rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Körperschaftsteuerliche und gewerbesteuerliche Organschaft. steuerrechtliche Anerkennung eines Gewinnabführungsvertrags ohne Hinweis auf den erst hinzugefügten Abs. 4 des § 302 AktG. Umsatzsteuerliche Organschaft auch bei in Folge bereits entrichteter Umsatzsteuer fehlender steuerlicher Auswirkung. Verfahren der Aussetzung der Vollziehung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Enthält der im Jahr 2006 beschlossene Gewinnabführungsvertrag nur die Pflicht zur Verlustübernahme entsprechend den Vorschriften des § 302 Abs. 1 und 3 AktG, steht der fehlende Hinweis auf den mit dem Gesetz zur Anpassung von Verjährungsvorschriften an das Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts mit Wirkung zum 15.12.2004 eingeführten § 302 Abs. 4 AktG der steuerlichen Anerkennung des Organschaftsverhältnisses nicht entgegen (entgegen dem nach einer Übergangsregelung für Neuverträge ab 1.1.2006 eine Bezugnahme auch auf § 302 Abs. 4 AktG fordernden BMF-Schreiben v. 16.12.2005, BStBl I 2006, 12; hier: summarisch Prüfung im Verfahren der Aussetzung der Vollziehung).

2. Hat die Organgesellschaft die Umsatzsteuer im Voranmeldungsverfahren bereits entrichtet, sind die rechtlichen Konsequenzen einer umsatzsteuerlichen Organschaft vollumfänglich auch dann zu ziehen, wenn sich das Umsatzsteueraufkommen im Ergebnis nicht ändert.

 

Normenkette

KStG 2002 § 17 S. 2 Nr. 2, § 14 Abs. 1 S. 1; GewStG § 2 Abs. 2 S. 2; AktG § 302 Abs. 4; UStG § 2 Abs. 2 Nr. 2; BGB §§ 195, § 199 ff.; Gesetz zur Anpassung von Verjährungsvorschriften an das Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts; FGO § 69 Abs. 2 S. 2, Abs. 3 S. 1

 

Tenor

Die Vollziehung folgender Bescheide vom 04. August 2009 wird ab dem Fälligkeitszeitpunkt ausgesetzt:

  • Bescheid für 2006 über Körperschaftsteuer,
  • Bescheid für 2006 über den Gewerbesteuermessbetrag,
  • Bescheid für 2007 über den Gewerbesteuermessbetrag,
  • Bescheid für 2007 über Umsatzsteuer.

Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.

Die Kosten des Verfahrens haben die Antragstellerin und der Antragsgegner je zur Hälfte zu tragen.

Die Beschwerde wird zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Mit notariell beurkundeter Erklärung vom 30. Oktober 2006 gründete die in R. ansässige B.GmbH die Antragstellerin. Auf die in den Akten des Antragsgegners befindliche Kopie der Urkunde des Notars R. mit Sitz in E. (Nr. … der Urkundenrolle für 2006) wird wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen. Am selben Tag schlossen die B.GmbH und die Antragstellerin einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag. Unter anderem wurde in § 3 des Vertrages vereinbart, dass die B.GmbH entsprechend den Vorschriften des § 302 Abs. 1 und 3 des Aktiengesetzes (AktG) verpflichtet sei, jeden während der Vertragsdauer sonst entstehenden Jahresfehlbetrag auszugleichen, soweit dieser nicht dadurch ausgeglichen wird, dass den anderen Gewinnrücklagen Beträge entnommen werden, die während der Vertragsdauer eingestellt worden sind. Wegen der weiteren Einzelheiten zu den vertraglichen Vereinbarungen wird die Kopie der Vertragsurkunde (Urkunde Nr. … der Urkundenrolle für 2006 des Notars R. mit Sitz in E.), die sich in den vom Antragsgegner vorgelegten Akten befindet, verwiesen. Sowohl die Gesellschafterversammlung der Antragstellerin wie auch die der B.GmbH stimmten dem Vertrag jeweils mit Beschluss vom 30. Oktober 2006 zu. Die Eintragung ins Handelsregister erfolgte am 22. November 2006.

Zum einzelvertretungsberechtigten Geschäftsführer, der die Befugnis hatte, im Namen der Gesellschaft mit sich im eigenen Namen oder als Vertreter eines Dritten Rechtsgeschäfte abzuschließen, wurde Dr. P. bestellt. Weitere Geschäftsführer wurden bis zur Auflösung der Gesellschaft im Jahr 2009 nicht bestellt.

Nach dem Inhalt der vom Antragsgegner vorgelegten Vertragsakte hatte der Notar dem Antragsgegner am 8. November 2006 (Eingang beim Antragsgegner) Abschriften der Gründungsurkunde, des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages und des zustimmenden Gesellschafterbeschlusses (Nummern … bis … seiner Urkundenrolle für 2006), alle vom 30. Oktober 2006, übersandt.

Im Jahr 2009 fand bei der Antragstellerin eine Betriebsprüfung statt. Die Prüfung wurde durch das vom Antragsgegner beauftragte Finanzamt B. durchgeführt (Prüfungsauftrag vom 27. Januar 2009). Hierbei gelangte der Prüfer zu der Auffassung, dass sowohl die körperschaftsteuerliche wie auch die gewerbesteuerliche Organschaft nicht anerkannt werden könnten. Gemäß § 17 Satz 2 Nr. 2 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) müsse im Gewinnabführungsvertrag unter anderem ausdrücklich die Verlustübernahme entsprechend § 302 AktG vereinbart seien. Im vorliegenden Gewinnabführungsvertrag sei die Verlustübernahme in § 3 Nr. 1 des Vertrages unter Verweis auf die Vorschrift des § 302 Abs. 1 und 3 des AktG vereinbart worden. Im Jahr 2004 sei § 302 AktG aber durch einen neuen Absatz 4 ergänzt worden. In einem steuerlich anzuerkennenden Gewinnabführungsvertrag müsse auch hierauf hingewiesen werden. Im BMF-Schreiben vom 16. Dezember 2005 (BStBl. I 2006, 12) sei ...

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