Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Teilkindergeldregelung bei ausländischen Leistungen

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Ein deutscher Staatsangehöriger, der aufgrund eines Beschäftigungsverhältnisses in Schweden von der dortigen Familienkasse Kindergeld bezieht, hat keinen Anspruch auf Fortzahlung des deutschen Kindergelds. Dies gilt auch für den den schwedischen Kindergeldsatz übersteigenden Teilbetrag.
  2. Die innerstaatliche Ausschluss- und Teilkindergeldregelung bei Gewährung kindbezogener Leistungen im Ausland entspricht damit im Ergebnis der Konkurrenzregelung des Gemeinschaftsrechts, die auf dem Ausschließlichkeits- und Beschäftigungslandprinzip basiert.
  3. Die innerstaatliche Ausschlussregelung genügt dem Gebot der Verschonung des Familienexistenzminimums und beruht auf sachgerechter Differenzierung i.S.d. Gleichheitssatzes.
 

Normenkette

EStG § 31 S. 2, § 62 Abs. 1 Nr. 1, § 65 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, Abs. 2; AO § 8; EWGV 1408/71 Art. 4 Abs. 1 Buchst. h, Art. 13 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Buchst. a, Art. 73, 76; EWGV 574/72 Art. 10 Abs. 1 Buchst. a; GG Art. 1 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1, Art. 6 Abs. 1, Art. 20 Abs. 1

 

Streitjahr(e)

2002, 2003

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Zahlung von Kindergeld für den Zeitraum ab September 2002.

Der verheiratete Kläger ist Vater der Kinder „B"l (geb. 02.08.1990) und „S” (geb. 16.12.1993). Er ist deutscher Staatsangehöriger. Bis einschließlich März 2003 erhielt der Kläger für seine beiden Kinder das Kindergeld in der gesetzlichen Höhe von zuletzt monatlich 154,00 € je Kind. Am 04.08.2002 verzog der Kläger mit seiner Familie nach „L-Stadt” in Schweden. Im Oktober 2002 erhielt der Kläger die Erlaubnis, in Schweden berufstätig zu sein. Seit dem 01.11.2002 stand der Kläger in Schweden in einem Arbeitsverhältnis. Er erhielt seit diesem Datum schwedisches Kindergeld in Höhe von 105,00 € pro Monat je Kind.

In „N-Stadt (BRD)” unterhielt der Kläger weiterhin eine eingerichtete Wohnung im Haus seiner Mutter mit 170 m2 Wohnraum. Dort war er bis Juli 2002 mit Hauptwohnsitz und ab August 2002 bis August 2003 mit Nebenwohnsitz gemeldet. Anschließend meldete er dort wieder seinen Hauptwohnsitz an. Der Kläger wurde im Streitzeitraum im Inland nicht steuerlich geführt. In seiner Wohnung in „N-Stadt” hielt sich der Kläger vom 13.06.2003 bis zum 18.07.2003 sowie während zweier nicht näher bezeichneter Zeiträume im April und im Sommer 2004 auf.

Nachdem der Beklagte - die Agentur für Arbeit „P-Stadt” (Familienkasse) - aufgrund einer Kontrollmitteilung der schwedischen Kindergeldkasse von dem Aufenthalt des Klägers in Schweden Kenntnis erhielt, hob er mit Bescheid vom 05.05.2003 (Bl. 42 der KG-Akte) die Kindergeldfestsetzung rückwirkend ab September 2002 gemäß § 70 Abs. 2 Einkommensteuergesetz - EStG - auf und forderte das für den Zeitraum von September 2002 bis März 2003 gezahlte Kindergeld in Höhe von 2.156,00 € zurück. Zur Begründung führte er an, der Kläger habe weder seinen gewöhnlichen Aufenthalt noch seinen Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland.

Mit seiner nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobenen Klage trägt der Kläger vor, er unterhalte neben einer Wohnung in Schweden weiterhin seine Wohnung in „N-Stadt”. Dabei handele es sich um eine vollausgestattete, vollmöblierte und eingerichtete Wohnung, die ihm und seiner Familie zur jederzeitigen und alleinigen Nutzung zur Verfügung stehe. Von der Nutzungsmöglichkeit mache er mit seiner Familie häufig Gebrauch, um seinen deutschen Verwandten- und Freundeskreis zu pflegen. Ihm stehe daher für die Monate September und Oktober 2002 das volle sowie ab dem Monat November 2002 bis auf weiteres die Differenz zwischen dem deutschen und dem schwedischen Kindergeld zu. Außerdem stehe seiner Frau ebenfalls für die gemeinsamen Kinder das (inländische) Kindergeld zu. Diesen Kindergeldanspruch seiner Frau mache er nunmehr nach § 64 Abs. 2 Satz 2 EStG ebenfalls geltend.

Der Kläger beantragt,

den Aufhebungsbescheid vom 05.05.2003 dahingehend zu ändern, dass die Aufhebung für September und Oktober 2002 aufgehoben wird und ab November 2002 die Aufhebung auf die Höhe des schwedischen Kindergelds begrenzt wird.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er behauptet, die gesamte Familie lebe seit August 2002 in Schweden und die Kinder besuchten dort die Schule. Aufgrund der Berufstätigkeit des Klägers in Schweden sowie einer Entfernung von „L-Stadt” nach „N-Stadt” von 1.300 km davon auszugehen, dass kein Wohnsitz im Inland mehr bestehe und es sich bei Aufenthalten in „N-Stadt” lediglich um besuchsweise Aufenthalte handele.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen. Das Gericht hat die Kindergeldakte des Beklagten zu dem Verfahren beigezogen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist teilweise begründet.

1. Der angefochtene Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid vom 05.05.2003 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung - FGO -), soweit das Kindergeld für die Monate Sept...

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