rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Verzicht auf Urlaubstage im Zusammenhang mit der Freistellung zur Teilnahme an einem Fortbildungsstudium führt nicht zu Werbungskosten

 

Leitsatz (redaktionell)

Werden Arbeitnehmer für ein Fortbildungsstudium vom Arbeitgeber freigestellt gegen Zahlung von jährlich 4700 DM oder Anrechnung der Freistellung auf den jährlichen Urlaubsanspruch mit 12 Urlaubstagen, und entscheidet sich ein Arbeitnehmer für den Verzicht auf Urlaub, stellt dieser --arbeitsrechtlich unwirksame, steuerrechtlich aber zu beachtende Verzicht keine zu Werbungskosten führende Ausgabe in Geldeswert dar. Die unterschiedliche steuerrechtliche Behandlung der Arbeitnehmer, die den Betrag von 4700 DM zahlen und der Arbeitnehmer, die sich für den Urlaubsverzicht entscheiden, verletzt nicht den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG.

 

Normenkette

EStG § 9 Abs. 1 S. 1; GG Art. 3 Abs. 1; AO 1977 § 41; BGB § 134

 

Gründe

Der Kläger, der im Streitjahr Angestellter der X.…-kasse (X..) war und Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit erzielte, begehrt mit seiner Klage die Anerkennung von Werbungskosten für eine berufliche Fortbildung.

Der Kläger nahm im Streitjahr an einem Fortbildungsstudium zum Krankenkassenbetriebswirt des Bundesverbands der Betriebskrankenkassen (BKK) teil. Der Vorstand der X.. schloss mit dem Hauptpersonalrat der X.. eine Dienstvereinbarung über die Freistellung und Kostenbeteiligung der Studienteilnehmer. Danach stellte die X.. die Teilnehmer des Fortbildungsstudiums von der Arbeitsleistung frei. Diese Freistellung sollte jedoch auf den jährlichen Urlaubsanspruch mit 12 Urlaubstagen zu Lasten der Teilnehmer angerechnet werden; alternativ konnten sich die Teilnehmer mit einem Beitrag von DM 4.700,– an den jährlichen Fortbildungskosten beteiligen. Auf die weiteren Einzelheiten der Dienstvereinbarung nimmt der Senat Bezug.

Der Kläger entschloss sich zu einer Anrechnung von 12 Urlaubstagen jährlich und machte in seiner Einkommensteuererklärung Aufwendungen für Weiterbildung in Höhe von DM 4.700,– geltend. Hierzu erklärte er, dass der Verzicht auf 12 Urlaubstage nach der Einschätzung seines Arbeitgebers, der X.., einem Gegenwert von DM 4.700,– entspreche.

Im Einkommensteuerbescheid vom 24. Juni 1998 lehnte der Beklagte die Anerkennung der geltend gemachten Fortbildungskosten mit der Begründung ab, der Kläger habe tatsächlich keinen Betrag von DM 4.700,– aufgewendet.

Daraufhin stellte der Kläger am 06. Juli 1998 einen Antrag auf schlichte Änderung. Er begründete diesen damit, dass bei Zahlung von DM 4.700,– unzweifelhaft Werbungskosten anzunehmen seien und er durch seine Wahl, auf Urlaub zu verzichten, nicht schlechter gestellt werden dürfe. Mit Bescheid vom 14. September 1998 lehnte der Beklagte die Änderung des Einkommensteuerbescheids ab und führte aus, dass die Verwendung von Urlaubszeit für den Beruf nicht als abziehbarer Aufwand zu werten sei.

Im folgenden Einspruchsverfahren wiederholte und vertiefte der Kläger seine Rechtsauffassung. Der Beklagte wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 16. August 1999 als unbegründet zurück und wiederholte seine bereits im Ablehnungsbescheid vom 14. September 1998 vertretene Rechtsausführung.

Mit seiner Klage macht der Kläger geltend, dass er durch seinen Verzicht auf die Urlaubstage zugleich auf die Auszahlung seines Gehalts für diese Urlaubstage verzichte; diese Vergütung hätte er ohne den Verzicht auf die Urlaubstage vereinnahmt und als Kostenanteil an seine Arbeitgeberin leisten können. Der Sache nach handle es sich damit um einen abgekürzten Zahlungsweg.

Der Kläger beantragt,

  • den Einkommensteuerbescheid für 1997 vom 14. September 1998 und die Einspruchsentscheidung vom 16. August 1999 dahingehend zu ändern, dass die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit um weitere Werbungskosten in Höhe von DM 4.700,– gemindert werden sowie
  • die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Nach Auffassung des Beklagten hat der Kläger nicht auf den Urlaub und das damit verbundene Gehalt verzichtet, sondern vielmehr seinen Urlaub für die Teilnahme an der Fortbildungsveranstaltung verwendet. Im Übrigen wiederholt und vertieft der Beklagte sein Vorbringen aus dem Vorverfahren.

Die zulässige Klage ist unbegründet. Die Ablehnung des Beklagten, den Einkommensteuerbescheid zu ändern, ist nicht rechtswidrig (§ 101 Finanzgerichtsordnung – FGO –).

Nach § 172 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a Abgabenordnung 1977 – AO 1977 – darf ein Steuerbescheid, der nicht vorläufig oder unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangen ist, zugunsten des Steuerpflichtigen nur aufgehoben oder geändert werden, soweit einem Antrag des Steuerpflichtigen der Sache nach entsprochen wird und der Antrag vor Ablauf der Einspruchsfrist gestellt worden ist. Weiteres – jedoch ungeschriebenes – Tatbeststandsmerkmal der Korrekturvorschrift des § 172 AO 1977 ist die Rechtswidrigkeit des Bescheids (vgl. Tipke/Kruse, Abgabenordnung, § 172 Rz. 3)...

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