitgegenständlichen Zeitraum vom 15.02.2011 bis 25.05.2011 beförderte sie unversteuert Schiffsbedarf - u. a. tabak-, bier- und branntweinsteuerpflichtige Waren - mit Lieferzetteln nach § 27 ZollV an bezugsberechtigte Schiffe, ohne dass ein (elektronisches) begleitendes Verwaltungsdokument ausgestellt worden wäre.

Mit Steuerbescheid vom 30.09.2011 forderte der Beklagte von der Klägerin Tabaksteuer, Biersteuer und Branntweinsteuer in Höhe von insgesamt 11.035 €. Die Steuern seien entstanden, weil verbrauchsteuerpflichtige Waren durch Entnahme aus dem Steuerlager der Klägerin in den steuerrechtlich freien Verkehr überführt worden seien, ohne dass sich ein weiteres Verfahren der Steueraussetzung angeschlossen habe.

Am 10.10.2011 legte die Klägerin gegen den Steuerbescheid Einspruch ein. Sie meint, die Ware sei nach der Entnahme aus dem Steuerlager nicht in den freien Verkehr überführt worden, sondern habe sich bis zur Abgabe an den jeweils Bezugsberechtigten im Sinne des § 27 ZollV im Hamburger Freihafen, einer Freizone des Kontrolltyps I, also steuerrechtlich im Drittland (Art. 166 Zollkodex, § 1 Abs. 2 UStG) befunden.

Der Beklagte wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 20.12.2011 zurück. Zur Begründung trug er vor, der Freihafen Hamburg gehöre zum Steuergebiet der Bundesrepublik Deutschland. Auf den Freizonenstatus komme es nicht an. Auch umsatzsteuerrechtliche und zollrechtliche Regelungen fänden im Streitfall keine Anwendung. Die Klägerin habe aus ihrem Steuerlager Waren entnommen und ohne Ausstellung weiterer Zollpapiere an bezugsberechtigte Seeschiffe geliefert. Die von ihr ausgestellten Lieferzettel für Schiffsbedarf nach § 27 ZollV stellten keine Zollpapiere dar und rechtfertigten keine Steueraussetzung. Verbrauchsteuern entstünden immer dann, wenn die Waren in den freien Verkehr überführt würden, es sei denn, es schließe sich eine Steuerbefreiung an. Die Steuer entstehe, sofern sich kein Verfahren der Steueraussetzung anschließe, bei der Entnahme verbrauchsteuerpflichtiger Waren aus einem Steuerlager. Die subjektive Vorstellung des Handelnden sei unerheblich.

Mit ihrer am 11.01.2012 bei Gericht eingegangenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Zur Begründung führt sie aus, die Auffassung des Beklagten ignoriere den Sonderstatus des Freihafens als Freizone des Kontrolltyps I gem. Art. 166 ff. Zollkodex. Der Umstand, dass der Freihafen zum Verbrauchsteuergebiet gehöre, sage nichts darüber, ob sich die Waren im freien oder in einem steuerlich gebundenen Verkehr befänden. Wie sich auch aus Art. 546 ZK-DVO ergebe, befänden sich nur Waren im freien Verkehr, die in den freien Wirtschaftskreislauf des Verbrauchsteuergebiets eingegangen seien. Im Streitfall hätten sich die Waren aber nicht im freien Wirtschaftskreislauf befunden, sondern hätten den sich aus dem Status des Freihafens als Freizone des Kontrolltyps I ergebenden Beschränkungen unterlegen.

Jahrzehntelang hätten Schiffsausrüster Schiffsbedarf mittels Lieferzettel steuerfrei liefern können. Dies hätte man beibehalten können, stattdessen habe man lediglich ein elektronisches Verwaltungsdokument zugelassen. Die heutige Regelung in § 27 ZollV schreibe ein Übermaß an steuerrechtlicher Kontrolle vor und sei unverhältnismäßig. Bis zum 01.04.2010 habe nach der alten Fassung von § 27 ZollV nicht das unionsrechtliche Steueraussetzungsverfahren, sondern das deutsche Institut der bedingten Steuer gem. § 50 AO gegolten. Dem könne entnommen werden, dass das System "Lieferzettel" als Überwachungsinstrument für Freizonen des Kontrolltyps I geeignet und die zusätzliche Anwendung verbrauchsteuerlicher IT-...

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