Entscheidungsstichwort (Thema)

Zum Streitwert eines "echten" Untätigkeitseinspruchs in Kindergeldsachen

 

Leitsatz (amtlich)

Bei einem "echten" Untätigkeitseinspruch in Kindergeldsachen bemisst sich der Streitwert nach § 52 Abs. 1 GKG. Bei der Bestimmung dieses Streitwerts können die Regelungen des § 52 Abs. 3 Sätze 2 und 3 GKG herangezogen werden. Der Streitwert beträgt dann 10 % des Betrages, der sich bei der Heranziehung der Regelungen des § 52 Abs. 3 Sätze 2 und 3 GKG ergibt.

 

Normenkette

GKG § 52 Abs. 1, 3 Sätze 2-3

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 18.12.2019; Aktenzeichen III R 46/17)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Höhe des Gegenstandswerts im Rahmen einer Kostenerstattung für das Vorverfahren.

Die Klägerin zog im September 2012 aus Polen in die Bundesrepublik Deutschland und war seitdem in der Bundesrepublik Deutschland gemeldet. Sie beantragte am 08.12.2014 bei der Familienkasse Nord der Bundesagentur für Arbeit die Festsetzung von Kindergeld für ihr Kind A (geboren am ... 2005). Danach sollte sich A ab November 2013 in dem Haushalt der Klägerin in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten. Zuvor wurde A in dem Zeitraum September 2012 bis Oktober 2013 nach Angaben der Klägerin von der Mutter der Klägerin in deren Haushalt in Polen betreut. Die Familienkasse Nord gab die Akte zuständigkeitshalber im Januar 2015 an die Beklagte ab.

Am 03.02.2016 beauftragte die Klägerin den Prozessbevollmächtigten. Am 10.02.2016 erhob dieser namens und in Vollmacht der Klägerin Einspruch "dagegen, dass der Antrag noch nicht beschieden" war, und beantragte, "unverzüglich eine rechtsbehelfsfähige Entscheidung zu erlassen."

Die Beklagte setzte mit Bescheid vom 15.03.2016 Kindergeld für A ab November 2013 fest. Für den Zeitraum November 2013 bis einschließlich Februar 2016 erfolgte eine Nachzahlung in Höhe von insgesamt 5.212 Euro. Ab März 2016 erfolgten Zahlungen in Höhe von 190 Euro monatlich.

Mit weiterem Bescheid vom 26.05.2016 lehnte die Familienkasse die Festsetzung von Kindergeld für das Kind A für den Zeitraum September 2012 bis einschließlich Oktober 2013 mangels Haushaltszugehörigkeit ab.

Am 24.05.2016 beantragte die Klägerin bei der Beklagten, die Kosten des Vorverfahrens zu erstatten. Dabei ging sie von einer Geschäftsgebühr in Höhe von 300 Euro nach Nr. 2302 des Vergütungsverzeichnisses (VV, Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 des Gesetzes über die Vergütung der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte - Rechtsanwaltsvergütungsgesetz -) zuzüglich einer Pauschale für Entgelte für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen in Höhe von 20 Euro (Nr. 7002 VV) nebst Umsatzsteuer aus.

Mit Schreiben vom 28.05.2016 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass die im Einspruchsverfahren entstandenen Kosten auf Antrag erstattet werden, soweit sie notwendig waren.

Mit Bescheid vom 11.07.2016 setzte die Beklagte die erstattungsfähigen Kosten auf 201,71 Euro fest. Die Beklagte nahm dabei an, dass dem Gegenstandswert das beantragte Kindergeld für ein Kind für den Zeitraum Januar 2010 bis Februar 2016 (Monat der Einlegung des Untätigkeitseinspruchs), insgesamt in Höhe von 13.676 Euro, zugrunde liege. Da es sich um einen Untätigkeitseinspruch gehandelt habe, sei der Gegenstandswert in Höhe von 10 % dieses Betrages anzusetzen, demnach in Höhe von 1.367,60 Euro.

Hiergegen legte die Klägerin am 02.08.2016 Einspruch ein. Zur Begründung trug sie vor, dass der Gegenstandswert insgesamt 7.492 Euro betrage. Er setze sich zusammen aus der Höhe des rückständigen Kindergeldes in Höhe von 5.212 Euro und dem Kindergeld für zwölf Monate in Höhe von 2.280 Euro (= 12 190 Euro). Dementsprechend betrage die Kostenerstattung insgesamt 729,23 Euro (= 592,80 Euro Nr. 2300 VV + 20 Euro Nr.7002 VV, zuzüglich Umsatzsteuer 19 %).

Mit Einspruchsentscheidung vom 16.09.2016, abgesandt am 19.09.2016, wies die Beklagte den Einspruch gegen den Bescheid über die Kostenerstattung vom 11.07.2016 zurück.

Hiergegen hat die Klägerin am 20.10.2016 Klage erhoben.

Sie bezieht sich auf ihr Vorbringen im Einspruchsverfahren.

Die Klägerin beantragt nach Aktenlage,

den Bescheid vom 11.07.2016 und die Einspruchsentscheidung vom 16.09.2016 in der Weise zu ändern, dass die Kostenerstattung um 527,52 Euro höher auf 729,23 Euro festgesetzt wird.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie ist der Auffassung, der Gegenstandswert sei in Höhe von 10 % des streitigen Betrages anzunehmen.

Das Begehren der Klägerin, das diese mit dem Untätigkeitseinspruch verfolgt habe, sei nur auf das Tätigwerden als solches gerichtet gewesen. Dieser Einspruch sei schon dann erfolgreich mit der Folge der Kostenerstattung, wenn die Behörde überhaupt tätig werde. In diesem Fall trage die Klägerin auch kein Kostenrisiko. Wäre das Begehren hingegen auf eine Entscheidung in der Sache gerichtet, trüge die Klägerin ein Kostenrisiko, das von der materiell-rechtlichen Entscheidung abhinge. Dies wäre jedoch in den Fällen, in denen es nur um das Tätigwerden als solches ginge, nicht sachgerecht. Wie in den Fällen der Untätigkeitsklag...

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