Entscheidungsstichwort (Thema)

Anwendung von § 29 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG bei Erhebung des gesetzlichen Herausgabeanspruchs gem. § 2287 BGB durch einen Dritten

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Die Schenkungsteuer erlischt auch dann zu einem entsprechende Anteil rückwirkend gem. § 29 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG, wenn das Geschenk – nach Anfechtung durch den entreicherten Vertragserben – lediglich teilweise zurückgegeben worden ist.
  2. Wurde das Kapitalgeschenk in eine unkündbare Rentenversicherung investiert, aus der dem Beschenkten nach Pfändung/Abtretung der Ansprüche durch/an den Herausgabeberechtigten keine werthaltige Rechtsstellung verbleibt, steht dies einer Herausgabe gleich.
  3. Das Maß der Entreicherung durch die Pfändung bzw. Abtretung der Rentenversicherung bemisst sich nach dem Kapitalwert der monatlichen Leistungen.
  4. Eine Herausgabe des Geschenks liegt auch bei Pfändung und Auskehrung werthaltiger Forderungen aus Kontokorrent- und das Sparkonten sowie bei Erfüllung durch Aufrechnung, nicht aber bei Pfändung streitiger Ansprüche vor.
 

Normenkette

ErbStG § 12 Abs. 1, § 29 Abs. 1 Nr. 1; BewG § 13 Abs. 1; AO § 175 Abs. 1 Nr. 2; BGB § 2287

 

Streitjahr(e)

2006

 

Tatbestand

Die Klägerin, geboren am 1936, ist mit A, geboren am 1936, verheiratet. Beide Eheleute sind Rentner.

Die Klägerin ist die Schwester der 1943 geborenen B, die auf Grund einer schweren Krebserkrankung am 2002 verstorben war. B war mit C, geboren 1921, in zweiter Ehe verheiratet. Die Eheleute B und C hatten am 14.07.1995 einen notariell beurkundeten Ehe- und Erbvertrag geschlossen. In dem Erbvertrag setzten sich die Eheleute gegenseitig zu Alleinerben ein. Einseitig verfügten beide, dass der Überlebende die Kinder aus der ersten Ehe des C, E und F, zu Erben einsetze. Auf Grund des geringeren Alters von B war zu erwarten gewesen, dass diese ihren Ehemann, C, überleben werde. C litt seit 1997 an einer Parkinson-Erkrankung und verstarb am 2003.

B verfügte im Jahre 2002 über ein Wertpapierdepot bei der X-Bank in Y. Die Kurswerte der Wertpapiere hatten seinerzeit etwa 330.000 EUR betragen. Sie löste am 01.10.2002 das Depot bei der X-Bank auf und hob in bar einen Betrag von 290.000 EUR ab. Am gleichen Tag schenkte B ihrer Schwester, der Klägerin, einen Barbetrag von 160.000 EUR, den diese auf ein neu eröffnetes Konto bei dem gleichen Institut wieder einzahlte.

Die Klägerin reichte am 12.10.2005 dem Beklagten eine Schenkungsteuererklärung ein, mit der sie das Kapitalgeschenk von ihrer Schwester i. H. v. 160.000 EUR erklärte.

Der Beklagte berücksichtigte mit Schenkungsteuerbescheid vom 02.01.2006 (erklärungsgemäß) die Zuwendung i. H. v. 160.000 EUR und ermittelte den steuerpflichtigen Erwerb nach Abzug des Freibetrages (§ 16 des Erbschaft- und Schenkungsteuergesetzes ErbStG ) i. H. v. 10.300 EUR mit 149.700 EUR. Die Schenkungsteuer setzte der Beklagte demnach auf 25.439 EUR fest (17 v. H. von 149.700 EUR). Dieser Bescheid wurde bestandskräftig.

Das Landgericht M verurteilte die Klägerin auf die Klage der Kinder des C, E und F, die ihren Vater beerbt hatten, mit Urteil vom 05.07.2006, 160.000 EUR nebst Zinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.11.2005 an diese zu zahlen. Die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin wies das Oberlandesgericht N mit Beschluss vom 01.08.2007 als unbegründet zurück.

In den Entscheidungsgründen führte das Landgericht M u. a. aus, dass den Erben E und F gegen die Klägerin ein Anspruch auf Herausgabe des Geschenks nach § 2287 BGB zustehe, weil die Zuwendung des Kapitalgeschenks durch die Schwester an die Klägerin in der Absicht ausgeführt worden sei, den zu diesem Zeitpunkt noch lebenden weiteren Vertragserben, C, zu benachteiligen. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung des Landgerichts M und des Oberlandesgerichts N wird auf die in den Steuerakten abgehefteten Ablichtungen des Teil- und Teilanerkenntnisurteils des Landgerichts und des Beschlusses des Oberlandesgerichts N Bezug genommen.

Die Klägerin beantragte daraufhin bei dem Beklagten, ihr die gezahlte Schenkungsteuer gem. § 29 ErbStG zu erstatten, weil sie rechtskräftig zur Herausgabe des Kapitalgeschenks an die Rechtsnachfolger der Schenkerin verurteilt worden sei. Bisher habe sie das Kapitalgeschenk noch nicht zurückzahlen können, weil sie mittellos sei. Das Kapitalgeschenk habe sie inzwischen ausgegeben und zwar wie folgt verwendet:

Erb-/Schenkungsteuer

25.449,00 EUR

Steuerberaterkosten für Schenkungsteuererklärung

528,38 EUR

Soforteinzahlung in eine Rentenversicherung

70.000,00 EUR

Soforteinzahlung in eine Rentenversicherung zu Gunsten ihres Ehemannes

50.000,00 EUR

Anschaffung Küche

10.479,64 EUR

Ausrichtung Hochzeit der Tochter

3.000,00 EUR

Gesamtsumme

159.457,12 EUR

In der Folgezeit betrieben die Erben E und F gegen die Klägerin die Zwangsvollstreckung aus dem Urteil des Landgerichts M. Im August 2007 erwirkten sie beim Amtsgericht Y einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss gegen die Rentenversicherung und pfändeten die Ansprüche der Klägerin aus der sofo...

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