Entscheidungsstichwort (Thema)

Stromsteuervergütung für Unternehmen des Produzierenden Gewerbes: Bestimmung des Schwerpunkts der wirtschaftlichen Tätigkeit – Zuordnung von an Subunternehmer vergebenen Bauarbeiten zum Wirtschaftszweig Baugewerbe der WZ 2003

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Bei der für den Anspruch auf Stromsteuervergütung für Unternehmen des Produzierenden Gewerbes einer mehrere wirtschaftliche Tätigkeiten ausübenden Wasserbau- und Abwassergenossenschaft des öffentlichen Rechts gemäß § 15 Abs. 4 Satz 2 Nr. 4 Satz 2 StromStV maßgebenden Einordnung in die Klassifikation der Wirtschaftszweige (WZ 2003) nach dem Schwerpunkt ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit sind auch an Subunternehmer vergebene Bauarbeiten der Klassen 45.11 und 45.24 WZ 2003 als baugewerbliche Tätigkeiten zu berücksichtigen.
  2. Die Bestimmung des § 15 Abs. 9 StromStV i.d.F. vom 24.07.2013, nach der dies nicht gilt, wenn durch Subunternehmen ausgeführte Arbeiten für das zuzuordnende Unternehmen Investitionen (in Anlagevermögen) darstellen, überschreitet die - auf die Zuordnung von Unternehmen zu einem Abschnitt oder einer Klasse der WZ 2003 beschränkte - Regelungsbefugnis der dem Verordnungsgeber in § 11 Satz 1 Nr. 4 StromStG eingeräumten Ermächtigungsgrundlage und ist deshalb nichtig.
  3. § 11 Satz 1 Nr. 4 StromStG ermächtigt den Verordnungsgeber nicht, die Bestimmungen der WZ 2003 selbst zu ändern.
 

Normenkette

StromStG § 9b Abs. 1, § 2 Nr. 3, § 11 S. 1 Nr. 4; StromStV i.d.F. vom 24.07.2013 § 15 Abs. 1 S. 2; StromStV i.d.F. vom 24.07.2013 § 15 Abs. 4 S. 1; StromStV i.d.F. vom 24.07.2013 § 15 Abs. 4 S. 2 Nr. 4 S. 2; StromStV i.d.F. vom 24.07.2013 § 15 Abs. 4 S. 3; StromStV i.d.F. vom 24.07.2013 § 15 Abs. 9; GG Art. 80 Abs. 1 S. 2

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 30.04.2019; Aktenzeichen VII R 14/18)

 

Tatbestand

Die Klägerin ist eine Körperschaft öffentlichen Rechts. Ihre Aufgaben sind wie folgt bestimmt:

1. Regelung des Wasserabflusses einschließlich Ausgleich der Wasserführung und Sicherung des Hochwasserabflusses der oberirdischen Gewässer oder Gewässerabschnitte und in deren Einzugsgebieten;

2. Unterhaltung oberirdischer Gewässer oder Gewässerabschnitte und der mit ihnen in funktionellem Zusammenhang stehenden Anlagen;

3. Rückführung ausgebauter oberirdischer Gewässer in einen naturnahen Zustand;

4. Regelung des Grundwasserstandes;

5. Vermeidung, Minderung, Beseitigung und Ausgleich wasserwirtschaftlicher und damit in Zusammenhang stehender ökologischer, durch Einwirkungen auf den Grundwasserstand, insbesondere durch den Steinkohlen- und Salzabbau, hervorgerufener oder zu erwartender nachteiliger Veränderungen;

6. Beschaffung und Bereitstellung von Wasser zur Trink- und Betriebswasserversorgung im Zusammenhang mit der Regelung des Grundwasserstandes (Nr. 4);

7. Abwasserbeseitigung nach Maßgabe des Landeswassergesetzes;

8. Entsorgung der bei der Durchführung der genossenschaftlichen Aufgaben anfallenden Abfälle;

9. Vermeidung, Minderung, Beseitigung und Ausgleich eingetretener oder zu erwartender, auf Abwassereinleitungen oder sonstige Ursachen zurückzuführender nachteiliger Veränderungen des oberirdischen Wassers;

10. Ermittlung der wasserwirtschaftlichen Verhältnisse, soweit es die Aufgaben der Genossenschaft erfordern.

Die ihr zugewiesenen Aufgaben wies die Klägerin folgenden Abschnitten und Unterklassen der vom Statistischen Bundesamt herausgegebenen Klassifikation der Wirtschaftszweige, Ausgabe 2003 (WZ 2003) zu:

Nr. 1

F 45.24.0, 45.11.2

Nr. 2

F 45.24.0

Nr. 3

F 45.24.0, 45.11.2

Nr. 4

F 45.24.0, 45.11.2

Nr. 5

F 45.24.0

Nr. 6

E 41.00.2, 45.24.0, 45.11.2

Nr. 7

O 90.01.1, 90.01.2 E 40.11.1

Nr. 8

O 90.02.1

Nr. 9

keine Zuordnung möglich

Nr. 10

F 45.24.0 K  

Die Beiträge für den Bereich Planung und Bau in Form kalkulatorischer Zinsen und Tilgung ordnete die Klägerin vollständig dem Anschnitt F zu, und zwar unabhängig davon, ob den Beiträgen Baumaßnahmen im Bereich Entwässerung, Wasserversorgung oder Abwasserentsorgung zu Grunde lagen, weil die durchgeführten Arbeiten zur Bildung von Anlagevermögen beigetragen hatten.

Die Arbeiten wurden grundsätzlich von Erfüllungsgehilfen erledigt. Die Klägerin betrachtete sich als Bauherrin und erbrachte wesentliche Teile der Ingenieurleistungen wie Planung und Bauleitung selbst. Ca. 10% des jährlichen Investitionsvolumens wurden durch Eigenleistungen erbracht, der Rest durch Fremdfirmen.

Am 08.12.2014 beantragte die Klägerin beim Beklagten die Entlastung von der Stromsteuer nach § 9b des Stromsteuergesetzes (StromStG) für das Kalenderjahr 2013 abzüglich des Selbstbehalts nach § 9b Abs. 2 StromStG. Den Strom hatte sie ausschließlich selbst verbraucht.

In ihrer zugleich eingereichten Beschreibung ihrer wirtschaftlichen Tätigkeiten für 2012 bestimmte sie den Schwerpunkt ihrer wirtschaftlichen Tätigkeiten anhand des mit den einzelnen Tätigkeiten erzielten Umsatzes. Danach ergaben sich folgende Werte:

Tätigkeit

Abschnitt der WZ 2003

Anteil

Unterhaltung von Fließgewässern

A

7,94 %

Beschaffung und Bereitstellung von Wasser

E

1,42 %

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