Entscheidungsstichwort (Thema)

Verzollung von Steinkohle

 

Leitsatz (redaktionell)

2. Ungeachtet der zur Entstehung der Zollschuld führenden Nichtgestellung liegt ein die Erstattung rechtfertigender besonderer Fall vor, wenn eingeführte Waren zur zollfreien Verwendung abgefertigt werden sollten und tatsächlich der beabsichtigten Verwendung zugeführt worden sind. Eine Zollerhebung zum Schutz der Gemeinschaftswirtschaft ist diesfalls nicht erforderlich.

 

Normenkette

ZK Art. 82, 96 Abs. 1 Buchst. a, Abs. 2, Art. 203 Abs. 1, Art. 239 Abs. 1 2. Anstrich; ZKDV Art. 359 Abs. 1, Art. 905 Abs. 1

 

Tatbestand

Im Juli 1995 kaufte die Klägerin (Klin) 195.000 mt (+/- 10%) Steinkohle mit Ursprung in den USA, die eine Versuchsreihe in einer Kokerei der Klin weiterführen sollte.

Im August 1995 übernahm die Klin die erste, mit 65.000 mt avisierte Teilpartie aus dem Seeschiff „K „, die unmittelbar vom Seeschiff in Leichter und Binnenschiffe umgeschlagen wurden und die von der dem Konzern der Klin zugehörigen „B „ in „C"/NL im externen gemeinschaftlichen Versandverfahren nach „D” versandt worden war.

Am 24.08.1995 ließ die „B” bei der Zollstelle „E” in NL mit dem Versandschein 9428923 insgesamt 1.985.511 kg Steinkohle der Codenummer 2701 1900 0009 des Deutschen Gebrauchs Zolltarifs (DGebrZT) zum externen gemeinschaftlichen Versandverfahren abfertigen. Die Ware war auf dem Schubleichter EWT 280 verladen.

Am 01.09.1995 traf der Schubleichter EWT 280 als Teil eines Schubverbandes mit fünf anderen Leichtern in „D” ein und wurde zwischen dem 04. und dem 06.09.1995 im Werkshafen „F” entladen. Alle Leichter enthielten die gleiche Kohle.

Der Kapitän des Schubschiffs übergab dabei nach Angaben der Klin die Versandscheine der fünf übrigen Leichter, nicht aber den Versandschein 9428923 den von der Klin mit dem Hafenumschlag betrauten Mitarbeitern der „G” , eines Tochterunternehmens der Klin. Diese Mitarbeiter gaben ihrerseits die erhaltenen Versandscheine entsprechend den internen Regelungen der Klin an ihre insoweit zuständige Abteilung Verkehrswirtschaft (VKW) weiter.

Für die übrigen 31 Sendungen Steinkohle erledigte die Klin als zugelassene Empfängerin die in gleicher Weise eröffneten Versandverfahren und ließ die Ware am 18.09.1995 als Erprobungsware zur einfuhrabgabenbegünstigten Verwendung abfertigen.

Die seinerzeit geltenden Regelungen für den Warenempfang bei Schiffstransporten sind nach Angaben der Klin trotz Bemühungen nicht mehr auffindbar gewesen. Nach ihren Angaben bestand bis zur Einführung des Binnenmarktes ein von der niederländischen und der deutschen Zollverwaltung bewilligtes Sonderverfahren, bei dem auf die Ausstellung von Versandscheinen für jede Sendung verzichtet wurde, sondern Versandscheine nur noch für bestimmte Zeiträume erstellt und abgefertigt wurden.

Danach wurden nach Angaben der Klin sämtliche in „D” ankommenden Leichter entweder auf der Mitte des Rheins gegenüber der Hafeneinfahrt der Klin von der „B” oder von der von dieser eingesetzten Reederei übergeben oder aber in den Werkshafen geschoben. Soweit Versandscheine mitgeführt wurden, wurden diese vom Schiffsführer an die von der Klin mit dem Hafenumschlag betrauten Mitarbeiter der „G” auf dem Wasser übergeben, was auch durch Bereithalten der Versandscheine an einer bestimmten Stelle auf dem Leichter geschehen konnte, und von der Besatzung des Hafenboots bei Schichtende an die Hafenleitstelle der „G” abgegeben. Von dort wurden sie an die Abteilung VKW weitergeleitet.

Die Zahl der so zu erfassenden Versandscheine war gering, da der größte Teil der auf dem Rhein beförderten Waren bereits in den Niederlanden zum zollrechtlich freien Verkehr abgefertigt worden war.

Einen Hinweis auf einen mitgeführten Versandschein sah das eingesetzte EDV-System nicht vor. Die Daten standen nur den unmittelbar mit dem Transport befassten Stellen zur Verfügung. Die Abteilung VKW hatte seinerzeit keinen direkten Zugriff auf die Daten, sondern konnte fehlende Versandscheine erst nach Vorliegen aller kaufmännischen Unterlagen, Transportnachweise und Zollunterlagen erkennen.

Die zur gleichen Zeit geltende interne Arbeitsanweisung der Klin für die Anlieferung von Importwaren per LKW sahen dem gegenüber vor, dass bei Anlieferung für jede Importsendung schon an den Zugangstoren der jeweiligen Werke festzustellen war, ob sie schon verzollt war, und dann, wenn eine Verzollung noch nicht vorgenommen worden war, durch besondere organisatorische Maßnahmen (Zufahrt nur durch ein bestimmtes Zugangstor, Verwiegung mit firmeninterner Zollbehandlung) für die beabsichtigte Zollanmeldung gesorgt wurde.

Im Rahmen des von der Zollstelle „E” eingeleiteten Suchverfahrens fiel der Klin erstmals auf, dass ihr der Versandschein vom 24.08.1995 für die o.a. Sendung nicht zugegangen ist. Daraufhin bat die Klin um Erlass eines Leistungsgebots, bei dem nachträglich die Abfertigung als Erprobungsware, hilfsweise ein Erlass nach Art. 900 Abs. 1 Buchst. o ZKDVO berücksichtigt werden sollte.

Mit Steuerbescheid vom 11.11.199...

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