Tatbestand

I.

Der Antragsteller ist Architekt. Anfang 1994 stellte das Finanzamt … fest, daß eine Firma … … in den Jahren 1990 bis 1991 für den Antragsteller Werkleistungen in erheblichem Umfang ausgeführt habe. Dabei habe die Fa. … Rechnungen mit offenem Umsatzsteuerausweis erteilt, jedoch zu keiner Zeit Umsatzsteuern angemeldet und abgeführt. Das Finanzamt vertrat die Auffassung, der Antragsteller sei verpflichtet gewesen, das Abzugsverfahren gem. § 18 Abs. 3 Umsatzsteuergesetz –UStG– i.V. mit §§ 51 bis 56 Umsatzsteuerdurchführungsverordnung –UStDV– durchzuführen. Da der Antragsteller den Abzug jedoch nicht durchgeführt und die Steuer nicht an das Finanzamt abgeführt habe, hafte er für die Steuerbeträge nach § 55 UStDV.

Der Antragsgegner folgte dieser Auffassung und erließ gegen den Antragsteller unter dem … einem Haftungsbescheid über … DM (1990) und … DM (1991).

Dagegen legte der Antragsteller am … Einspruch ein, mit dem er im wesentlichen geltend machte, daß Vorsteuerbeträge aus den erteilten Rechnungen nicht geltend gemacht worden seien. Die Werkleistungen seien im privaten Bereich erbracht worden, so daß eine Verpflichtung zur Einbehaltung und Abführung der Steuer nicht bestanden habe.

Mit Schreiben vom … teilte der Antragsgegner dem Antragsteller mit, daß er den Einspruch für unbegründet halte. In dem Schreiben heißt es:

„Die Vorschrift des § 51 UStDV knüpft nur an die Unternehmereigenschaft des Leistungsempfängers. Unerheblich ist, ob der inländische Leistungsempfänger umsatzsteuerfreie oder umsatzsteuerpflichtige Umsätze ausführt. Ohne Bedeutung ist auch, ob die in Anspruch genommene Leistung des ausländischen Unternehmers zum Vorsteuerabzug geführt hat oder nicht.

Als Vermieter führte Ihr Mandant Herr … Umsätze im Sinne von § 1 Abs. 1 UStG aus. Auch die Ausübung dieser Tätigkeit allein (unabhängig von der Architektentätigkeit) stellt eine nachhaltige Tätigkeit im Sinne von § 2 Abs. 1 UStG dar.”

Ferner bat der Antragsgegner um Mitteilung, ob der Einspruch aufrechterhalten werden solle.

Unter dem … übersandte der seinerzeitige Bevollmächtigte des Antragstellers unter Bezugnahme auf das Schreiben des Antragstellers vom … folgendes Schreiben:

„[…] nach erneuter Prüfung teilen wir Ihnen mit, daß wir den eingelegten Rechtsbehelf zurücknehmen”.

Mit am … beim Antragsgegner eingegangenem Schreiben widerrief der nunmehrige Bevollmächtigte des Klägers die Rücknahmeerklärung und beantragte alternativ die Aufhebung des Haftungsbescheids. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Antragsgegner sei zu Unrecht davon ausgegangen, daß es sich bei der Fa. … um einen ausländischen Unternehmer gehandelt habe. Herr … habe vielmehr seinen Wohnsitz im Inland innegehabt. Da der Antragsgegner stets von einer Auslandsansässigkeit der Fa. … ausgegangen sei, habe er den Antragsteller über eine wesentliche Voraussetzung des Abzugsverfahrens getäuscht. Diese Irreführung rechtfertige den Widerruf der Rücknahmeerklärung. Zugleich beantragte der Antragsteller die Aussetzung der Vollziehung des Haftungsbescheids.

Daraufhin nahm der Antragsgegner das Einspruchsverfahren wieder auf, teilte jedoch mit, daß er die Rücknahmeerklärung nach wie vor als wirksam ansehe. Zugleich lehnte er die Aussetzung der Vollziehung ab.

Mit am … eingegangenem Schriftsatz begehrt der Antragsteller die Aussetzung der Vollziehung durch das Gericht. Er beruft sich auf sein Vorbringen im Einspruchsverfahren und macht geltend, der Antragsgegner habe ihn in irreführender Weise zur Rücknahme des Einspruchs veranlaßt.

Der Antragsteller beantragt,

die Vollziehung des Haftungsbescheids vom … auszusetzen.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Er hält den Antrag für unstatthaft, da der Haftungsbescheid durch die Einspruchsrücknahme unanfechtbar geworden sei und die Aussetzung eines bestandskräftigen Bescheids nicht in Betracht komme.

 

Entscheidungsgründe

II.

Der Antrag hat keinen Erfolg.

Gemäß §. 69 Abs. 3 Satz 1 i.V. mit Abs. 2 Satz 2 Finanzgerichtsordnung –FGO– kann das Gericht die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsaktes aussetzen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes bestehen. Diese Voraussetzungen sind im Streitfall nicht erfüllt.

Nach dem insoweit eindeutigen Gesetzeswortlaut des § 69 FGO kommt eine Aussetzung der Vollziehung nämlich nur in Betracht, wenn der Verwaltungsakt, dessen Vollziehung ausgesetzt werden soll, angefochten ist. Die Aussetzung der Vollziehung eines nicht angefochtenen Verwaltungsakts kann nicht begehrt werden (allg. Auffassung: vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs –BFH– vom 11. Februar 1987 II R 176/84, Bundessteuerblatt Teil II – BStBl. II 1987 S. 320; Beschluß vom 8. Juni 1988 II S 5/88, BFH/NV 1989 S. 642; Koch in Gräber, Finanzgerichtsordnung, § 69 Tz. 23).

Besteht Streit über die Wirksamkeit einer Einspruchsrücknahme ist zwar das Einspruchsverfahren fortzusetzen (Tipke/Kruse, Kommentar zur Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung, § 362 AO Tz. 6), so daß das Tatbestandsmerkmal eines „angefochtenen” V...

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