Entscheidungsstichwort (Thema)

Nichtberücksichtigung von Schulgeld für Auslandsschulen

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Beschränkung des Sonderausgabenabzugs für Schulgeld auf bestimmte staatlich anerkannte inländische Schulen verstößt im Falle des Besuchs einer deutschsprachigen Auslandsschule nach Übersiedlung eines im Inland steuerpflichtigen deutschen Versorgungsempfängers und seiner Familie nach Spanien weder gegen das allgemeine Diskriminierungsverbot des EGV noch gegen das europarechtlich garantierte Grundrecht auf freie Wohnsitzwahl in der Europäischen Union.

 

Normenkette

EStG § 10 Abs. 1 Nr. 9; EGV Art. 6, 59-60

 

Streitjahr(e)

1998

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 14.12.2004; Aktenzeichen XI R 32/03)

 

Tatbestand

Der Kläger, ein Realschulrektor in Ruhestand, bezieht deutsche Beamtenversorgung und wohnt mit der Klägerin, seiner Ehefrau, mit der er zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wird, in Spanien. Die Kläger waren zusammen mit ihren Kindern „A” (geboren 1987) und „B” (geboren 1990) im Jahr 1993 nach Spanien übergesiedelt. Bei ihren Einkommensteuerveranlagungen für 1996 und 1997 machten sie jeweils das an die Deutsche Schule in „C” (Spanien) gezahlte Schulgeld für den Schulbesuch ihrer Kinder geltend; der Beklagte -das Finanzamt- berücksichtigte jeweils 30 % der Aufwendungen als Sonderausgaben. In der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 1998 beantragten sie die steuerliche Berücksichtigung folgender Aufwendungen für ihre Kinder:

Schulgeld der Deutschen Schule"C"

9.490,56 DM

Schulbücher für die Deutsche Schule

273,64 DM

Kostenpflichtige Kurse an der Deutschen Schule

178,14 DM

Klavierunterricht an der Deutschen Schule

912,50 DM

Schulgeld für die Musikschule

200,-- DM

11.084,84 DM

Im Einkommensteuerbescheid berücksichtigte das Finanzamt diese Aufwendungen nicht; zur Begründung führte es aus, Schulgeldzahlungen für den Besuch deutscher Schulen im Ausland fielen nicht unter § 10 Abs. 1 Nr. 9 Einkommensteuergesetz -EStG-, weil Auslandsschulen weder nach Art. 7 Abs. 4 Grundgesetz -GG- genehmigte bzw. nach Landesrecht erlaubte Ersatzschulen noch nach Landesrecht anerkannte Ergänzungsschulen seien.

Der hiergegen erhobene Einspruch der Kläger blieb ohne Erfolg. Das Finanzamt nahm in der Einspruchsentscheidung Bezug auf zwei Erläuterungsschreiben; hierin legte es dar, § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG sehe keinen Sonderausgabenabzug für Schulgeld an Auslandsschulen vor. Wie der Bundesfinanzhof entschieden habe (Urteil vom 11. Juni 1997 X R 74/95, BStBl II 1997, 617), sei das Grundrecht der freien Schulwahl durch die Nichtabziehbarkeit des Schulgeldes als Sonderausgabe nicht beeinträchtigt. Dem Gesetzgeber stehe insoweit ein weiter Ermessensspielraum zu; denn es stehe Eltern grundsätzlich frei, ob sie ihre Kinder an einer öffentlichen Schule oder einer begünstigten oder einer sonstigen Privatschule unterrichten ließen. Ein steuermindernder Abzug des Schulgeldes komme auch nicht nach anderen Vorschriften in Betracht.

Hiergegen richtet sich die Klage. Die Kläger sind der Ansicht, die Kinder hätten zu Beginn der Schulpflicht kaum eine staatliche spanische Schule besuchen können, weil sie kein Spanisch gesprochen hätten; ein späterer Wechsel an eine staatliche Schule wäre wegen der stark voneinander abweichenden Lehrpläne nur mit erheblichen Schwierigkeiten möglich gewesen. Es sei den Klägern nicht zumutbar, wegen der kostengünstigeren Erfüllung der Schulpflicht nach Deutschland umzuziehen; die steuerliche Nichtberücksichtigung des Schulgelds stehe im Gegensatz zu dem europarechtlich garantierten Grundrecht der freien Wahl des Wohnsitzes in der Europäischen Union. Die Ausbildung an der Deutschen Schule in „C” sei in jeder Hinsicht förderungswürdig, weil sie die Erfüllung der Schulpflicht gewähre, hohe Berufsvorbereitung gewährleiste, beste Sprachfähigkeiten und Grundlage für tiefgreifendes Völkerverständnis vermittele. Die Schule werde zu über 55 % vom deutschen Staat finanziert; das Abitur werde überwiegend von deutschen Lehrern abgenommen; es berechtige zum Hochschulbesuch in der ganzen Welt und gehe über den Standart vieler zweisprachiger Schulen in Deutschland hinaus. Den Eltern, die bereit seien, für eine hochqualifizierte Ausbildung ihrer Kinder zu sorgen und damit in deren Zukunft zu investieren, dürfte die steuerliche Abzugsfähigkeit der Aufwendungen nicht versagt werden. Dass die Abzugsfähigkeit von Schulgeld auf inländische staatlich genehmigte bzw. anerkannte Ersatz- oder Ergänzungsschulen beschränkt sei, verstoße gegen den Gleichheitssatz des Grundgesetzes. Außerdem sei es gleichheitswidrig, wenn bei in Spanien tätigen Beschäftigten der Privatwirtschaft die Ausbildungskosten vom Arbeitgeber bezuschusst würden, bei Staatsbediensteten (mit Ausnahme der an der Deutschen Schule angestellten Lehrer, denen der Staat das Schulgeld für ihre Kinder ersetze) dagegen nicht einmal eine Steuervergünstigung gewährt werde.

Die Kläger beantragen,

den Einkommensteuerbescheid für 1998 vom 7. Dezember 1999 in der Gestalt der Einspruchsentsch...

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